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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der Ursprung des Sprechens (728 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 21.11.2010 um 16:11 Uhr (Zitieren)
Hierzu gibt es eine neue Theorie:
Menschen- wie Schimpansenkinder sind sehr lange von mütterlichem Beistand abhängig: Neotenie.
Im Unterschied zu den Schimpansen haben Menschen aber kein Fell mehr, an dem sich Kinder festklammern können. Daraus ergab sich für die Menschenmütter die Notwendigkeit, ihre Kinder häufiger abzusetzen, um etwa mit beiden Händen eine Wurzel ausgraben zu können. Diese räumliche Trennung überbrückten die Mütter mit beruhigendem Einsprechen.
Die 'Ammensprache' als Ursprung des Sprechens!
Dean Falk
Wie die Menschheit zur Sprache fand
Mütter, Kinder und der Ursprung des Sprechens.
München 2010
Re: Der Ursprung des Sprechens
Ὑληβάτης schrieb am 22.11.2010 um 17:55 Uhr (Zitieren)
Das ist interessant. Ist das Buch empfehlenswert? Wir haben hier "So kommt der Mensch zur Sprache" von Zimmer - ist aber schon eine Weile her, dass ich drin gelesen habe.

Wie kommen die Mütter dazu, beruhigend auf ihre Kinder einzusprechen, wenn es nicht angelegt ist?
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 18:44 Uhr (Zitieren)
Vorläufig kenne ich erst eine Rezension zu diesem Buch. Der Rezensent bemängelt, daß die Autorin die Sprache damit monokausal erkläre, statt ihre Entdeckung für einen Aspekt unter anderen zu halten. Die Gruppen- oder Treibjagd wird als weiterer vorgeschlagen.
Ich habe mir aber das Buch bestellt.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Ὑληβάτης schrieb am 22.11.2010 um 18:50 Uhr (Zitieren)
Ist das denn eine Theorie, die Theorie bleiben muss? Oder: Gibt es für irgendeine dieser Theorien ... naja, sowas wie Belege, gute Gründe?
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 18:58 Uhr (Zitieren)
"Bis heute antworten Babys auf Ablegen mit empörtem Geschrei. Was heute nervt, war in der Vor- und Frühgeschichte der Menschheit lebensgefährlich, denn der Lärm lockte Fressfeinde an. Also musste die Mutter den Nachwuchs beruhigen und signalisieren, dass sie ganz in der Nähe ist. Sie summte und sang, verwickelte ihr Baby mit Koselauten in einen spielerischen lautlichen Austausch, und irgendwann sprach sie. PTBD-Hypothese nennt Falk das - 'putting the baby down'." [aus der Rezension]
Re: Der Ursprung des Sprechens
ανδρέας schrieb am 22.11.2010 um 21:42 Uhr (Zitieren)
Logisch ist das nicht.
Ein Rehkitz liegt bei Abwesenheit der Mutter reglos im Feld , macht keinen Mucks - und wird heutzutage vom Mähdrescher überfahren.
Als es noch keine Mähdrescher gab, also in der frühen Menschheitsgeschichte, wäre dieses Verhalten also sicher sinnvoller gewesen. Zumal die Mutter sich auf ihre Tätigkeit und die Beobachtung drohender Fressfeinde hätte konzentrieren können.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 21:53 Uhr (Zitieren)
Aber wir stammen doch nicht von Rehen ab, sondern von Wesen, deren Kinder sich ans Fell der Mutter anklammern konnten. Und dann ging diese Möglichkeit verloren. Wie reagier(t)en Kinder darauf?
Re: Der Ursprung des Sprechens
Ὑληβάτης schrieb am 22.11.2010 um 21:57 Uhr (Zitieren)
PTBD ... soso.
Reagiert jedes Baby mit Protestgeschrei?
Ob Rehkitze die Sache erhellen, finde ich eher fraglich.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 22:00 Uhr (Zitieren)
Die heutigen Babys schreien, wenn sie sich verloren fühlen. Mit dem Wort "jedes" bin ich freilich vorsichtig.
Re: Der Ursprung des Sprechens
ανδρέας schrieb am 22.11.2010 um 22:04 Uhr (Zitieren)
Woher wissen wir, dass die Mütter die Kinder ablegten? Zumal dann, wenn sie sie wegen der Fressfeinde beruhigen mussten.
Was machen Menschen, wenn sie längere Zeit am Feuer sitzen?Ist diese Erklärung nicht ebenso plausibel? Die Monokausalität scheint mir auch überhaupt nicht ausreichend. Außerdem nützt es wenig, still zu sein, wenn die Löwen Witterung aufnehmen. Dieser Aspekt der verbalen "Beruhigung" scheint mir da eher nebensächlich zu sein.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Ὑληβάτης schrieb am 22.11.2010 um 22:05 Uhr (Zitieren)
Ja, das klingt nachvollziehbar.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 22:06 Uhr (Zitieren)
Eine hübsche Vorstellung: Die ersten Worte, die je von Menschen gesprochen wurden, waren: "Mama ist hier" und "Alles ist gut".
Bis dann doch der Freßfeind kam.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 22:12 Uhr (Zitieren)
Das erste Sprechen muß einen Selektionsvorteil bedeutet, d.h. die Überlebens- unhd Fortpflanzungswahrscheinlichkeit vergrößert haben.
- Kommunikation bei der Jagd: ja.
- Beruhigung von Kindern: ja. Es muß lediglich die Wahrscheinlichkeit für das Auftauchen von Freßfeinden vermindert haben, um zu 'funktionieren'. Die Kinder von sprechenden Müttern überlebten häufiger als die anderen.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Ὑληβάτης schrieb am 22.11.2010 um 22:14 Uhr (Zitieren)
Eine hübsche Vorstellung: Die ersten Worte, die je von Menschen gesprochen wurden, waren: "Mama ist hier" und "Alles ist gut".
Bis hierher ist es tatsächlich richtig romantisch. Die Sprache diente nicht dazu, ein Tier möglichst effektiv zu erlegen oder zu sagen, wer die größte Keule hat.

