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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Gedanke und Tat (159 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 07.05.2025 um 22:55 Uhr (Zitieren)
Πᾶς λόγος ἐστὶ μάταιος ὁ μὴ τετελεσμένος ἔργῳ.
καὶ πᾶσα πρᾶξις τὸν λόγον ἔργον ἔχει.

Jeder Gedanke ist eitel, sofern er in Taten nicht endet;
jedes Tun aber ist eines Gedankens Vollzug.

[anonym; Anthologia Graeca X 109]
Re: Gedanke und Tat
Aurora schrieb am 08.05.2025 um 09:16 Uhr (Zitieren)
Jeder Gedanke ist eitel, sofern er in Taten nicht endet;



Gegenargumente
Intrinsischer Wert des Denkens: Gedanken können selbst ohne Umsetzung wertvoll sein – sie erweitern unser Verständnis, schärfen unseren Geist und bereichern unser Bewusstsein.
Gedanken als Grundlage für zukünftige Handlungen: Manche Ideen brauchen Reifungszeit und dienen als Saat für spätere Handlungen, auch wenn sie zunächst nicht umgesetzt werden.
Nicht alles kann oder sollte umgesetzt werden: Manche Gedankenexperimente sind als rein theoretische Übungen wertvoll, ohne dass sie praktisch realisiert werden müssten.
Kontemplation als Selbstzweck: Philosophische Betrachtung kann Erfüllung und Einsicht bringen, auch ohne konkretes Handeln.
Unvollkommene Umsetzbarkeit: Die physische Welt begrenzt oft die Umsetzung idealistischer Gedanken, macht sie aber nicht wertlos.

Beispiele
Einstein's Gedankenexperimente: Seine berühmten Gedankenexperimente zur Relativitätstheorie konnten damals nicht experimentell überprüft werden, waren aber wissenschaftlich revolutionär.
Ethische Reflexion: Das Nachdenken über moralische Dilemmata bildet Charakter und moralisches Urteilsvermögen, auch wenn manche Szenarien hypothetisch bleiben.
Literarische Werke: Kafka vollendete viele seiner Werke nie und wollte sie nach seinem Tod verbrennen lassen. Trotzdem haben diese "unvollendeten Gedanken" die Weltliteratur geprägt.
Wissenschaftliche Theorien: Viele bahnbrechende Theorien wurden erst Jahre oder Jahrzehnte nach ihrer Formulierung praktisch bestätigt oder angewendet.
Meditation und Achtsamkeit: Diese Praktiken konzentrieren sich auf das Denken selbst und dessen transformative Kraft für das innere Erleben, nicht auf externe Handlungen.

Gegenargumente dagegen?
Re: Gedanke und Tat
βροχή schrieb am 08.05.2025 um 09:38 Uhr (Zitieren)
Was versteht man unter eitel? Selbstgefällig?

Es gibt doch mit Sicherheit nichtumgesetzte Gedanken, die nicht selbstgefällig sind. Achso, in dem Fall wäre die Nichtumsetzung selbstgefällig?

Wozu sämtliche nichtumgesetzte Gedanken und/oder deren Nchtumsetzung zur Selbstgefälligkeit deklarieren? Warum überhaupt nichtumgesetzte Gedanken verurteilen?

Re: Gedanke und Tat
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 08.05.2025 um 14:06 Uhr (Zitieren)
eitel bedeutet hier: nichtig, zweck-/sinnlos.
Re: Gedanke und Tat
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 08.05.2025 um 14:40 Uhr (Zitieren)
Vgl. https://www.dwds.de/wb/eitel 3. und Etymologie
Re: Gedanke und Tat
Patroklos schrieb am 08.05.2025 um 14:43 Uhr (Zitieren)
Siehe gestern, Aurora und ihr Hinweis auf Kohelet.
Re: Gedanke und Tat
βροχή schrieb am 08.05.2025 um 15:15 Uhr (Zitieren)
... nichtig und sinnlos. Auf manche nichtumgesetzte Gedanken trifft das zu, nicht auf alle.


Übrigens, es gibt doch jene Messungen im zuge der Hirnforschung, durch welche entdeckt wurde, dass eine körperliche Bewegung bereits vor dem Gedanken startet. Diese Bewegungen sind keine Resultate von Gedanken.


Re: Gedanke und Tat
Patroklos schrieb am 08.05.2025 um 16:06 Uhr (Zitieren)
Allein schon „gehen“ impliziert ideal diesen Vorgang der „Gedankenlosigkeit“.
Re: Gedanke und Tat
Γραικύλος schrieb am 08.05.2025 um 16:39 Uhr (Zitieren)
Übrigens, es gibt doch jene Messungen im zuge der Hirnforschung, durch welche entdeckt wurde, dass eine körperliche Bewegung bereits vor dem Gedanken startet.

Die Experimente von Benjamin Libet et al.
Re: Gedanke und Tat
Udo schrieb am 08.05.2025 um 17:36 Uhr (Zitieren)
Libet selbst war ein Verfechter des freien Willens, dem er jedoch nur eine Vetofunktion zubilligte. Darunter verstand er die Möglichkeit, aufgrund moralischer Erwägungen unbewusst aufkommende Handlungsimpulse zu unterdrücken. Er plädierte zudem für den Indeterminismus, den er als Voraussetzung des freien Willens betrachtete.

