Γραικύλος schrieb am 25.06.2025 um 16:58 Uhr (Zitieren)
(William Makepeace Thackeray: Jahrmarkt der Eitelkeit. München 1977, S. 386)
Re: Helden
βροχή schrieb am 25.06.2025 um 19:13 Uhr (Zitieren)
Die Verehrung färbt ab. In Wirklichkeit ist es dann anders, und auch ein bisschen ähnlich.
Die hoffnungslos eingeschlossenen Kämpfer im Asow-Werk in Mariupol hatten 300 an die Wand geschrieben, in Reminiszenz an Leonidas.
Re: Helden
filix schrieb am 25.06.2025 um 19:24 Uhr (Zitieren)
Don Quijote ließe ich mir noch einreden als das auf den Kopf gestellte Ideal, aber Dante und sein Reiseführer, der depressiv-zögerliche Prinz Hamlet, der gestrandete Kaufmannssohn Crusoe, der heimtückische und zynische Don Juan, jemand wie Tristram Shandy, der sich in der Fußnote der eigneten Vita verliert, der weinerliche Werther, Sorel, der Karrierist und heuchlerische Verehrer Napoleons …?
Re: Helden
filix schrieb am 25.06.2025 um 20:24 Uhr (Zitieren)
Für den Einwand, hier sei streng nur von Versdichtung epischen Ausmaßes die Rede: Dante abermals, Miltons biblisches Personal, Popes Belinda, Klopstocks Messias, Goethes Reineke Fuchs, Keats Endymion, Byrons Don Juan, Puschkins Dandy Onegin, Wordsworths Dichterseele …?
Re: Helden
Patroklos schrieb am 25.06.2025 um 20:56 Uhr (Zitieren)
Crusoe und Tristram Shandy. Prüfungsstoff. Nennen Sie zumindest zwei bedeutende englische Versdichtungen des 18. Jahrhunderts. Genau diese beiden haben mich gerettet.
Re: Helden
βροχή schrieb am 25.06.2025 um 22:29 Uhr (Zitieren)
Mein Favorit ist Roland. Zufällig befand ich mich plötzlich am Originalschauplatz, auf der riesigen Bresche, welche er in den Felsen schlug. Phänomenal, man muss den Wind spüren, der hindurch pustet.
Re: Helden
βροχή schrieb am 25.06.2025 um 22:32 Uhr (Zitieren)
Γραικύλος schrieb am 25.06.2025 um 23:04 Uhr (Zitieren)
Wieso sind Crusoe und Tristram Shandy Versdichtungen?
Re: Helden
βροχή schrieb am 25.06.2025 um 23:07 Uhr (Zitieren)
Das ist ein joke, Patro ergriff sie einst als Strohhalme.
Re: Helden
Γραικύλος schrieb am 25.06.2025 um 23:23 Uhr (Zitieren)
Dann habe ich den Scherz nicht verstanden. Gefragt war ja nach Versdichtungen. Wie können diese beiden Werke da als rettende Strohhalme dienen?
Anscheinend stehe ich da auf einem Schlauch.
Re: Helden
Bukolos schrieb am 25.06.2025 um 23:52 Uhr (Zitieren)
Vermutlich ein ironisch gewandeter Einwurf post festum: Patroklos reagiert auf filix' Beitrag von 19:24 Uhr (offenbar ohne den von 20:24 Uhr gelesen zu haben).
Re: Helden
Bukolos schrieb am 25.06.2025 um 23:57 Uhr (Zitieren)
Die Liste der Gegenbeispiele lässt sich um Epen und Epyllien aus der Antike ergänzen: die (verlorene) Oidipodeia vermutlich, Bions Adonis, Moschos' Europe, Claudians Raub der Proserpina, Musaios' Hero und Leander, ebenso die längeren der Homerischen Hymnen.
Re: Helden
βροχή schrieb am 26.06.2025 um 05:15 Uhr (Zitieren)
In der Prüfung hatte er keine Idee, er nannte etwas ähnliches, nach dem Motto, in der Not frisst der Teufel Fliegen. Offenbar hatte er die anderen Fragen beteits so gut beantwortet, dass die kleine Anweichung in der Zusatzfrage nicht dazu führte, dass er durchrasselte.