Oh, jetzt muss ich auf den Löwen klicken!
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 22:17 Uhr (Zitieren)
Die Wahrscheinlichkeit muß nicht einmal groß sein. Ich glaube, man hat berechnet, daß die Neandertaler schon dann ausgestorben sein könnten, wenn ihre Wahrscheinlichkeit von Erfolg bei der Nahrungssuche nur 10 % geringer war als beim Homo sapiens.
(Es ist übrigens bemerkenswert, in welchem Ausmaß heute Mathematiker die Diskussion in der Evolutionstheorie bestimmen.)
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 22:19 Uhr (Zitieren)
Dean Falk weist übrigens (immer noch laut Rezension) darauf hin, daß die Evolutionsforschung sich bisher sehr viel mit Müttern und Großmüttern befaßt hat, aber noch kaum mit der Rolle der Kinder.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Ὑληβάτης schrieb am 22.11.2010 um 22:26 Uhr (Zitieren)
Rolle der Kinder als Einfluss auf das Verhalten? Das verstehe ich nicht recht. Geht es dabei um Verhaltensevolution? Aber klar, die Sprache gehört ja wohl eher zum Verhalten. Oder?
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 22:33 Uhr (Zitieren)
Bei Großmüttern steht es so, daß die Verbindung mit den Großmüttern mütterlicherseits biologisch sinnvoller ist als die mit den Großmüttern (oder gar Großvätern) väterlicherseits - weil die Vaterschaft unsicher und die Verbreitung der eigenen Gene dadurch weniger wahrscheinlich ist.
So habe ich es mir mal erklären lassen.
Hier, bei Dean Falk, geht es also darum, ob das Sprechen mit Kindern einen Selektionsvorteil bedeutet.
Das Verhalten dient dabei der Propagation der eigenen Gene.
Re: Der Ursprung des Sprechens
ανδρέας schrieb am 22.11.2010 um 22:52 Uhr (Zitieren)
In der afrikanischen Savanne wäre ich grundsätzlich mucksmäuschenstill.
Erst in einem sicheren Versteck (Kral) oder bei der Jagd oder um Angreifer einzuschüchtern oder Hordenmitglieder zu warnen, würde ich was sagen oder schreien. Vielleicht war der Schrei überhaupt das erste Wort. Das konnten die Affen auch.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Ὑληβάτης schrieb am 22.11.2010 um 23:02 Uhr (Zitieren)
Die Kinder der Eltern, die mit ihren Kindern sprechen, überleben häufiger/länger und pflanzen sich deswegen besser fort. So?
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 23:06 Uhr (Zitieren)
Braucht man nicht auch beim Sammeln von Früchten beide Hände? Die eine Hand pflückt, während die andere die gepflückten Früchte hält. Auf dem Rückweg ins Lager ist die Pflückhand dann wieder für den Säugling frei.
Außerdem kann Säuglingsgeschrei den Vorteil einer günstigen Windrichtung zunichtemachen.

