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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Antike und moderne Heroen (557 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 15.09.2010 um 21:59 Uhr (Zitieren)
Unter den ersten Diadochen verdient aber noch eine besondere Betrachtung der Städtebelagerer Demetrios. Dieser wunderbar begabte Mensch repräsentiert einen im Altertum auch sonst (von Alkibiades bis Antonius) bekannten Typus in höchster Vollständigkeit: er ist nämlich heroisch und stellt zugleich als Schauspieler Heroen vor; was ihn und seinesgleichen dabei von Modernen unterscheidet, ist, daß sie mit ihrer Betörungsgabe ganz unmittelbar auf die Phantasie wirken wollen und daneben selber ein Stück von Phantasten sind.

(Jacob Burckhardt: Griechische Kulturgeschichte. 4 Bände, München 1977; Band 4, S. 426)

Geschrieben 1898-1902; man merkt, er hat Kaiser Wilhelm II. gekannt!
Re: Antike und moderne Heroen
Γραικίσκος schrieb am 19.09.2010 um 16:05 Uhr (Zitieren)
Und Hitler hat er nicht gekannt, obwohl diese Aussage sicherlich auch auf ihn paßt, oder?
Re: Antike und moderne Heroen
ανδρέας schrieb am 19.09.2010 um 17:01 Uhr (Zitieren)

Phantast: Träumer, Mensch mit überspannten Ideen, Schwärmer ...

Müssen nicht alle, die von der Zustimmung vieler abhängen, auch ein wenig Phantasten sein, also die Phantasie anregen? Wenn sie positiv in Erinnerung bleiben, sind es "Visionäre", wenn nicht, werden sie verdammt. Wilhelm II wäre 1913 als äußerst beliebter Kaiser in Erinnerung geblieben. Hitler wäre nach dem "Anschluss" Österreichs und VOR dem Krieg und seinen Verbrechen (die bis dahin hätte man sicher verdrängt) bei sehr vielen einen phantastischen (- und natürlich völlig ungerechtfertigten-) Nachruhm geerntet, hätte ein Attentat ihn rechtzeitig hinweggerafft. Ohne das Talent, Medien und Propaganda zu benutzen, kommt doch keiner in öffentlichen Ämtern weit.
Re: Antike und moderne Heroen
Γραικίσκος schrieb am 19.09.2010 um 17:21 Uhr (Zitieren)
Oh, 1913 war Wilhelm II. bereits durchschaut. Denke z.B. an Ludwig Quiddes Pamphlet "Caligula".
Wenn der Kaiser wieder eine seiner berüchtigen Reden vom Stapel ließ, hatte die Regierung alle Hände voll zu tun, Schaden von Deutschland abzuwenden. 1913 war dies bereits, vor allem im Verhältnis zur Großbritannien, aussichtslos geworden. Die Erfolge von Bismarcks Außenpolitik waren verspielt - die Entente cordiale stand gegen Deutschland, und man hatte nur noch das marode Österreich-Ungarn als Bündnispartner.
Wie das 'einfache Volk' über Wilhelm II. dachte? Nun, die SPD war stärkste Partei im Reichstag geworden.
Außerdem schließt Burckhardts Analyse eine Popularität des Selbstdarstellers gar nicht einmal aus; er behauptet ja nur, in der Moderne sei ein gegenüber der Antike neuer Typus des Selbstdarstellers dominant geworden.

Hitler freilich wäre bei einem Tod anfangs 1939 tatsächlich anders in Erinnerung geblieben. Aber Wilhelm II. hatte sich 1913 bereits lächerlich gemacht.

Quiddes Pamphlet ist übrigens sehr der Lektüre zu empfehlen; es ist sehr raffiniert, denn er schreibt ausschließlich über Caligula - und doch wußte man in Deutschland, wen er eigentlich meinte.
Re: Antike und moderne Heroen
ανδρέας schrieb am 19.09.2010 um 18:12 Uhr (Zitieren)

Ja, 1913 ist vielleicht zu spät gegriffen, wenn man Willhelm II noch als populär einstufen will.

Moderne Helden sind m.E. meist Medienhelden - bis man sie demontiert. Wer sich in die Öffentlichkeit begibt kommt darin um.

Die Antike war keine ja Informationsgesellschaft. Damals sorgte man mit dem Schwert für Tatsachen und und solange man siegte, war man der Held. Dann folgte die Öffentlichkeitsarbeit (Statuen, Triumphbogen etc.). Heute ist die Selbstdarstellung doch oft schon selbst der Erfolg.
 
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