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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Das Schicksal einer jungen Frau aus dem Neolithikum (188 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 30.12.2024 um 00:29 Uhr (Zitieren)
Nur selten können Archäologen so tiefe Einblicke in die unmenschlichen Abgründe der Gewalt in der Vergangenheit gewinnen wie in Salzmünde – der letzten Bastion gegen den Ansturm der Trichterbecherleute aus dem Norden. Dort gruben Archäologen des Landesamtes für Archäologie Sachsen-Anhalt eines der Bollwerke gegen die Invasoren aus dem Norden aus, zumindest die noch nicht vom Kiesabbau zerstörten Reste. Es handelte sich um eine Doppelgrabanlage, die 40 Hektar umfasste und über dem Zusammenfluss von Salza und Saale lag. Auf dem Areal befanden sich sonderbare Gräber. Unter Schichten von Scherben und Brandschutt von Häusern lagen Tote, die massive Gewalt erlitten hatten. Selbst einem Kleinkind von nicht einmal zwei Jahren war der Schädel eingeschlagen worden.

Werfen wir einen Blick auf Befund 15814: In dem Grab lag eine Frau, circa 1,47 Meter groß, keine 25 Jahre alt, die Knie angezogen. Über ihr waren 19 Kilogramm Keramikscherben aufgetürmt. Ein Brustwirbel zeigte einen verheilten Ermüdungsbruch, der belegt, dass sie von Jugend an schwerste Arbeit verrichten musste. Sie ist wiederholt misshandelt worden. Ihr Schädel weist mehrere stumpfe Verletzungen auf, Schläge eines Knüppels oder einer Keule. Auch diese verheilt. Wenige Wochen vor ihrem Tod schlug ihr jemand brutal ins Gesicht, der Unterkiefer war mehrfach gebrochen. „Die Frau starb, als der Kieferbruch gerade begonnen hatte zu verheilen“, konstatieren die Anthropologen Kurt W. Alt und Marcus Stecher. „Die eigentliche Todesursache waren dann mehrere Hiebe mit einem Beil durch die Schädeldecke, die das Gehirn so massiv schädigten, dass der Tod unmittelbar eingetreten sein dürfte.“ Als ob das alles nicht schon schrecklich genug wäre, wiesen die Knochen Bissspuren an Brustkorb, Unterarm, Becken und Beinen auf. Die rechte Hand fehlte ganz. Hatte man die Tote den Hunden vorgeworfen oder ihren Leichnam unbestattet liegen gelassen? War sie ihr Leben lang eine Sklavin gewesen? Eine Kriegsgefangene? Wer ist für ihren Tod verantwortlich? Und wer hat sie begraben?

(Harald Meller / Kai Michel / Carel van Schaik: Die Evolution der Gewalt. Warum wir Frieden wollen, aber Kriege führen. Eine Menschheitsgeschichte. München 2024, S. 226 f.)
Re: Das Schicksal einer jungen Frau aus dem Neolithikum
βροχή schrieb am 30.12.2024 um 08:16 Uhr (Zitieren)
Die arme Frau hat schwer gelitten.
Deine Fragen kann man kaum beantworten.
Der Beschreibung nach könnte der Täter diesmal ein Psychopath gewesen sein. Oder ein anderweitig Wahnsinniger, oder ein Konsument von Substanzen. Mit Sicherheit ein hochgradig bösartiger.
Viell. steckte irgendein Aberglaube dahinter. In Afrika gibt es das heute noch. Wer als Hexe verdächtigt wird, der könnte ähnliches passieren.
Re: Das Schicksal einer jungen Frau aus dem Neolithikum
Γραικύλος schrieb am 30.12.2024 um 14:56 Uhr (Zitieren)
Entsetzlich, das war mein erster Eindruck ... und ist es auch jetzt noch.
Über die näheren Lebensumstände dieser Frau kann man nur spekulieren. Wobei ich eines als ziemlich sicher ansehe: Es waren Männer, die ihr das angetan haben.

Daß sie "nur" eine Hexe war, dagegen spricht m.E. "Ermüdungsbruch, der belegt, dass sie von Jugend an schwerste Arbeit verrichten musste".
Re: Das Schicksal einer jungen Frau aus dem Neolithikum
βροχή schrieb am 30.12.2024 um 15:04 Uhr (Zitieren)
Ermüdungsbruch kann bei einfacher Überlastung auftreten, heutzutage im Fittnessstudio ohne Einwirkung von anderen. Geht schneller als man meint.

Viell. war sie ein ungeliebtes Stiefkind.
Die böse Stiefmutter könnte real auch in der Version Stiefvater vorkommen. Mehr Kinder als Nahrung, Kleidung usw. geht für einige dieser Kinder böse aus. Die wurden misshandelt, verkauft. Denke nur mal an die Kaminkeherbuben in London.
Re: Das Schicksal einer jungen Frau aus dem Neolithikum
βροχή schrieb am 30.12.2024 um 15:44 Uhr (Zitieren)
Die erste Doku sah ich im TV.
Die Forschung erweiterte das Fenster zur Steinzeit ein bisschen, und siehe da, ein völlig annderes Bild als zuvor lässt sich zeichnen.

Auch die andere Doku ist interessant :)
Re: Das Schicksal einer jungen Frau aus dem Neolithikum
Γραικύλος schrieb am 30.12.2024 um 15:48 Uhr (Zitieren)
Ermüdungsbrüche benötigen keine Gewaltanwendung, klar. Aber ich kenne sie nur von längerandauernder Belastung, etwa bei Leistungssportlern. Dafür spricht auch der Name dieser Fraktur.
Daher bin ich mit Meller & Co. der Meinung, daß diese Frau - von einem Fitneßstudio oder Leistungssport wollen wir nicht ausgehen - einem anhaltenden, harten Arbeitseinsatz ausgeliefert war. Dazu passend die anderen Brüche, die auf Gewalteinwirkung zurückzuführen sind.
 
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