Γραικύλος schrieb am 01.07.2025 um 12:15 Uhr (Zitieren)
[i][Lukillios; Anthologia Graeca XI 154][/quote]
Re: Kyniker
Patroklos schrieb am 01.07.2025 um 12:58 Uhr (Zitieren)
Tunika ablegen heißt…. Nackicht sein?
Re: Kyniker
filix schrieb am 01.07.2025 um 13:26 Uhr (Zitieren)
Nein, es meint, das Unterkleid(chen) unter dem Philosophenmantel abzulegen, das Standardoutfit Kyniker.
Bei den griechischen Versen ist am Ende einiges in Unordnung geraten.
Re: Kyniker
filix schrieb am 01.07.2025 um 13:27 Uhr (Zitieren)
… der Kyniker.
Re: Kyniker
Patroklos schrieb am 01.07.2025 um 14:19 Uhr (Zitieren)
Ich bitte um Reihenfolge und Bedeutung des Striptease.
((Tease: Die tiefere Beziehung zwischen Wollkämmen mit der thistle/Distel und „necken“ erschließt sich mir (noch) nicht.))
Re: Kyniker
filix schrieb am 01.07.2025 um 14:33 Uhr (Zitieren)
Das Wort im Text χιτωνάριον ist Diminutiv von besagtem χιτών (Chiton) und hebt hier möglicherweise die feine, leichte Stoffqualität besonders hervor im Unterschied zum grobwollenen Tribon.
Der Übersetzer entscheidet sich für Tunika als röm. Pendant, handelt sich so aber den Bedeutungswandel ein, den das Wort in der Gegenwart erfahren hat, (und also die Assoziation nackicht).
Re: Kyniker
Patroklos schrieb am 01.07.2025 um 14:39 Uhr (Zitieren)
Patroklos schrieb am 01.07.2025 um 14:52 Uhr (Zitieren)
Zwei Kleidungsstücke, bei dieser Hitze!!
Zu meiner Abkühlung:
Ich trage einen Tribon, mit nix drunter.
Nun ziehe ich den Tribon zur Kynisierung an.
Und dazu soll ich mein χιτωνάριον ablegen?
Sansculottes?
Re: Kyniker
Γραικύλος schrieb am 01.07.2025 um 14:56 Uhr (Zitieren)
Danke für die Korrektur! Da ist mir beim griechischen Text etwas durcheinandergeraten.
Re: Kyniker
filix schrieb am 01.07.2025 um 15:07 Uhr (Zitieren)
Der Analphabet und Habenichts ist ja zunächst kein Kyniker, er soll sich daher einen Philosophenlook zulegen, Bart, Knüttel und unter dem Tribon das Unterkleidchen ablegen, das das Erscheinungsbild seiner Armut von der freiwillig gewählten Askese der so herumlaufenden Kyniker trennt. Ob der Schluss nur zynisch im Sinne einer bloßen Umdeutung der eigenen Lage ist oder sich so neue hungerstillende Einkommensquellen als Straßenphilosoph beispielsweise erschließen, sei dahingestellt.
Zur Übersetzung: Die Aversion der Kyniker gegen soziale Hierarchien hätte sie ihr Oberhaupt schwerlich als Fürst bezeichnen lassen, auch geht der Witz mit der wörtlichen Bedeutung verloren, πρωτοκύων ist nicht nur der erste Kyniker, sonder quasi auch der Oberköter.
Re: Kyniker
Patroklos schrieb am 01.07.2025 um 15:22 Uhr (Zitieren)
Ich stelle fest:das Unterkleidchen ist nicht ganz unter, sondern sichtbar.
Es ist KEINE Unterwäsche.
Es ist quasi sichtbar unterkleidsam.
Re: Kyniker
filix schrieb am 01.07.2025 um 15:39 Uhr (Zitieren)
Dass Unterwäsche grundsätzlich unsichtbar sein müsste oder auch nur sollte, kann im Zeitalter von Tangablitzer und allerlei Graden von Transparenz bis zum Naked-dress-look als widerlegt gelten.
