Γραικύλος schrieb am 28.07.2025 um 11:56 Uhr (Zitieren)
[Palladas; Anthologia Graeca XI 317]
(1) Vertauschung von Nachher und Vorher
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 13:15 Uhr (Zitieren)
diese Übersetzungen fand ich, das wäre ein geduldiger Esel.
Jemand gab mir einen lahmen geduldigen Esel. Einen von denen, die mit den Strapazen der Reise beladen sind, Sohn der Langsamkeit, des Schmerzes, der Erschöpfung, des Traums.
Wenn es auf den Rückweg geht, ist er plötzlich der erste.
Wer kennt das Wort und weiß näheres?
Ich kenne nur z.B. Brösel alias Rötger Feldmann
("Werner Beinhart").
Re: Der störrische Esel
Patroklos schrieb am 28.07.2025 um 13:47 Uhr (Zitieren)
Womöglich zu trödeln/vertrödeln?
Re: Der störrische Esel
filix schrieb am 28.07.2025 um 13:53 Uhr (Zitieren)
Wohl ein Tippfehler für Dösel, das man wie den Dussel als übersetzerische Eselei Beckbys ansehen muss, denn die Dummheit des Esels steht im Epigramm, wie die beigebrachte englische Übertragung deutlich werden lässt, nicht im Fokus der Tirade.
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 14:21 Uhr (Zitieren)
Die engl. u. franz. Übersetzungen sind direkt aus der Anthologia (kein KI). Deshalb denke ich, sie sind zuverlässig.
Re: Der störrische Esel
filix schrieb am 28.07.2025 um 14:33 Uhr (Zitieren)
Der Schlussvers ist äußerst schwer einzuholen; m.E. enthält auch τῶν ἀνακαμπτόντων einen Bezug zur Rhetorik, nicht nur zur Rückkehr von der Reise und vor allem der Wendemarke auf der Rennbahn. ἡ καμπή (von κάμπτω) bezeichnet die Abrundung der Perioden, conversio, also die Wiederholung eines Wortes oder Begriffs am Ende von Sätzen oder Abschnitten, sodass ein Rücklauf, eine Umkehr, eine Kreisbewegung entsteht. Beim Umkehren ist der sonst Letzte also der Erste.
Re: Der störrische Esel
Γραικύλος schrieb am 28.07.2025 um 14:41 Uhr (Zitieren)
Um einen Tippfehler meinerseits handelt es sich bei "Drösel" nicht, d.h. das steht so bei Beckby.
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 14:58 Uhr (Zitieren)
Das stelle ich mir typisch haustierisch vor: wenn es zurück in den Stall geht, laufen die Beine wie von selber, er mag gar nicht mehr anhalten unterwegs.
Re: Der störrische Esel
filix schrieb am 28.07.2025 um 15:02 Uhr (Zitieren)
Offenbar hat dröseln die Nebenbedeutung trödeln, Beckby also eine Analogiebildung mit dem Suffix -el zu Dösel, Tölpel usf. sich einfallen lassen, der kein Erfolg beschieden war. Bleibt der Dussel, mein Urteil als gekränkter Eselfreund zu rechtfertigen.
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 15:18 Uhr (Zitieren)
Mit Drösel ist der Träumer gemeint. Wahrscheinlich wird das Wort landschaftl. bedingt nicht flächendeckend genutzt.
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 15:21 Uhr (Zitieren)
In diesem Fall:
Drösel = verträumter Esel
Re: Der störrische Esel
filix schrieb am 28.07.2025 um 15:31 Uhr (Zitieren)
Nein, das Wort im Epigramm, das den Bezug zum Traum herstellt, ist ὄνειρον, das Beckby als Dussel wiedergibt. Drösel ist eine Spontanbildung Beckbys für das Wort davor nach besagtem Schema, es gibt keinen Beleg für eine insulare Verwendung.
Re: Der störrische Esel
filix schrieb am 28.07.2025 um 15:32 Uhr (Zitieren)
… für eine auch nur insulare Verwendung.
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 15:35 Uhr (Zitieren)
dröseln ist auch träumen, nicht nur aufdröseln.
Der Dussel ist der Ungeschickte, der Depp, er träumt nicht.