Re: Helden
βροχή schrieb am 26.06.2025 um 05:20 Uhr (Zitieren)
... so war das natürlich nicht.
Wäre er in der Prüfung nach Versdichtung gefragt worden, sollen wir glauben, er wäre durchgetasselt mit seiner Antwort. Gemeint hat er natürlich filix, er wollte es nicht so direkt sagen.
Re: Helden
βροχή schrieb am 26.06.2025 um 05:34 Uhr (Zitieren)
Die Gegenbeispiele aus der Antike sind weniger nbekannt, sie werden weniger gewundert als die strahlenden Helden. Manche Antihelden werden mehr geliebt, weil sie durch ihre Schwächen den echten Menschen näher sind, Bsp. Schwejk.
Re: Helden
βροχή schrieb am 26.06.2025 um 05:57 Uhr (Zitieren)
Weiteres Ereignis aus der Antike, zufällig befand ich mich plötzlich am Originalschaplatz, wo die Verlierer mehr verehrt werden als die Sieger: Masada. Es gibt auch ein Versepos (1927).
Re: Helden
Patroklos schrieb am 26.06.2025 um 09:25 Uhr (Zitieren)
Ein schwieriger Fall im Sinne der Unentscheidbarkeit ist „The Battle of the Books“, diese Satire von Jonathan Swift, der uns dank Γραικύλος neulich die Ehre gab.
Re: Helden
Γραικύλος schrieb am 26.06.2025 um 15:39 Uhr (Zitieren)
Ich habe nicht den Eindruck, daß Thackeray etwas über sämtliche Epen und vor allem Romane sagen wollte - die Gegenbeispiele dürften auch ihm bekannt gewesen sein; vielmehr nehme ich an, daß er sich auf solche Epen und Romane bezog, die von Kriegen handeln.
Sein eigener Roman tut das, nämlich in den Napoleonischen Kriegen. Im Unterschied zu den Autoren, die er kritisiert, befaßt er sich aber nur ganz am Rande mit den militärischen Ereignissen; vielmehr gilt seine Aufmerksamkeit denen, die gewöhnlich nicht erwähnt werden, wenn vom glorreichen Sieg der Engländer bei Waterloo die Rede ist: den Eltern und Frauen der Gefallenen oder einem Geschäftsmann, der sein Kapital in französische Staatsanleihen investiert hatte (dem Vater der lieblichen Amelia) und dadurch seine Familie in eine Katastrophe brachte. Auch mit den "Helden" der Etappe befaßt er sich.
Das sind eben keine Helden des Krieges.
Amelia und Dobbin sind Helden anderer Art.
Allerdings kann ich ihm auch aus dieser speziellen Perspektive nicht uneingeschränkt zustimmen, obgleich er in der Mehrzahl der Fälle wohl recht hat. Die Penelope in der "Odyssee", einige Dramen des Euripides und vor allem einige Komödien des Aristophanes sprechen dagegen - um nur in der Antike zu bleiben.
Re: Helden
Patroklos schrieb am 26.06.2025 um 16:31 Uhr (Zitieren)
Viele der hier in Frage kommenden Werke hatten eher einen großen nationalen Einfluss, auf Leser sowie, oft mehr noch, nachfolgende Autoren, ohne kriegerische bzw heldische Aspekte. In England zweifellos John Milton. Oder im kleinen Dänemark sei genannt des großen Henrik Pontoppidans „Lykke-Per“ (Hans im Glück).
Re: Helden
filix schrieb am 26.06.2025 um 21:45 Uhr (Zitieren)
Das Original stützt deine Vermutung zur Abgrenzung insofern, als das fragwürdig übersetzte bards and romances (Sänger und Lieder) kontrastierend Gattungen heroischer Überhöhung anspricht, gegen die man an der Stelle unausgesprochen die bürgerlich realistische novel setzen könnte mit ihren der Wirklichkeit abgewonnenen Antihelden.
Re: Helden
Patroklos schrieb am 27.06.2025 um 10:19 Uhr (Zitieren)
Thackerays These könnte ein Cineast auf die Filmklassiker anwenden. Bambi?