Γραικύλος schrieb am 23.08.2025 um 15:17 Uhr (Zitieren)
[Apollinarios; Anthologia Graeca XI 421]
Re: Der Hinterhältige
Andreas schrieb am 23.08.2025 um 15:55 Uhr (Zitieren)
Diese Konstruktion erinnert an:
οἶδα οὐκ εἰδώς
Die sehr freie Übersetzung unterschlägt einiges.
ἴσθι ist unübersetzt.
Sie scheint ein Distichon im Dt. zu sein.
Ich denke an Goethe:
Im Hexameter steigt des Springquells ...
PS:
Die Übersetzung: "Ich weiß, dass nichts weiß"
ist doch nicht richtig,oder?
Wörtlich: Ich weiß als Nichtwissender =
Ich weiß (etwas), obwohl ein Nichtwissender.
Wer weiß dazu Näheres?
Wurde ständig falsch übersetzt oder was?
Re: Der Hinterhältige
Γραικύλος schrieb am 23.08.2025 um 16:52 Uhr (Zitieren)
ἴσθι: Imperativ Aorist
Re: Der Hinterhältige
Andreas schrieb am 23.08.2025 um 17:29 Uhr (Zitieren)
Das ist mir bekannt.
Es geht mir um die analoge Konstruktion: PC im Nominativ λέγων - εἰδώς
Wie lautet die inhaltlich eindeutige Übersetzung
des Sokrates-Zitates?
Episteme vs. Doxa
Die grundlegende Unterscheidung war zwischen episteme (wahres Wissen) und doxa (Meinung/Glaube). Episteme bezeichnete sicheres, begründetes Wissen, während doxa unsichere Vermutungen oder Meinungen meinte.
Platons Definition
Platon definierte Wissen als "gerechtfertigte wahre Überzeugung" (justified true belief).
Für ihn musste Wissen drei Bedingungen erfüllen:
Es muss wahr sein
Man muss es glauben/für wahr halten
Man muss gute Gründe dafür haben
Diese Definition blieb über 2000 Jahre lang der philosophische Standard.
Verschiedene Wissensarten
Die Griechen unterschieden auch zwischen:
Sophia - theoretische Weisheit über erste Prinzipien
Phronesis - praktische Klugheit im Handeln
Techne - handwerkliches Können und Fertigkeiten
Nous - intuitive Erkenntnis von Grundwahrheiten
Aristoteles' Beitrag
Aristoteles verfeinerte diese Konzepte und betonte, dass echtes Wissen auf Beweisen und logischen Schlüssen beruhen müsse. Er entwickelte die Grundlagen der formalen Logik als Werkzeug zur Wissensgewinnung.
Diese griechischen Konzepte legten das Fundament für die westliche Erkenntnistheorie und beeinflussen philosophische Debatten über die Natur des Wissens bis heute.
Sind Grundwahrheiten Erfahrungstatsachen oder
gehen sie darüber hinaus?
Welchen Wahrheitsbegriff hatten die Griechen?
Re: Der Hinterhältige
Bukolos schrieb am 26.08.2025 um 03:32 Uhr (Zitieren)
Bei οἶδα (und anderen Verben des Wissens und der Wahrnehmung) wird eine Handlung, die seinen Inhalt bildet, durch ein Partizip im Nominativ ausgedrückt, wenn deren Subjekt mit dem des übergeordneten Verbs übereinstimmt. D. h. "Ich weiß, dass ich nichts weiß" ist durchaus eine angemessene Übersetzung für οἶδα οὐκ ειδώς.
Re: Der Hinterhältige
Aurora schrieb am 26.08.2025 um 08:52 Uhr (Zitieren)
Danke.
Das ist aber sehr ungewöhnlich,oder?
Warum steht kein AcI oder AcP (bei direkter Wahrnehmung)
wie im Lateinischen?
In welcher Grammatik findet man etwas dazu?
Hättest du noch weitere Beispiele?
Re: Der Hinterhältige
Bukolos schrieb am 26.08.2025 um 10:58 Uhr (Zitieren)
AcP steht bei unterschiedlichen Subjekten. Nachlesen kann man das bspw. im Bornemann-Risch unter § 245 (und 244).
Was wäre die ganz wörtliche Übersetzung?
Ich verstehe die Konstruktion immer noch nicht ganz.
Mir fiele noch ein: Ich weiß mich als Nicht-Wissenden.
Kann es so verstehen? Wie nennt man ein solche Konstruktion grammatisch? Gibt es dafür einen
Fachbegriff?
Den Bornemann besitze ich nicht.
Re: Der Hinterhältige
Bukolos schrieb am 26.08.2025 um 16:04 Uhr (Zitieren)
Derartige Hilfsübersetzungen kranken daran, dass sie versuchen, zwei verschiedene semantische Systeme (Ausgangs- und Zielsprache) zur Deckung zu bringen, was nur scheinbar etwas durchsichtig macht: Schon beim Beispiel aus dem Epigramm (ἴσθι κακῶς με λέγων) funktioniert die Sache nicht mehr.
Der B-R mit seiner etwas eigenwilligen Terminologie fasst beides unter "ergänzendem Partizip als Prädikatsadjunkt". Welche Grammatik benutzt du denn?
Bukolos schrieb am 27.08.2025 um 07:01 Uhr (Zitieren)
Vielleicht fragst du einmal nach, welche der Phrasen tatsächlich in den angegebenen Textstellen vorkommt.
Re: Der Hinterhältige
Aurora schrieb am 27.08.2025 um 08:38 Uhr (Zitieren)
Ich habe mal bei KI nachgefragt.
Sie sagt, alle Angaben seien korrekt.
Zum Selbernachschauen habe ich im Moment keine Lust. Das könnte Udo tun.
Du würdest sicher nicht fragen, wenn keine Fehler enthalten wären.
Oder sind gar alle falsch?
Re: Der Hinterhältige
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 27.08.2025 um 14:59 Uhr (Zitieren)
Habe eben nur mal die beiden Phaedrus-Stellen nachgeschaut: Fehlanzeige ... zu weiterer Recherche ist mir meine Zeit zu schade.
NB: Wenn das "künstlich" in KI im Sinne von 'mit Kunst(fertigkeit)' zu verstehen sein sollte, macht sie ihrem Namen wahrlich alle Ehre ...
Re: Der Hinterhältige
Γραικύλος schrieb am 27.08.2025 um 15:37 Uhr (Zitieren)