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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Platon, Aristoteles und Israel (870 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 15.04.2011 um 14:45 Uhr (Zitieren)
Eine frühere Schülerin von mir studiert an einer israelischen Universität und soll dort eine Arbeit darüber schreiben, wie Platon oder Aristoteles einen der Grundkonflikte des Staates Israel (die Gründung, einer der Kriege o.ä.) beurteilt hätten.

Ich stehe vor einem Rätsel. Natürlich könnte man die Frage des Präventivkrieges oder das Recht eines Volkes auf ein eigenes Land diskutieren. Aber haben Platon oder Aristoteles sich dazu geäußert? Ich wüßte nicht.

Fällt jemandem etwas dazu ein?
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Arborius schrieb am 15.04.2011 um 17:08 Uhr (Zitieren)
Ist das eine "gestaltende Aufgabe", oder eine Transferaufgabe? Wobei mir gerade einfällt, dass in der Gestaltung immer ein Transfer liegt.

Müssen denn Platon oder Aristoteles ganz konkret Fragen dazu thematisiert haben, oder kann sie auch "auf deren Linie" eine eigentlich fremde Frage beantworten?
Hat nicht Aristoteles etwas über Krieg an sich geschrieben? Hatten wir uns nicht mal über den "gerechten Krieg" unterhalten?
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Γραικίσκος schrieb am 15.04.2011 um 17:13 Uhr (Zitieren)
Sie darf wohl auch 'auf deren Linie' interpretieren.
Von Aristoteles sind einige Schriften verloren, in denen er sich über Krieg geäußert haben könnte, z.B. ein Werk über Alexander d. Gr.
In der "Politik" äußert er sich nicht dazu - da geht es um den gerechten Staat: in sich gerecht, nicht gegenüber anderen πόλεις. Jedenfalls soweit ich sehe. Platon im "Staat" geht es ebenfalls um dieses Thema.
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Γραικίσκος schrieb am 15.04.2011 um 17:18 Uhr (Zitieren)
Ab morgen werde ich mich wieder zum Urlaub in Arborius-Country befinden - wenn auch hoffentlich mit Internet-Verbindung ... auch nach Israel.
Doch nur heute noch kann ich in meinen Büchern nachschauen.
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Γραικίσκος schrieb am 15.04.2011 um 17:57 Uhr (Zitieren)
Michael Walzer in seinem Standarwerk ("Gibt es den gerechten Krieg?") bezieht sich, was die Antike angeht, nur auf Thukydides.
Re: Platon, Aristoteles und Israel
ανδρέας schrieb am 15.04.2011 um 18:56 Uhr (Zitieren)
Nach Platon sind Kriege immer Wohlstandskriege und haben also eine wirtschaftliche Zielsetzung. Wenn Staaten oder Regierungen abgewirtschaftet haben, beginnen sie einen Krieg.
Platon, Der Staat , 373d4 ff. , Entstehung von Krieg: πολέμου γένεσις
Καὶ ἡ χώρα γέ που, ἡ τότε ἱκανὴ τρέφειν τοὺς τότε, σμικρὰ δὴ ἐξ ἱκανῆς ἔσται. ἢ πῶς λέγομεν;
Οὕτως, ἔφη.
Οὐκοῦν τῆς τῶν πλησίον χώρας ἡμῖν ἀποτμητέον, εἰ μέλλομεν ἱκανὴν ἕξειν νέμειν τε καὶ ἀροῦν, καὶ ἐκείνοις αὖ τῆς ἡμετέρας, ἐὰν καὶ ἐκεῖνοι ἀφῶσιν αὑτοὺς ἐπὶ χρημάτων κτῆσιν ἄπειρον, ὑπερβάντες τὸν τῶν ἀναγκαίων ὅρον;


„Also müssen wir uns vom Gebiet des Nachbarn etwas abtrennen, wenn wir genügend Land für Weide und Acker haben wollen, und die Nachbarn machen es ebenso bei uns, wenn auch sie sich dem endlosen Drang nach Besitz ergeben und die Grenze des Notwendigen überschreiten."

Damit sagt er nicht, ob Krieg gut oder schlecht ist, nur, wie er entsteht.


