Γραικίσκος schrieb am 09.05.2009 um 22:45 Uhr (Zitieren)
Überliefert ist eine Rezeptsammlung aus Arsinoites vom Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr.
Darin findet sich:
(Griechische Papyri aus Ägypten. Hrsg. von J. Hengstl. München 1978, S. 271 f.)
Falls ein Arzt unter uns ist, könnte das vielleicht seine Praxis bereichern. Könnte er mir dann auch andeuten, wofür oder wogegen dieses Pflaster gedacht ist?
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Bibulus schrieb am 10.05.2009 um 00:33 Uhr (Zitieren)
Das Problem ist, die (moderne) botanische
Nomenklatur muß nicht zwangsläufig genau
die im Rezept aufgeführten Pflanzen bezeichnen...
(Vielleicht ist es ja ein antikes Rezept zur Herstellung von LSD?)
Das wäre allerdings fatal...
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Βοηθός Ἑλληνικός schrieb am 10.05.2009 um 08:27 Uhr (Zitieren)
@Γραικίσκος:
Die damalige Medizin war eine Erfahrungsheilkunde. Man kann aber die Wirksamkeit dieses "Wundpflasters/salbe" schon nachvollziehen:
-> wirkt desinfizierend und keimtötend (wir verwenden heute noch silberhaltige Salben und Gitter bei Verbrennungen und bei einem Ulcus cruris z.B.)
-> wirkt adstringierend, wurde bei schlecht heilenden Wunden verwendet.
-> wurde als Heil-, Färbe-,Würz-, und Duftmittel verwendet (bei schlechten Gerüchen)
-> schmerzstillend, ist die Ursprungspflanze für die Morhingewinnung (auch heute werden Morphidervate über die Haut in der Tumortherapie angewendet (Fentanyl-Pflaster z.B.)
-> Stabilisator, als Kleber wirsam
Meine Bücher bei solchen Fragen sind: Teedrogen und Phytopharmaka (Max Wichtl) Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen - Verlag DAS BESTE
Das war jetzt etwas ausführlich, aber ich bin halt Mediziner ;-)
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Βοηθός Ἑλληνικός schrieb am 10.05.2009 um 08:28 Uhr (Zitieren)
Βοηθός Ἑλληνικός schrieb am 10.05.2009 um 08:38 Uhr (Zitieren)
Und hier noch ein interessanter Auszug zu Safran:
.....Auf den Papyrusrollen von Ebers, in Homers Ilias und im Hohelied von Salomos wird Safran als eine wichtige Heilpflanze erwähnt. Dioskorides verordnet Safran z.B. als krampflösendes Mittel....
329 Quelle: Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen, das BESTE -Verlag Seite 329: Echter Safran - Crocus satavus
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Γραικίσκος schrieb am 10.05.2009 um 11:14 Uhr (Zitieren)
Das war aber eine ausführliche Auskunft! Jetzt kann ich mir die Wirkung vorstellen. Danke.
Mir macht es Freude, mal wieder in griechischen Texten zu schmökern, und ich glaube, Dir ebenfalls.
:-)
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Ὑληβάτης schrieb am 10.05.2009 um 11:18 Uhr (Zitieren)
Welche Wirkung würde das denn haben?
Ist das eine Salbe für schlecht heilende Wunden, die schmerzen?
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Βοηθός Ἑλληνικός schrieb am 10.05.2009 um 11:41 Uhr (Zitieren)
@Ὑληβάτης :
Das Salbenrezept kann man sich von den Inhaltsstoffen her gut als Salbe für schlecht heilende Wunden, oder bei einem Ulcus cruris (offenes Bein, Geschwür) zur Wundheilungsanregung/Desinfektion oder auch bei Schürfwunden mit Infektionsneigung oder auch bei schmerzenden Prellungen vorstellen....
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Ὑληβάτης schrieb am 10.05.2009 um 11:46 Uhr (Zitieren)
Auch bei einem Beckenbruch?
Ich wollte damit nur zu einer Frage überleiten, auf die ein Schüler mich gebracht hat. Er meinte, "rectum" wäre das Becken. Da habe ich als alter Zivi ihm (zu Recht?) widersprochen - und habe mich gefragt, wie denn das Becken auf medizinisch heißt.
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Βοηθός Ἑλληνικός schrieb am 10.05.2009 um 11:50 Uhr (Zitieren)
Das ist gut!!
"rectum" -> Enddarm
"Becken" allgemein -> pelvis
Aber das Rectum ist ja anatomisch in Beckennähe ;-))
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Ὑληβάτης schrieb am 10.05.2009 um 11:56 Uhr (Zitieren)
Ich war mir sicher, dass er mit Rectalbruch einen pubertären Scherz machen wollte!
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Βοηθός Ἑλληνικός schrieb am 10.05.2009 um 11:59 Uhr (Zitieren)
@Ὑληβάτης :
Übrigens die knöcherne Makroskopische Anatomie des Beckens ist auch interessant für deine Lateinschüler. Ich erinnere mich noch an unseren Anatomiekurs an der Leiche als wir die knöchernen Bestandteile des Beckens lernen müssten...das war aufwendig *schwitz*
Ich habe mal den Sobotta (Atlas Anatomie) aufgeschlagen:
Allein das Hüftbein, Os coxae von lateral dorsal abgebildet, hat 33 lateinische Knochenbezeichnungen an einem Knochen...;-)
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Βοηθός Ἑλληνικός schrieb am 10.05.2009 um 12:08 Uhr (Zitieren)
Übrigens....die allgemeine medizinische Bezeichnung für Beckenbruch ist fractura pelvis ...
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Γραικίσκος schrieb am 10.05.2009 um 14:44 Uhr (Zitieren)
Überraschend war für mich in diesem Zusammenhang auch die Verwendung von ἀρετή. Aus dem Zusammenhang und einer Parallelstelle wird ganz deutlich, daß "Pflaster" hierfür die Übersetzung sein soll.
Das Wort kann, so habe ich im Pape gefunden, auch die σώματος ἀρετή im Sinne von ὑγίεινα bedeuten; aber "Pflaster" findet sich weder dort noch im Passow.
Re: Ein Rezept aus der Ptolemäerzeit
Βοηθός Ἑλληνικός schrieb am 10.05.2009 um 20:21 Uhr (Zitieren)
Ich denke ἀρετή ist ein übertragener Begriff für Pflaster. Ich habe auch keine direkte Entsprechung gefunden. Interessant ist diese Bedeutungszusammenstellung von ἀρετή: http://homepage.univie.ac.at/peter.klien/php/wp-content/uploads/ref/mi_07d_arete_kauer.pdf
Man konnte da das Gutsein...an Gesundheit, Gedeihen... noch mit Pflaster in Verbindung bringen.
Übrigens, aufgrund der bekannten griechischen Ärzte, habe ich einige Übersetzungen für Pflaster, Verband gefunden:
τὸ ἔμπλαστρον hat mir sehr gut gefallen ;-)