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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Schönheitsmittel (277 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 29.07.2025 um 11:40 Uhr (Zitieren)
Ἠγόρασας πλοκάμους, φῦκος, μέλι, κηρόν, ὀδόντας.
τῆς αὐτῆς δαπάνης ὄψιν ἂν ἠγόρασας.

Schminke kaufst du und Wachs und Honig und Haare und Zähne:
für das nämliche Geld kriegst du ein ganzes Gesicht.

[Lukillios; Anthologia Graeca XI 310]
Re: Schönheitsmittel
filix schrieb am 29.07.2025 um 13:36 Uhr (Zitieren)
In einer Epoche avancierter Schönheitschirurgie und der öffentlich erörterten Frage, wer was an seiner Nase usf. habe machen machen lassen, in der also der Kauf eines »ganzen Gesichts« keine bloße Metapher mehr ist, erhalten die Verse eine seltsam anachronistische Aura. Oder müssen wir annehmen, dass sich dem Spötter selbst auf dem antiken Niveau kostspieliger ästhetischer Eingriffe (die es gab) die Sache so darstellte?
Re: Schönheitsmittel
Patroklos schrieb am 29.07.2025 um 13:53 Uhr (Zitieren)
Ein ganzes Gesicht.
In Rom imagines maiorum. Gab es hierfür Spezialisten/Künstler? Und wie hießen die? Maskenbildner= formator personarum?
Re: Schönheitsmittel
filix schrieb am 29.07.2025 um 14:03 Uhr (Zitieren)
Du meinst, die Pointe läge darin, das Geld lieber für die Anfertigung einer in Ahnenkult und Totengedenken gebrauchten realistischen Porträtmaske auszugeben, weil quasi der Fall schon hoffnungslos?
Re: Schönheitsmittel
Patroklos schrieb am 29.07.2025 um 14:10 Uhr (Zitieren)
Gab es denn auch altgriechische Imagines?
In Rom wäre der Witz nicht schlecht gewesen. Dort hätte man hinzugefügt: dann machst Du wenigstens bei Begräbnissen ein gutes Gesicht!
Re: Schönheitsmittel
filix schrieb am 29.07.2025 um 14:37 Uhr (Zitieren)
Als sehr wahrscheinlich in Rom unter Nero wirkendem Skoptiker dürfte Lukillios dieser Bestandteil des römischen Ahnenkults, Statussymbol der Nobilitas, zumindest vertraut gewesen sein. Bei der Liste der Materialien bin ich, soll ihre Auflistung auf die Verfertigung einer solchen Maske anspielen, jenseits von Wachs allerdings skeptisch.
Re: Schönheitsmittel
filix schrieb am 29.07.2025 um 14:39 Uhr (Zitieren)
… soll sie auf die …

Re: Schönheitsmittel
Patroklos schrieb am 29.07.2025 um 14:52 Uhr (Zitieren)
Wohl immer noch definitiv:
Harriet Flower, Ancestor Masks and Political Power, 1995
Re: Schönheitsmittel
filix schrieb am 29.07.2025 um 15:32 Uhr (Zitieren)
Definitiv ist in den Wissenschaften definitiv nix, sagte mal einer meiner Lehrer.

Das Problem mit dem Bezug zu Masken (imagines, Theatermasken, die u.a.Haare hatten …), Porträtbildern und dgl. ist jenseits der Materialien, dass ὄψιν dazu wenig hergibt, es bezeichnet vorrangig das Sehen selbst, die visuelle Wahrnehmung, die Erscheinung und auch das Gesicht oder Antlitz, allenfalls lässt es sich auf darstellende Künste, das Schauspiel insbesondere beziehen, weniger auf im weitesten Sinne bildende und ihre Produkte.
Re: Schönheitsmittel
Patroklos schrieb am 29.07.2025 um 16:22 Uhr (Zitieren)
Leider muss ich eingestehen, dass der Buchhinweis wie auch „definitiv“ von einem Althistoriker stammen. Er: tolle! Ich: lege!
Zum Thema Masken ließe sich zudem überlegen, ob den Grab schmückenden Photos eine bescheidene, ähnliche Rolle zukommt. Ähnlich auch die großen Photos bei Totenfeiern in Kapellen oä. (Bis vor einiger Zeit gab es letzteres nicht, glaube ich.)
Re: Schönheitsmittel
Γραικύλος schrieb am 29.07.2025 um 16:35 Uhr (Zitieren)
Was damals Spott war, ist heute chirurgisch möglich. Dennoch funktioniert der Witz auch heute noch.
Re: Schönheitsmittel
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 29.07.2025 um 16:39 Uhr (Zitieren)
die großen Photos bei Totenfeiern in Kapellen
Ich denke. das hängt damit zusammen, daß die Kremation gegenüber früheren Zeiten die so viel häufigere Bestattungsmethode geworden ist. Und dann liegt meist sehr viel mehr Zeit zwischen dem Todestag und dem der Beisetzung, und es ist auch keine Möglichkeit mehr, den Verblichenen noch einmal zu sehen.
Re: Schönheitsmittel
filix schrieb am 29.07.2025 um 17:18 Uhr (Zitieren)
Die Frage ist, darauf wollte ich hinaus, was die historische Grundlage des Spotts ist.
Sich ein (ganzes) Gesicht kaufen zu können, ruft ja bestimmte Vorstellungen auf, heute solcher umfassender schönheitschirurgischer Eingriffe oft bis zur Unkenntlichkeit, die sich auch sprachlich in entsprechenden Formulierungen niederschlagen: sich das Gesicht machen lassen usf.

Aber in Lukillios' Rom, wo ein vergleichbares chirurgisches oder medikamentöses 360° Face Treatment so nicht existierte? Genügt es da wirklich, die Verse als Extrapolation der vorhandenen Möglichkeiten zu deuten, die dem handfesten Kauf eines Gesichts ein lebensweltliches Substrat verleihen? Oder müssen wir nach etwas anderem suchen?

***


In den Anfängen der Photographiegeschichte hat man zum Zweck des Andenkens noch die Toten in ihren Särgen oder sogar in lebensnahen Situationen drapiert abgelichtet. Dieses Post-mortem-Genre ist de facto verschwunden.

Sonst denke ich eher, dass der weltgeschichtlich unvergleichliche Siegeszug des eigenen Bildes, seine universale Verfügbarkeit, seine Durchdringung der Identität, die Regalkilometer von Photoalben ins Bild gebannten Lebens, die mittlerweile auf Festplatten aller Art umgezogen sind und ständig geteilt werden, vor dem Ende, der Memorialkuktur nicht haltgemacht hat. Wer einer ist und war, hat heute eben sehr stark damit zu tun, welches Bild er buchstäblich abgegeben hat und abgibt.
Re: Schönheitsmittel
filix schrieb am 29.07.2025 um 17:26 Uhr (Zitieren)
… der Memorialkultur nicht haltgemacht haben …
 
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