Einzelne Stimmen meinen, dass Libets Experimente den freien Willen als Illusion entlarvten und Libet es nur nicht wage, die volle Konsequenz seiner Ergebnisse zu akzeptieren. Viele Philosophen weisen dagegen darauf hin, dass Libets Versuche weder zur Erforschung der Willensfreiheit konzipiert wurden, noch methodisch dazu geeignet sind. Sein Experiment wurde nur an sechs Studenten durchgeführt. Libet selbst gestand ein, dass seine Position zur Willensfreiheit von persönlicher Überzeugung geprägt ist und über das hinausgeht, was sich wissenschaftlich durch seine Ergebnisse begründen lässt.

Die experimentellen Ergebnisse sind von anderen Forschern teilweise bestätigt worden.



https://de.wikipedia.org/wiki/Benjamin_Libet#Werk_und_Rezeption
Re: Gedanke und Tat
Γραικύλος schrieb am 08.05.2025 um 18:13 Uhr (Zitieren)
Die dazu passende philosophische Position nennt sich Epiphänomenalismus: Das Bewußtsein ist ein Entscheidungen begleitendes, aber sie nicht verursachendes Phänomen.

Die in den Experimenten gemessene zeitliche Differenz zwischen der Einleitung der die Muskelaktion auslösenden Hirnströme und dem Moment der Handlungsentscheidung beträgt 0,3 bis 0,5 Sekunden.

Die Frage ist: Wenn (falls) das Bewußtsein keine eigentliche Funktion hat, warum hat es sich dann evolutionär so ausgebreitet?
Re: Gedanke und Tat
βροχή schrieb am 08.05.2025 um 20:59 Uhr (Zitieren)
wie wäre es, wenn das Bewusstsein zwar vor der Aktion entscheidet, aber nicht per Hirnstrom messbar ist? Es existiert auf (noch?) nicht messbare weise?
Es ist unlogisch, dass der Entschluss nach der Aktion gefasst wird.

Re: Gedanke und Tat
Γραικύλος schrieb am 08.05.2025 um 23:17 Uhr (Zitieren)
Die Entscheidung des Bewußtseins ist nicht per Hirnstrom gemessen worden, sondern durch die Aussage der VPn: "Jetzt!"

Es klingt unlogisch, daß eine Entscheidung nach der Einleitung der Aktion gefaßt wird, d.h. das Gefühl zu entscheiden müßte auf einer Selbsttäuschung beruhen.

Ich habe hier kürzlich ein Romankapitel von Viktor Pelewin vorgestellt, das etwas Ähnliches thematisiert hat.
Re: Gedanke und Tat
Γραικύλος schrieb am 08.05.2025 um 23:32 Uhr (Zitieren)
Ist es möglich, daß in uns eine Instanz entscheidet und das Bewußtsein bzw. Gefühl, die Entscheidung zu treffen, lediglich ein Echo oder Epiphänomen dieses Vorgangs ist?
Re: Gedanke und Tat
Aurora schrieb am 09.05.2025 um 07:12 Uhr (Zitieren)
st es möglich, daß in uns eine Instanz entscheidet

Was für eine Instanz soll das sein?
Wo sitzt sie, wer lenkt sie?
Woher kommt sie, wie entsteht sie im Gehirn?
Re: Gedanke und Tat
βροχή schrieb am 09.05.2025 um 07:44 Uhr (Zitieren)
... eine Instanz würde ch es nicht nennen, eher einen Reflex. Reflexe laufen automatisch ab.
Re: Gedanke und Tat
Γραικύλος schrieb am 09.05.2025 um 10:05 Uhr (Zitieren)
Es gibt ja sogar eine bewußtlose Intelligenz: KI. Sie reagiert und entscheidet, obwohl - nach allem, was wir wissen - Bewußtsein dabei keine Rolle spielt.

Selbst in uns Menschen laufen die meisten Vorgänge unbewußt ab. Plötzlich meldet die Blase: Toilette nötig!
Jetzt braucht diese Instanz eine Information, wo sich eine Toilette befindet. Dabei kommt - jedenfalls bei uns - Bewußtsein vor. Aber welche Rolle spielt es dabei? Für die Entscheidung, auf die Toilette zu gehen, eine geringe, oder?
Re: Gedanke und Tat
Udo schrieb am 09.05.2025 um 10:08 Uhr (Zitieren)
Es gibt auch halbautomatische/bedingte Reflexe.

Atemreflex: Die Atmung läuft normalerweise automatisch ab,
kann aber willentlich beeinflusst werden
Lidschlussreflex: Das Blinzeln erfolgt automatisch,
kann aber bewusst kontrolliert werden
Schluckreflex: Beginnt unwillkürlich,
kann aber bewusst eingeleitet und teilweise gesteuert werden
Gleichgewichtsreaktionen: Laufen teilweise automatisch ab,
können aber durch Training beeinflusst werden.
Re: Gedanke und Tat
βροχή schrieb am 09.05.2025 um 12:06 Uhr (Zitieren)
... womit der 2. Teil des Epigramms hinfällig wäre.

Re: Gedanke und Tat
Γραικύλος schrieb am 09.05.2025 um 14:19 Uhr (Zitieren)
Das stimmt. Der Autor geht davon aus, daß Gedanken eine Wirkung haben.
 
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