Auf der anderen Seite stimme ich Andreas zu, daß auch das Sprechen von Müttern den Freßfeinden Hinweise gibt. Es ist freilich nicht so laut wie das Schreien ungetrösteter Kinder.
Biologisch wäre freilich so oder so ein Selektionsdruck in Richtung stille Säuglinge zu erwarten.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 23:08 Uhr (Zitieren)
Die Kinder der Eltern, die mit ihren Kindern sprechen, überleben häufiger/länger und pflanzen sich deswegen besser fort. So?

So ist es wohl gemeint. Auf diese Weise breitet sich ein vorteilhaftes Verhalten über Generationen hinweg aus, bis alle Individuen der Spezies es an den Tag legen.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 23:14 Uhr (Zitieren)
Vor etlichen Jahren ist einmal eine Autorin (Elaine Morgan) mit der Hypothese an die Öffentlichkeit getreten, daß wir den aufrechten Gang, den Fellverlust und den Werkzeuggebrauch den Weibchen verdanken: Während die Männchen sich relativ gut gegen Feinde verteidigen konnten (sie zieht als Vergleich die Paviane heran), mußten Weibchen mit ihren Jungen ins Wasser flüchten, wohin ihnen Raubkatzen ungern folgten. Dies war um so erfolgreicher, je tiefer sie ins Wasser gingen. Und aufrecht kann man nun mal tiefer ins Wasser gehen. Der häufige Aufenthalt im Wasser habe zum Fellverlust geführt (wie bei den Delphinen), und dann hätten sie dort auch noch Nahrung gefunden, die sie mit Werkzeugen knacken konnten: Muscheln etc.
(Elaine Morgan: "The Descent of Women", in Anspielung auf Darwins Titel "The Descent of Man")
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 23:16 Uhr (Zitieren)
Als archäologischen Beleg nennt sie den Umstand, daß die ältesten Werkzeuge Kiesel waren.
Aber das kann ich nicht überprüfen.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 22.11.2010 um 23:20 Uhr (Zitieren)
Ein stammesgeschichtlicher Vorteil von Frauen dürfte unbestritten sein: die Unsicherheit der Vaterschaft. Verwandtschaftsverhältnisse kann man realistischerweise und ohne Zwang zu monogamem Verhalten nur über die weibliche Linie festlegen.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Ὑληβάτης schrieb am 22.11.2010 um 23:34 Uhr (Zitieren)
Vorteil durch oder Vorteil für Frauen? Oder waren die Frauen der Vorteil?

Fünf Text in vierzehn Minuten: Food for thought!
Re: Der Ursprung des Sprechens
ανδρέας schrieb am 23.11.2010 um 22:17 Uhr (Zitieren)

Wer hat eigentlich die Schrift erfunden? Ein Mann oder eine Frau? Ich vermute, es war ein Mann. Vielleicht wollte er damit endlich mal seiner Frau beweisen, dass er etwas bestimmtes ganz genau so gemeint hat, wie er es gesagt hatte und keinesfalls anders, abgewandelt oder überhaupt nicht. Der Mann muss das geschriebene Wort erfunden haben - die Frau das Wörterbuch ...
Re: Der Ursprung des Sprechens
Πέγασος schrieb am 24.11.2010 um 12:11 Uhr (Zitieren)
Daraus ergab sich für die Menschenmütter die Notwendigkeit, ihre Kinder häufiger abzusetzen, um etwa mit beiden Händen eine Wurzel ausgraben zu können.