Re: Platon, Aristoteles und Israel
Γραικίσκος schrieb am 15.04.2011 um 19:29 Uhr (Zitieren)
Ja.
Das paßt nicht gut auf Israels Kriege seit 1948, nicht wahr? Allenfalls auf die aktuelle Siedlungspolitik.
Natürlich ging es 1948 um Land, aber um Land für ein zerstreutes und verfolgtes Volk.
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Γραικίσκος schrieb am 15.04.2011 um 19:31 Uhr (Zitieren)
Wie hätte Platon auch die Geschichte des jüdischen Volkes ahnen und darauf Bezug nehmen sollen?
Re: Platon, Aristoteles und Israel
ανδρέας schrieb am 15.04.2011 um 20:00 Uhr (Zitieren)
Obwohl nur 3 Prozent des Jordanbeckens in Israel liegen, sichert der Fluss 60 Prozent des israelischen Wasserbedarfs.

Zugang zu Wasser war eine der Voraussetzungen für die Gründung des Staates Israel. "Es ist unerlässlich, dass die Wasserressourcen, von denen die Zukunft des Landes abhängt, nicht außerhalb der Grenzen der künftigen jüdischen Heimstätte liegen", schrieb 1973 Israels früherer Ministerpräsident David Ben Gurion. Und weiter: Aus diesem Grund haben wir stets verlangt, dass das Land Israel das Südufer des Litani-Flusses, den Oberlauf des Jordan und die Hauran-Region ab der El-Aura-Quelle südlich von Damaskus umfasst.
Der Konflikt um Wasser begann 1948, ...

aus
http://sandimgetriebe.attac.at/4804.html

Wasser ist die Voraussetzung aller Wirtschaft ...
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Γραικίσκος schrieb am 15.04.2011 um 20:09 Uhr (Zitieren)
Das ist vielleicht ein Ansatz. Ich habe dies einmal als Link nach Israel geschickt.

Allerdings, wie Du schon schreibst, Andreas, beurteilt Platon diese Tendenz nicht, d.h. er bezieht sie nicht auf seine Ethik.
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Arborius schrieb am 16.04.2011 um 14:13 Uhr (Zitieren)
Hey, Arborius-Ländle! :-)

Muss es denn so sein, dass Platon sozusagen die Konflikte, die Israel hat(te), schon "vorausgesagt" haben soll?
Re: Platon, Aristoteles und Israel
ανδρέας schrieb am 16.04.2011 um 17:13 Uhr (Zitieren)
ἐν δὲ τοῖς βαρβάροις τὸ θῆλυ καὶ τὸ δοῦλον τὴν αὐτὴν ἔχει τάξιν. αἴτιον δ' ὅτι τὸ φύσει ἄρχον οὐκ ἔχουσιν, ἀλλὰ γίνεται ἡ κοινωνία αὐτῶν δούλης καὶ δούλου. διό φασιν οἱ ποιηταὶ "βαρβάρων δ' ῞Ελληνας ἄρχειν εἰκός" …


Bei den Barbaren hat allerdings das Weibliche und das Dienende den selben Rang. Der Grund: ihnen fehlt das seiner Natur nach Herrschende; ihre Gemeinschaft entsteht aus Dienerin und Diener. Daher sagen die Dichter: "Über Barbaren herrschen Griechen zu Recht"...

Aristoteles, Politik 1252b

Aristoteles unterscheidet Herrschende und zur Sklaverei bestimmte Barbaren.
Weder bei Platon, noch bei Aristoteles scheinen mir heutige Begrifflichkeiten über Mensch und Krieg anwendbar zu sein.
Wäre Aristoteles Israeli hätte er wohl gesagt: Palestinenser sind dazu bestimmt, Diener zu sein. Platon hätte gesagt: der Krieg ist wegen der Ressourcen (Wasser, Ackerland) erforderlich . Beide hätten Israels Kriege sicher befürwortet, wenn man ihre griechische Identität gegen die israelische austauscht.
Krieg als Mittel der Durchsetzung eigener Interessen ist für A. und P. m.E. kein Problem. Aber es ist eigentlich nicht sinnvoll, die Sichtweise einfach zu übertragen.
Dafür sind die Lebensumstände zu unterschiedlich. Das ist Spekulation. Wie hätten sie mit dem heutigen Wissen überhaupt gedacht? Man weiß es nicht.

