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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Confiteor (219 Aufrufe)
Patroklos schrieb am 07.06.2025 um 15:12 Uhr (Zitieren)
Ich muss es endlich gestehen: Ich habe lange Zeit gedacht, Pfingsten sei ein urdeutsches Wort. Diese Lautverschiebung, diese Endung! Doch es ist eine Variante des griechischen πεντηκοστὴ, der 50. Tag nach Ostern. So ja auch erkennbar in vielen Sprachen.
Manch einer wird sagen: eigentlich ist P. gar nicht so ignorant und dann dies! Namentlich darf ich zu meiner Entschuldigung ins Feld führen, dass zu meiner Zeit irgendein 50. Tag keine Bedeutung hatte, jedenfalls soweit in mich erinnere.
Re: Confiteor
Andreas schrieb am 07.06.2025 um 15:18 Uhr (Zitieren)
Offenbar wird der Ostersonntag mitgezählt, sonst wären es nur 49 Tage nach meiner Rechnung.

Ausgangspunkt: Griechisch πεντηκοστή (pentekoste) = "der fünfzigste (Tag)"
1. Übernahme ins Lateinische:

Lateinisch: "pentecoste" (Akzent auf -o-)

2. Lautveränderungen im Germanischen:

p > pf: Hochdeutsche Lautverschiebung (p-Laut wird zu pf)
nt > nkt: Epenthese (Einschub eines k-Lauts)
e > i: Vokalwandel in unbetonter Silbe
-e: Schwund der Endsilbe

3. Zwischenstufen:

Althochdeutsch: "pfingeston" / "finkiston"
Mittelhochdeutsch: "pfingesten"

4. Neuhochdeutsch:

"Pfingsten" (mit Pluralendung, da ursprünglich mehrere Festtage)

Besonderheiten:

Die Lautverschiebung p > pf ist typisch für das Hochdeutsche
Das eingefügte -k- erleichtert die Aussprache der Konsonantengruppe
Der Plural erklärt sich aus den ursprünglich mehreren Pfingsttagen
Re: Confiteor
βροχή schrieb am 07.06.2025 um 17:59 Uhr (Zitieren)
Patro, am engl. Pentecost ist es noch erkennbar.

Pfingsten ist so ein schönes Beispiel für die einstige Einverleibungskraft unserer Sprache. Heutzutage wird nur noch nachgeplappert, wobei in einer Mischung aus Bequemlichkeit und Möchtegernmoderne engl. Wörter benutzt werden, und das in absurden erfundenen Bedeutungsversionen, welche Englischmuttersprachler erschaudern lassen.



Re: Confiteor
Bukolos schrieb am 07.06.2025 um 19:03 Uhr (Zitieren)
Zitat von Andreas am 7.6.25, 15:18nt > nkt: Epenthese (Einschub eines k-Lauts)

Zitat von Andreas am 7.6.25, 15:18Das eingefügte -k- erleichtert die Aussprache der Konsonantengruppe

Das fantasiert deine Quelle (KI?). Der Palatal in Pfingsten bildet ja den Fortsetzer des κ in πεντηκοστή.
Zitat von Andreas am 7.6.25, 15:18e > i: Vokalwandel in unbetonter Silbe

Auf welcher Silbe betonst du Pfingsten denn?
Re: Confiteor
Bukolos schrieb am 07.06.2025 um 19:15 Uhr (Zitieren)
Der Weg über das Lateinische wird von der Forschung ebenfalls für unwahrscheinlich erachtet:

... früh entlehnt aus gr. pentēkostḗ f. (unter weiterem Einfluss von l. pentēcostē f., das aber wegen der frühen Entlehnung vor der Lautverschiebung kaum die Quelle der Wörter in den germanischen Sprachen gewesen sein kann). [Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin/Boston ²⁵2011]
Re: Confiteor
Bukolos schrieb am 07.06.2025 um 19:30 Uhr (Zitieren)
Weiterhin ist schleierhaft, wo diese Formen belegt sind:
Zitat von Andreas am 7.6.25, 15:18Althochdeutsch: "pfingeston" / "finkiston"

Schützeichel (Althochdeutsches Wörterbuch, Berlin/Boston ⁷2012) führt lediglich fimfchusti und (als Glossenwort) pfingesten.
Re: Confiteor
Patroklos schrieb am 07.06.2025 um 19:44 Uhr (Zitieren)
Danke fürs Philologische!
Eingangs des Fadens war von der homerischen Bedeutungslosigkeit des 50. Tages die Rede.
Hat denn im jüdisch-christlichen Denken die 50 eine besondere Bedeutung, und welche? Das sollte achtungsvoll bis morgen zu klären sein.
Re: Confiteor
βροχή schrieb am 07.06.2025 um 21:11 Uhr (Zitieren)
7 x 7 und dann kommt schon die 50
Re: Confiteor
βροχή schrieb am 07.06.2025 um 21:21 Uhr (Zitieren)

Kabbala
50 Tore der Weisheit/des Verständnisses und 50 Tore der Unreinheit



50 Tage nach Pessach
Schawuot wird genau 50 Tage nach dem ersten Tag von Pessach gefeiert, dem Frühlingsfest, das den Auszug aus Ägypten feiert.