Mussten die Mütter ihre Kinder wirklich absetzen? Haben die Menschen damals mit dünner werdendem Fell nicht auf das Fell anderer Lebewesen zurückgegriffen (Kleidung). Ich denke, die Mütter damals haben ihre Kinder am Körper getragen, sich auf den Rücken oder vor den Bauch gebunden, so wie das auch heute noch bei vielen Naturvölkern üblich ist. So waren die Säuglinge auch vor am Boden krabbelnden Insekten und anderen Kleinviechern sicher.
Dass die Menschen, pardon, die Mütter sprechen lernten, um ihre abgesetzten Säuglinge zu beruhigen, halte ich für ein schwaches Argument.

Es gibt erstaunlich viele Theorien über den Anfang der Sprache: das Singen, begleitendes Grunzen beim Gestikulieren, emotionale Lautäußerungen, kollektive Aufgaben (wie die Jagd)....
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 24.11.2010 um 12:42 Uhr (Zitieren)
Das mit der Kleidung und dem Tragetuch ist ein Argument. Man könnte übrigens bei verschiedenen Stämmen zu unterschiedlichen Lösungen des Säuglingsproblems gekommen sein.

Eine Kollegin sagte heute zu der Jagdtheorie: "Das ist sehr männlich gedacht." Ähnlich männlich gedacht wie die Theorie, daß wir unsere Entwicklungstendenz zur größerer Intellgienz bzw. größerem Gehirn der Technik verdanken.

Das Modell von Frau Falk beeindruckt mich einfach deshalb, weil es die ganze Frage einmal von einer anderen Seite her aufzieht, einer weiblichen.

Aber stimmen muß es deshalb noch nicht.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Πέγασος schrieb am 24.11.2010 um 14:51 Uhr (Zitieren)
Das Modell von Frau Falk beeindruckt mich einfach deshalb, weil es die ganze Frage einmal von einer anderen Seite her aufzieht, einer weiblichen.


Das ehrt Dich! :-)
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 24.11.2010 um 15:59 Uhr (Zitieren)
Danke. [Lächeln]
Wenn ich darüber nachdenke, meine ich, daß dies eine Einsicht der Männer meiner Generation ist, daß es nämlich eine spezielle weibliche Perspektive auf die Welt auch in der Wissenschaft gibt. Nicht daß es weibliche Forschungsergebnisse gäbe (so wenig wie eine 'jüdische Physik'); vielmehr gibt es andere Fragestellungen und manchmal spezifische Forschungsmethoden.

Ich habe einmal ein Photo gesehen, auf dem Männer an Deck eines Schiffes tote [sic!] Fische in die Kamera hielten. Die Bildunterschrift lautete: "Biologen erforschen das Leben [sic!] im Meer."
Das kam mir schon sehr männlich vor.

Als ich das erste Mal ein Seminar mit dem Thema "Frauen in der Philosophie" angeboten habe, wurde ich zwecks Rechtfertigung zum Dekan zitiert.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 26.11.2010 um 15:46 Uhr (Zitieren)
Das Buch ist da.
Die Argumentation ist gegenüber der Rezension- wen wundert's? - doch sehr viel komplexer.
Re: Der Ursprung des Sprechens
Πέγασος schrieb am 26.11.2010 um 21:42 Uhr (Zitieren)
Ich bin auf Deine Meinung gespannt, wenn Du mit dem Buch fertig bist. :-)
Re: Der Ursprung des Sprechens
Γραικίσκος schrieb am 26.11.2010 um 22:28 Uhr (Zitieren)
Gut. Dann schiebe ich ein paar andere Bücher nach hinten und lese dieses als erstes.
Schließlich war auch dies ein Traum von mir: daß eine von Frauen bestimmte Welt besser sei als eine von Männern bestimmte.
Daß die ersten Sätze der Sprache der Trost einer Mutter für ihr Kind gewesen sein sollte, ist eine sehr schöne Vorstellung.
 
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