Re: Platon, Aristoteles und Israel
Γραικίσκος schrieb am 16.04.2011 um 21:10 Uhr (Zitieren)
Weder Platon noch Aristoteles hätten zionistisch oder in der Weise orthodoxer Juden gedacht - sie haben in der Weise ihrer eigenen Kultur und Epoche argumentiert.
Man kann kultur- und epochenübergreifend nur kultur- und epochenübergreifende Probleme diskutieren, wozu der Kampf um das von Gott verheißene Land wohl nicht gehört.
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Ὑληβάτης schrieb am 17.04.2011 um 10:14 Uhr (Zitieren)
Man kann kultur- und epochenübergreifend nur kultur- und epochenübergreifende Probleme diskutieren, wozu der Kampf um das von Gott verheißene Land wohl nicht gehört.

Entweder sehe ich gerade nicht, wie man überhaupt so eine Arbeit schreiben könnte, oder ich frage mich, ob das Problem des Krieges gegen ein Nachbarvolk nicht ein kultur- und epochenübergreifendes Problem ist. Im zweiten Fall müsste sie Stellen suchen, nach denen sich die heutigen "Probleme" bewerten lassen, wenn z.B. Aristoteles die Ausweitung des Landes oder die Verteidigung/den Angriff auf ein benachbartes Volk gutheißt oder nur bestimmte Anlässe gelten lässt, oder?
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2011 um 10:35 Uhr (Zitieren)
Das Problem des Krieges (gegen ein Nachbarvolk) ist gewiß ein kultur- und epocheübergreifendes Phänomen, aber die Motive der Zionisten (Heimstatt vor Verfolgung) und der orthodoxen Juden (das von Gott verheißene Land) erscheinen mir dermaßen speziell, daß ich nicht annehmen kann, Platon oder Aristoteles hätten irgendetwas Relevantes dazu gesagt.
Vielleicht soll die Studentin gerade diesen Unterscheid herausarbeiten? Was sie mir mitgeteilt hat, klang freilich nicht so.
Ich habe ihr meine Gedanken geschrieben und sie auch auf die hiesige Diskussion aufmerksam gemacht. Mal abwarten, was sie antwortet.
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Ὑληβάτης schrieb am 17.04.2011 um 11:01 Uhr (Zitieren)
Dann hältst Du die Aufgabenstellung für nicht angemessen, wenn die genannten Motive wichtig sind. Wenn es aber um Gründung/Kriege ohne Betrachtung der Motive ... oder kann man da nichts weglassen?

Wie ist das Wetter im Ländle so?
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Γραικίσκος schrieb am 17.04.2011 um 12:52 Uhr (Zitieren)
Wenn man an Israels Kriegen alles spezifisch Jüdische wegläßt, dann bleibt als überzeitliches Motiv der Konflikt um Siedlungsland, nicht wahr? Ein Land, das Palästinensern weggenommen wurde bzw. wird.
Fragt man aber nach der Rechtfertigung dieses Vorgehens, dann kann man das spezifisch Jüdische nicht mehr weglassen: Heimstatt oder Gottes verheißenes Land.
Allenfalls könnte man den Sechs-Tage-Krieg noch als Präventivkrieg rechtfertigen. Aber auch damit haben sich Platon und Aristoteles doch nicht befaßt, oder?

Heute werden (a) Verteidigungskrieg, (b) Präventivkrieg und (c) Interventionskrieg als gerechte Kriege diskutiert; aber ich kenne keine antike Grundlage dafür.

***

Das Wetter im Ländle könnte 2 bis 3° C wärmer sein zum Wohlfühlen. Aber ich genieße vor allem das völlige Fehlen von irgendwelchen Verpflichtungen, die sonst mein Leben bestimmen.
Das wünsche ich anderen auch, als gelegentliche Abwechslung.
Re: Platon, Aristoteles und Israel
ανδρέας schrieb am 18.04.2011 um 19:38 Uhr (Zitieren)
Die Frage war ja:

… wie Platon oder Aristoteles einen der Grundkonflikte des Staates Israel (die Gründung, einer der Kriege o.ä.) beurteilt hätten.


M.E. ist die o.a. Ausgangsfrage albern. Zu welchem Ergebnis soll eine (vermutlich deutsche !) Studentin an einer israelischen Universität kommen, wenn sie nicht mit Schimpf und Schande verjagt werden will? Die Aufgabe hätte ich abgelehnt (wegen Befangenheit oder Heimweh …).