Re: Confiteor
Patroklos schrieb am 07.06.2025 um 21:51 Uhr (Zitieren)
Womöglich wird die morgige Ausgießung des hier wie gesagt achtungsvoll Ungenannten diese Frage klären. Wer sonst könnte es ursprünglich wissen?
Re: Confiteor
βροχή schrieb am 08.06.2025 um 08:57 Uhr (Zitieren)
... aktuell wird Starkregen ausgegossen, gigantische Mengen gewürzt mit bisschen Donner.

Patro, ob das die erhoffte Antwort ist?
Re: Confiteor
Patroklos schrieb am 08.06.2025 um 09:58 Uhr (Zitieren)
Abgesehen von trinitarischen Aspekten und Problemen kann man eine Tradition feststellen zwischen dem großen Wettergott und der Selbstausgießung des Erwähnten.
Dies wirklich nur unter uns, bitte.
(Der singuläre Goldregen bleibt noch früheren Zeiten vorbehalten.)
Frohe Pfingsten allerseits!
Re: Confiteor
Aurora schrieb am 08.06.2025 um 10:00 Uhr (Zitieren)
Moderne Theologie zum Pfingstfest - Zusammenfassung:
Historisch-kritische Sicht:

Apostelgeschichte 2 ist theologische Erzählung, nicht wörtlicher Geschichtsbericht
Lukas schrieb Jahrzehnte später mit theologischen Absichten

Soziologische Deutung:

Symbolisiert Übergang von jüdischer Sekte zu universaler Religion
Sprachenvielfalt = Öffnung für alle Völker und Kulturen

Psychologische Interpretation:

Intensive Gruppenerfahrungen können zu außergewöhnlichen spirituellen Zuständen führen
Religiöse Ekstase in Gemeinschaften ist anthropologisch bekannt

Liturgiewissenschaftlich:

Verbindung zum jüdischen Wochenfest (Schawuot)
Parallelisierung: Torahgabe am Sinai ↔ Geistgabe zu Pfingsten

Befreiungstheologie:

Pfingsten als Ermächtigung der Unterdrückten
Geist befähigt Menschen verschiedener Kulturen zur Verkündigung sozialer Gerechtigkeit

Fazit:
Moderne Theologen betonen weniger das Übernatürliche, mehr die transformative Kraft von Gemeinschaftserfahrungen und deren Bedeutung für die Entstehung des Christentums. Pfingsten wird als theologisches Symbol für Universalität und Inklusivität gedeutet.

Und immer noch wird Gläubigen historischer Unsinn und theologischer Unfug erzählt.
Und niemand regt sich darüber auf.

Zum Hl. Geist:
Was meint "Person" beim Heiligen Geist?
Das Problem:
Der Heilige Geist zeigt keine personalen Eigenschaften wie Vater und Sohn - er spricht nicht, erscheint nicht, hat keine Gestalt. Wie kann er dann "Person" sein?
Theologische Definition von "Person":
Nicht psychologisch gemeint:

Nicht = eigenständiges Bewusstsein, Charakter, Persönlichkeit
Nicht = individuelle Identität wie bei Menschen

Ontologisch-metaphysisch:

"Person" = Subsistenz/Hypostase (griechisch)
Eigenständige Seinsweise innerhalb der göttlichen Substanz
Relationaler Begriff: definiert durch Beziehung zu Vater und Sohn

Historische Entwicklung:
Ursprünglich (NT):

Heiliger Geist = unpersönliche Kraft Gottes
Ruach/Pneuma = Atem, Wind, Wirksamkeit

Dogmatische Entwicklung (4. Jh.):

Symmetrie-Zwang: Wenn Vater und Sohn Personen sind, muss es der Geist auch sein
Trinitätslehre: Drei gleichwertige "Personen" in einem Gott

Das Dilemma:
Biblisch: Geist wirkt unpersönlich (wie Wind, Feuer, Taube)
Dogmatisch: Muss "Person" sein für kohärente Trinitätslehre
Moderne Kritik:
Viele Theologen sehen hier eine künstliche Konstruktion - der Geist wurde zur "Person" erklärt, um das trinitarische System zu vervollständigen, obwohl er funktional unpersönlich bleibt.
Die "Personalität" des Geistes ist also eher theologische Theorie als erfahrbare Realität.