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 15:50 Uhr (Zitieren)
meine aktuelle Version von Zeile 3
Sohn der Faulheit dieser Esel, eine Plage, ein Kummer, ein Alptraum,
Re: Der störrische Esel
filix schrieb am 28.07.2025 um 16:00 Uhr (Zitieren)
Dass dröseln auch träumen, (geistig) dämmern meinen kann, ist korrekt, aber ὄκνον, das Wort im Epigramm, welches Beckby mit Drösel, das kein Wörterbuch verzeichnet, keinen sonstigen Beleg der Verwendung vorweisen kann, unterhält zu diesen Bedeutungen keinerlei Beziehung.
Re: Der störrische Esel
filix schrieb am 28.07.2025 um 16:08 Uhr (Zitieren)
welches Beckby mit Drösel übersetzt …
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 16:16 Uhr (Zitieren)
ὄκνον heißt schlafen, das steht doch mit träumen in enger Beziehung.
ὄκνον, ὄνειρον = schlafen, träumen
das macht der Drösel.
Warum er den Dussel hinterher schob, k.A.
was ich nicht erkenne:
"πόνον, ὄκνον, ὄνειρον"
Sind das Eigenschaften/Tätigkeiten des Esels selbst,
oder die Wirkungen des Esels auf seinen Besitzer?
Bitte Griechen, klärt mich auf :)
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 16:26 Uhr (Zitieren)
Γραικύλος schrieb am 28.07.2025 um 16:27 Uhr (Zitieren)
ὄκνος: Säumen, Zaudern, Zögern, entweder aus Trägheit und Faulheit oder aus Furcht
Re: Der störrische Esel
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 28.07.2025 um 16:32 Uhr (Zitieren)
ὄκνος, ὁ ist das Zaudern, Zögern, hier im Akk. Sg.
und steht in einer Reihe mit all den Beschreibungen des Geschenks:
... den Sohn der Langsamkeit, einen Esel, (selbst) eine Last, ein Zaudern, ein Traum(bild)
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 16:33 Uhr (Zitieren)
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 16:36 Uhr (Zitieren)
"und steht in einer Reihe mit all den Beschreibungen des Geschenks"
Das bedeutet, in Form des Esels bekam der Autor diese weiteren Sachen geschenkt?
Dann könnte "Traumbild" ironisch gemeint sein?
Re: Der störrische Esel
Bukolos schrieb am 28.07.2025 um 17:02 Uhr (Zitieren)
Zugutehalten sollte man Beckby, dass er die sprachspielerische Herausforderung (πόνον, ὄκνον, ὄνειρον enthalten jeweils ὄνον) annimmt und sein Bestes versucht mit Wörtern, die eine Assonanz zu "Esel" haben.
Re: Der störrische Esel
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 28.07.2025 um 17:04 Uhr (Zitieren)
Dem sprechenden Namen ("Sohn der Langsamkeit") folgt die landläufige Bezeichnung ("Esel") und dann Beschreibungen, was er ist: eine "Last" (anstatt eine solche zu tragen), ein "Zaudern" (er kommt nicht vom Fleck; typisch für einen Esel, das stocksteif auf der Stelle Stehen), ein "Traum(bild)" (so irreal wie ein solches ist er, für seine Aufgabe völlig unbrauchbar - "wie nächtliche Schatten").
Natürlich ist das von A bis Z ironisch gemeint.
Re: Der störrische Esel
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 28.07.2025 um 17:05 Uhr (Zitieren)
Ich finde auch, daß Beckby hier eine sehr freie, aber griffige Nachdichtung gelungen ist.
Re: Der störrische Esel
Patroklos schrieb am 28.07.2025 um 17:26 Uhr (Zitieren)
Ist der Störrische der Dumme?
Gibt es zwei Bedeutungsstränge?
Esel seien nicht dumm, heißt es.
Re: Der störrische Esel
filix schrieb am 28.07.2025 um 17:31 Uhr (Zitieren)
I-ah. I-ah. À propos: Durchdringt die Paranomasie der Aufzählung der Ruf des Esels (ὄνον, πόνον, ὄκνον, ὄνειρον mit Blick auf Bruno Snells neulich erwähnten Aufsatz)?
