Das gelungene, aber ungünstige Porträt (225 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 26.10.2024 um 00:03 Uhr (Zitieren)
(Konsul Julianos von Ägypten; Anthologia Graeca VII 565)
Re: Das gelungene, aber ungünstige Porträt
filix schrieb am 26.10.2024 um 12:08 Uhr (Zitieren)
Ein ungünstiges Porträt ist für den Dargestellten wenig schmeichelhaft, rückt die unvorteilhaften Seiten in den Vordergrund usf. - hier geht es aber doch darum, dass der Maler die Verstorbene so lebensecht getroffen hat, dass sich die Trauer bei der Betrachtung ihres Bildes vertieft.
Re: Das gelungene, aber ungünstige Porträt
Johannes schrieb am 26.10.2024 um 13:59 Uhr (Zitieren)
Es geht um Personen.
Sie wurden wohl dem Metrum geopfert
bzw. mussten geopfert werden.
Ich verstehe es so:
Es ist ein Lob auf den speziellen Malertyp,
der die Frau unvergesslich macht für Angehörige
und Freunde.
Re: Das gelungene, aber ungünstige Porträt
Γραικύλος schrieb am 26.10.2024 um 14:59 Uhr (Zitieren)
Ich gebe zu bedenken, daß in diesem Spezialfall die Porträtierte tot ist, weshalb die ungünstige Wirkung nur noch in dem Effekt auf die Angehörigen bestehen kann - und das tut sie ja.
Re: Das gelungene, aber ungünstige Porträt
filix schrieb am 26.10.2024 um 15:12 Uhr (Zitieren)
Der Ausdruck ungünstiges Porträt wird aber im Deutschen nun einmal so gut wie ausschließlich in Bezug auf den Porträtierten gebraucht. Man denkt beim Threadtitel also etwa an Innozenz X., der sein von Velázquez gemaltes Bildnis mit troppo vero kommentiert haben soll. Davon abgesehen muss der Porträtierte für die Einschätzung, er sei ungünstig dargestellt, keineswegs mehr am Leben sein, das kann auch die betrachtende Nachwelt konstatieren.
Danke. Seltsame Form.
Kann man sie herleiten? Wo kommt das BETA her?
Re: Das gelungene, aber ungünstige Porträt
Γραικύλος schrieb am 27.10.2024 um 16:41 Uhr (Zitieren)
Das etymologische Wörterbuch von Frisk gibt schon für ἁμαρτάνω an, daß die Herleitung unklar sei. ἀμβροτεῖν erwähnt er gar nicht.
Re: Das gelungene, aber ungünstige Porträt
Bukolos schrieb am 28.10.2024 um 12:58 Uhr (Zitieren)
Der Einschub des β zwischen μ und Liquid ρ im Inlaut folgt derselben Lautgesetzlichkeit, die z. B. bei ἄ-μβροτος (< * n̥-mr̥tó-) oder bei ἀνδρός (vs. ἀνήρ) wirksam wird. Vgl. Rix, Historische Grammatik des Griechischen, Darmstadt ²1992, § 78. Die hier äol. Form, die einen solchen Einschub wegen des Kontakts zwischen μ und ρ realisiert hat, ist offenbar als Schwundstufe der Wortwurzel anzusehen.
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Ausgehend vom Text erscheint mir eigentlich nur filix' Deutung nachvollziehbar. Die Annahme, das Epigramm spreche über ein ungünstiges, für die Dargestellte wenig schmeichelhaftes Porträt, lässt sich, denke ich, nur aus dem Begriff "Leid" in Beckbys freier Übersetzung ableiten, indem man darunter das Leid, das aus der Verletzung ästhetischen Empfindens resultiert, versteht. Bei der Entsprechung im Text funktioniert das nicht: Die Semantik von ὀδύρεσθαι ist an die Emotion der Trauer gebunden.
Der Wunsch nach Vergessen beruht also eher darauf, dass Erinnerung an die teure Tote bzw. ihre Vergegenwärtigung im Porträt den Schmerz über ihr Fehlen verlängert.
Darüberhinaus würden wir ein skoptisches Epigramm auch eher (wenn auch nicht ausschließlich) im 11. Buch der Anth. Graeca erwarten.
Re: Das gelungene, aber ungünstige Porträt
Bukolos schrieb am 28.10.2024 um 12:59 Uhr (Zitieren)
Die hier äol. Form -> Die hier vorliegende äol. Form
Re: Das gelungene, aber ungünstige Porträt
Patroklos schrieb am 28.10.2024 um 14:16 Uhr (Zitieren)
Nur so nebenbei: Im Namen Möbius ist das „b“ ein Fugenlaut. Der Ursprungsname ist Bartholomäus. Die kürzeste Variante ist Bart (Simpson).