Re: Kyniker
Patroklos schrieb am 01.07.2025 um 16:05 Uhr (Zitieren)
Der Philosophenmantel hat ja was Körperbetontes. Modelhaftes.
Seit J.C. Flügel, Psychologie der Kleidung, wissen wir, was die Hauptzwecke der Kleidung sind:
Schmuck, Scham und Schutz.
Hat der Philosophenmantel etwas von den dreien?
(Zum interessanten Flügel, vgl. Engl. Wikipedia unter John Flügel.)
Re: Kyniker
Werner schrieb am 01.07.2025 um 16:07 Uhr (Zitieren)
filix schrieb am 01.07.2025 um 16:23 Uhr (Zitieren)
Die Trias bildet, was heute im Zentrum der Analyse steht und auch des Epigramms, nicht so ohne Weiteres ab: Mode ist v.a. ein komplexes Medium sozialer Kommunikation der Zugehörigkeit und Distinktion. Für sie gilt das Axiom von der Unmöglichkeit der Nichtkommunikation.
Re: Kyniker
Patroklos schrieb am 01.07.2025 um 16:41 Uhr (Zitieren)
Schmuck geht vor Scham und Schutz.
Veblen, Theorie,sagt: Die Kleidung als Ausdruck des Geldes.
Gut, das war 1899.
Auch seitens der Kyniker?
Re: Kyniker
filix schrieb am 01.07.2025 um 16:52 Uhr (Zitieren)
Das Outfit signalisiert Zugehörigkeit zu den Kynikern und insbesondere selbstgewählte von einem gesellschaftlich gewöhnlich herabsetzenden Makel in eine zur Schau gestellte Tugend verwandelte Armut. Hier allerdings von der Warte des Spötters aus betrachtet. Erinnert sei auch an https://www.albertmartin.de/altgriechisch/forum/?view=10585, wo wir einige Zeit damit verbracht haben herauszuarbeiten, wie wichtig es ist in dieser sozialen Kommunikation, dass der Mantel sauber ist.
Re: Kyniker
Werner schrieb am 01.07.2025 um 18:22 Uhr (Zitieren)
Die fünf Axiome der Kommunikation?
1. Man kann nicht nicht kommunizieren.
2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.
3. Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung.
4. Kommunikation ist digital und analog.
5. Kommunikation ist symmetrisch und komplementär.
Γραικύλος schrieb am 01.07.2025 um 18:47 Uhr (Zitieren)
Was bei dem Axiom unerwähnt bleibt, ist der Umstand, daß zwar alles - auch die Kleidung - etwas mitteilt, daß das jedoch nicht immer intentional (absichtlich) geschieht.
Lukillios geht - ironisch - davon aus, daß der Kyniker etwas mitteilen will, also daß er nicht einfach aus Gleichgültigkeit sich so kleidet, wie er sich kleidet. Ist das zwingend so?
Re: Kyniker
Γραικύλος schrieb am 01.07.2025 um 18:49 Uhr (Zitieren)
Übrigens, dies ist der korrekte griechische Text:
Re: Kyniker
filix schrieb am 01.07.2025 um 19:43 Uhr (Zitieren)
Im Epigramm selbst ist ja die Nutzung der kommunikativen Wirkung des Outfits zur Verbesserung der eigenen sozialen Situation eines zunächst Nicht-Kynikers Thema, ihr darf man also Intention wohl unterstellen (auch wenn die als unredlich im Sinn einer Imitation über Äußerlichkeiten kritisiert werden kann). Dem Thread über Epaminondas' Mantel lässt sich in meinen Augen entnehmen, dass die kommunikative Wirkung Gegenstand intensiver Reflexion war, man also davon ausgehen kann, dass die Kyniker sich gleichfalls der kommunikativen Wirkung ihres Habits bewusst waren und sie auch beabsichtigten.
Dass einer aus absichtsloser Gleichgültigkeit zufällig genau aussieht wie ein Kyniker, ist nicht recht plausibel, aber selbst wenn, ändert dies wenig an der kommunikativen Wirkung des Erscheinungsbildes, die wiederum kommunikativ verhandelt werden kann.