Das wirft mehr Fragen, als es klare Antworten gibt.
Re: Confiteor
Udo schrieb am 08.06.2025 um 16:03 Uhr (Zitieren)
Geist befähigt Menschen verschiedener Kulturen zur Verkündigung sozialer Gerechtigkeit

Und wo kommt dieser Geist her? Wie wird er
transmittiert?
Re: Confiteor
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 08.06.2025 um 16:41 Uhr (Zitieren)
Re 50. Tag;
Der Starttag wird mitgezählt, genau so wie bei „resurrexit tertia die“ (= Freitag, Samstag, Sonntags)
Re: Confiteor
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 08.06.2025 um 16:44 Uhr (Zitieren)
Und „der Geist weht, wo er will“, ist die Antwort auf eine ähnliche Frage des Nikodemus …
Also: offen sein und es geschehen lassen.
Re: Confiteor
βροχή schrieb am 08.06.2025 um 16:49 Uhr (Zitieren)
l
Und wo kommt dieser Geist her? Wie wird er
transmittiert?


Für Atheisten stellt sich diese Frage logischerweise nicht. Wie soll denn etwas, das nicht existiert, transmittiert werden?

Re: Confiteor
βροχή schrieb am 08.06.2025 um 16:58 Uhr (Zitieren)
Re 50. Tag;
Der Starttag wird mitgezählt


nach 7 Wochen (Starttag + 7x7)
Re: Confiteor
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 08.06.2025 um 17:01 Uhr (Zitieren)
Für Atheisten stellt sich diese Frage logischerweise nicht.
Dann steht der, der sie stellt, anscheinend schon mit dem Rücken zum Atheismus ... ;-)
Re: Confiteor
Patroklos schrieb am 08.06.2025 um 17:02 Uhr (Zitieren)
Was hat es nun mit der Zahl (nicht Zählung) 50 auf sich? Womöglich ist 7 mal 7 die Erklärung. Heutige Schreibweise:
24/7/7.
Gerade heute ist die Frage doch angebracht.
Ich habe sie schon gestern gestellt. Das war wohl verfrüht.
Re: Confiteor
Andreas schrieb am 08.06.2025 um 17:20 Uhr (Zitieren)
Auch innertrinitarisch stellt sich die Frage:
Was meint Hl. Geist als Person,
die die Liebe zwischen Vater und Sohn vermittelt/transmittiert?
Wo ist der personale Unterschied?
Was ist anders an der Person Hl. Geist?
Die Verwendung der griech.Philosophie scheint hier an ihre Grenzen zu geraten
und vlt. doch nicht die
beste Lösung für die Beschreibung des Deus trinus zu sein.
Zudem sind es nur menschl. Gedankenkonstrukte und fragwürdige Analogien.
Bei manchen Theologen hat man den Eindruck,
sie würden an innertrinitarischen Geschehen teilnehmen oder
gar mehr über die Trinität wissen, als den Beteiligten bewusst ist, was immer das heißen mag.

Die Hauptkritikpunkte an der christlichen Trinitätslehre:
Logische Kritik: Das Paradox "drei in einem" sei rational unauflösbar und verstoße gegen das Widerspruchsprinzip.
Monotheismus-Problem: Faktischer Tritheismus trotz Bekenntnis zum Monotheismus; andere abrahamitische Religionen (Islam, Judentum) sehen darin Polytheismus.
Biblische Kritik: Die explizite Trinitätslehre finde sich nicht in der Schrift, sondern sei spätere dogmatische Konstruktion (4./5. Jahrhundert).
Historisch-politische Kritik: Die Dogmatisierung sei mehr politisch-kirchenpolitisch motiviert gewesen als theologisch notwendig.
Christologische Spannungen: Das Verhältnis von göttlicher und menschlicher Natur Christi bleibe ungeklärt und schaffe neue Widersprüche.
Religionsphilosophische Kritik: Die Lehre kompliziere die Gottesvorstellung unnötig und entferne sich vom einfachen biblischen Monotheismus.
Ökumenische Probleme: Die Trinitätslehre sei ein Hindernis für den Dialog mit nicht-trinitarischen Christen und anderen monotheistischen Religionen.
Re: Confiteor
βροχή schrieb am 08.06.2025 um 17:50 Uhr (Zitieren)

Dann steht der, der sie stellt, anscheinend schon mit dem Rücken zum Atheismus ... ;-)


... nur wenn er zuvor als solcher argumentierte (advovatus diaboli ist nicht gemeint)


Re: Confiteor
βροχή schrieb am 09.06.2025 um 06:58 Uhr (Zitieren)

Was meint Hl. Geist als Person,
die die Liebe zwischen Vater und Sohn vermittelt/transmittiert?
Wo ist der personale Unterschied?


Es sind Aggregatzustände des höchsten Wesens

der hl. Geist ist der Dampf
Jesus ist das Wasser
Gottvater ist der Schnee

(meine spontane assoziative Allegorie,
k.A. ob das irgendwo so verzeichnet ist)





Re: Confiteor
βροχή schrieb am 09.06.2025 um 07:14 Uhr (Zitieren)
... habe es nachgelesen, diese Allegorie ist ganz üblich. Damit kann man leben, wenn man an ein höheres wesen glauben möchte.

Re: Confiteor
βροχή schrieb am 09.06.2025 um 07:16 Uhr (Zitieren)
... wenn man möchte, kann man es auch beharken.
Weil es nicht beweisbar ist, sfg.

 
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