Ob der Unabhängigkeitskrieg 1948 ein Verteidigungskrieg, der Suez-Krieg 1956 oder der Sechs-Tage Krieg 1967 ein Präventivkrieg, der der Yom-Kippur Krieg ein Verteidigungskrieg, der Libanon-Krieg ein Präventivkrieg oder ein Angriffskrieg etc . … waren, ist doch Definitionssache. Und Definitionen sind nicht richtig oder falsch, sondern zweckmäßig oder unzweckmäßig. Da wird jede Partei gemäß der eigenen Interessen argumentieren und die sachliche Notwendigkeit ihrer Handlungsweise unterstreichen. Die besten Argumente hat da immer der Gewinner des Krieges. Und heute – und das schon seit längerer Zeit – haben wir dort einen Guerilla-Krieg. Den kann die israelische Armee im klassischen Sinne kaum „gewinnen“, denn für die Guerilla-Kämpfer reicht es ja schon aus, die eigene Existenz und Handlungsfähigkeit zu behaupten und auf die langfristige Zermürbung zu hoffen.
Wenn man die Ausgangsfrage auf den kleinsten gemeinsamen Nenner bringt, wird man immer das Existenzrecht eines Staates anführen. Und da hätte wohl keiner ein Argument dagegen und man kann sich auf Aristoteles oder Platon auch irgendwie beziehen.
Augustinus hat den „gerechten Krieg“ in Gottes Namen befürwortet, die Päpste die Kreuzzüge. Die Genfer Konvention(nen) erlaubt den Verteidigungskrieg. Geschichtsbücher werden ja von den „Gewinnern“ geschrieben. Wo ein Wille (Interesse) ist, ist auch ein Weg.
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Γραικίσκος schrieb am 18.04.2011 um 19:48 Uhr (Zitieren)
Die Studentin ist schon Israelin, auch wenn sie in Deutschland zur Schule gegangen ist.

Von den genannten Kriegen kann ich mich vor allem an den Sechs-Tage-Krieg erinnern: Da hatte Nasser sehr deutlich (und vollmundig) einen Krieg angekündigt, für den er aber noch nicht bereit war. Da dachten sich die Israelis wohl (verständlicherweise): Warum sollen wir abwarten, bis Ägypten kriegsbereit ist?
Das ist in etwa ähnlich dem heutigen Verhalten von Irans Ahmadineschad, der ja auch mehr als einmal angekündigt hat, die Israelis gehörten ins Meer vertrieben. Sollen die jetzt warten, bis er seine Atombombe hat?

Ich verstehe im Grunde Palästinenser ebenso wie Israelis. Nur diese Aufgabenstellung, auf antike Philosophie bezogen, die verstehe ich nicht.
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Γραικίσκος schrieb am 20.04.2011 um 19:28 Uhr (Zitieren)
Unter diesem Titel habe ich die Arbeit jetzt erhalten:
"An interpretation of Israel's formation of a people's army in the view of Plato."

Das muß ich mir nun in Ruhe durchlesen.
Re: Platon, Aristoteles und Israel
ανδρέας schrieb am 20.04.2011 um 20:24 Uhr (Zitieren)
In Politeia, 374 c, d spricht sich Plato eher für ein professionelles Heer aus, weil jemand, der sich nur gelegentlich mit dem Militärdienst befasst, nicht ausreichend qualifiziert ist. Er spricht sich ja für eine klare Arbeitsteilung in der Polis aus. (z.B. Herrschaft der "Besten" etc.)

Das entspricht nicht unbedingt der israelischen Idee des Bürgerheeres mit Wehrpflicht, wo jeder – ganz im Sinne Scharnhorsts und Gneisenaus – der Verteidiger des Landes sein soll.
Re: Platon, Aristoteles und Israel
Γραικίσκος schrieb am 21.04.2011 um 15:33 Uhr (Zitieren)
Auch nach Lektüre der Arbeit denke ich, daß es da keine Kompatibilität gibt zwischen Platon und der israelischen Armee.
Höchstens könnte man im Sinne Platons kritisch fragen, ob es irgendeinen Sinn ergibt, Menschen zum Wehrdienst zu zwingen, deren Fähigkeiten nun wirklich in einem völlig anderen Bereich liegen.
(Manchmal denke ich mit Trauer an die bedeutenden Maler und Dichter, die im Ersten Weltkrieg verheizt worden sind für einen Zweck, zu dem sie sicherlich nur ganz Unwesentliches beizutragen vermochten.)
 
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