Re: Der störrische Esel
filix schrieb am 28.07.2025 um 17:36 Uhr (Zitieren)
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 17:43 Uhr (Zitieren)
Paranomasien mag ich auch.
Das Traumbild halte ich immer noch für ironisch, im Sinne des Gegenteils.
Meine aktuelle Version von Zeile 4
kaum wittert er den Weg zum Stall, ist er nicht mehr zu halten.
Re: Der störrische Esel
Patroklos schrieb am 28.07.2025 um 17:59 Uhr (Zitieren)
Abendliche Abschweifung: ass (asinus) wird im späten 18. Jahrhundert durch donkey abgelöst. Das könnte sich auf dun=grau-braun beziehen oder auf Duncan. „Brauner“ gibt es ja als „Name“.
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 18:02 Uhr (Zitieren)
"ruhig Brauner" ist doch ein Pferd 🙃
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 18:07 Uhr (Zitieren)
übrigens, Esel gibt es auch in andren Farben. Einmal sah ich einen weissen, er hieß Aragon
Re: Der störrische Esel
Patroklos schrieb am 28.07.2025 um 18:34 Uhr (Zitieren)
In Österreich wird unter „kleiner Brauner“ kein Esel serviert. (Halb7-Albernheit)
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 18:44 Uhr (Zitieren)
... ach so
Re: Der störrische Esel
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 28.07.2025 um 18:44 Uhr (Zitieren)
... noch nicht einmal ein Pony, geschweige denn ein Pferd. (viertel-vor-sieben-Albernheit)
Re: Der störrische Esel
filix schrieb am 28.07.2025 um 18:58 Uhr (Zitieren)
Wer in einem Wiener Kaffeehaus ein Pferd serviert bekommen möchte, muss einen Einspänner bestellen.
Re: Der störrische Esel
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 28.07.2025 um 19:00 Uhr (Zitieren)
*biggrin*
Re: Der störrische Esel
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 28.07.2025 um 19:01 Uhr (Zitieren)
... darf sich aber nicht wundern, daß der Esel von Kellner nix Vierbeiniges anbringt.
Re: Der störrische Esel
βροχή schrieb am 28.07.2025 um 19:14 Uhr (Zitieren)
... nicht mal das Fiakergulasch ist bei den Össis vom Pferd
Re: Der störrische Esel
Patroklos schrieb am 28.07.2025 um 19:29 Uhr (Zitieren)
Nie drüber nachgedacht….
Seinen Namen hat das Getränk von den einspännigen Pferdefuhrwerken. Deren Kutscher hielten den Kaffee in der einen Hand, die Zügel in der anderen. Durch die dicke Schlagobershaube blieb der Kaffee lange heiß und konnte dann während einer Pause getrunken werden.
(Teleph. Auskunft von Herrn Wikipedia)
Re: Der störrische Esel
Bukolos schrieb am 28.07.2025 um 22:56 Uhr (Zitieren)
Macht Sinn. Da die Miszelle nicht gemeinfrei ist, hier noch der Punkt, auf den du dich wohl beziehst:
Re: Der störrische Esel
filix schrieb am 29.07.2025 um 13:51 Uhr (Zitieren)
Die Stelle meinte ich, danke. Via JSTOR, nehme ich an. Wie löst du das technisch? Ich habe nämlich selten den Nerv, die von meiner zweifellos auf lateinische Alphabete ausgerichteten OCR geschredderten altgriechischen Abschnitte manuell zu korrigieren.
Re: Der störrische Esel
Bukolos schrieb am 30.07.2025 um 13:51 Uhr (Zitieren)
Bei dem kurzen Abschnitt tatsächlich in Handarbeit.
Re: Der störrische Esel
Patroklos schrieb am 30.07.2025 um 14:18 Uhr (Zitieren)
Noch zum Snellschen Esel:
während, wie Snell hinzufügte, "die deutschen Esel immer nur 'ja' sagen". Im Sommer 1934 prangte an allen Litfaßsäulen der Aufruf: "Ein ganzes Volk sagt am 19. August: JA".
So Gerhard Lohse in einem Interview mit der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung. Lohse hat eine Snell-Biographie verfasst (2023)