Den Versuchen, die kommunikative Wirkung über Intentionalität zu regulieren (Ich bin nur verantwortlich für das, was ich sage sc. sagen will, nicht, was du verstehst) haftet dabei etwas Defensives an. Es handelt sich um einen oft verzweifelten Korrekturversuch, der selten sein Ziel erreicht.
Entsprechend wird man in Modefragen meist aufgefordert, sich mehr mit dieser Wirkung zu befassen, um sie besser kontrollieren zu können, statt trotzig auf Absichtslosigkeit zu beharren.
Der individuelle Mir-ist-Mode-scheißegal-Look ist eben nur einer unter anderen in einer Welt, in der zu den wichtigsten Fragen nach dem Aufstehen gehört: Was ziehe ich heute an?
Die Vorstellung, jemand wolle gar nichts durch die zweite Haut kommunizieren, scheint mir überdies historisch gebunden an die Zurückdrängung sozial regulativer Kleiderordnungen (Geschlecht, Status, Gruppenidentitätem, Religion, …), über deren kommunikative Wirkung man spätestens bei Zuwiderhandlung drastisch belehrt wurde, zugunsten der eines Spiels damit als Form expressiver Individualität. Entsprechend ist die Frage der Mode heute ein eminenter Kampfschauplatz der Frage zwischen der Identität des Subjekts und der gesellschaftlichen Regulationsbegehrlichkeiten. Ein weites Feld.
Re: Kyniker
Patroklos schrieb am 01.07.2025 um 20:03 Uhr (Zitieren)
Mein Aufschlag in Sachen Drittelung ist nicht auf große Resonanz gestoßen. Disrespect. In Modesachen erinnere ich an die Staffelung in Unternehmen: Pullover, Sakko, Anzug.
Waren die Kyniker die Pulloverträger? Gab es eine (gedrittelte) Kleiderordnung?
Extra Ascot sind Hüte verschwunden. Die distinktive Krawatte is on the wane. Die Manschetten(knöpfe) waren schon zuvor in einer Schmuckecke des Modehades verschwunden.
Re: Kyniker
Patroklos schrieb am 01.07.2025 um 20:19 Uhr (Zitieren)
Es gibt häufiger die Gruppenkonformität als den Gruppenzwang.
Wer als Neuer in der IT-Abteilung aufschlägt, wird dies kaum im Anzug tun. In steilen Hierarchien (Vorstand) wird es einen Modefluchtpunkt stets geben. Im Umfeld des Papstes kenne ich mich noch nicht genau aus.
Re: Kyniker
filix schrieb am 01.07.2025 um 20:21 Uhr (Zitieren)
Der Kyniker ist allenfalls der Pulloverträger, der nicht zur Arbeit erscheint, sich aber als der Träger des wahren Anzugs inszeniert.
Re: Kyniker
Patroklos schrieb am 01.07.2025 um 20:30 Uhr (Zitieren)
Hätte Karl Mannheim mit seiner „freischwebenden Intelligenz“ zugestimmt?
Re: Kyniker
filix schrieb am 01.07.2025 um 20:37 Uhr (Zitieren)
Patroklos schrieb am 01.07.2025 um 20:57 Uhr (Zitieren)
Toll!Genau! Von Jurek Becker gibt es quasi hierzu „Die beliebteste Familiengeschichte“. Aus Polen fährt ein Geschäftsmann nach London, doch der Partner hat keine Zeit und empfiehlt ihm, das Kostümfest eines Freundes zu besuchen. Er bemüht einen Kostümverleih, doch als er beim „Freund“ eintrifft, bemerkt er, dass er der einzige Kostümierte ist.
Re: Kyniker
βροχή schrieb am 02.07.2025 um 07:37 Uhr (Zitieren)
... man nennt es dresscode ehemals kleiderordnung, unterahbteilung kravattenzwang...
uniform ist der höhepunkt der konformität, oder der endpunkt
Re: Kyniker
βροχή schrieb am 02.07.2025 um 07:37 Uhr (Zitieren)