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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Gestische Ursprache (780 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2011 um 11:32 Uhr (Zitieren)
Sprachfamilien unterscheiden sich voneinander auch durch die Stellung der Wörter im Satz: Während manche Sprachen etwa das Verb ans Ende stellen, ist diese Position bei anderen dem Objekt vorbehalten. Amerikanische Forscher haben jetzt in einer in PNAS (1) publizierten Studie gezeigt, dass trotzdem alle Menschen beim Gestikulieren dieselbe Grammatik benutzen. Dazu ließen sie die Teilnehmer aus verschiedenen Kulturkreisen eine zuvor als Video gesehene Szene erst nacherzählen und dann gestisch abbilden. Unabhängig von ihrer Muttersprache wählten sie dieselbe Reihenfolge: Subjekt – Objekt – Verb.

(FAZ vom 6.7.2008)

(1) Proceedings of the National Academy of Science
Re: Gestische Ursprache
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2011 um 15:58 Uhr (Zitieren)
Das hat mich sehr überrascht. Ich hätte gewettet, daß an S-P-O gewöhnte Sprecher diese Struktur auch bei ihren Gesten verwenden.
Re: Gestische Ursprache
ανδρέας schrieb am 11.05.2011 um 18:23 Uhr (Zitieren)
Interessant ist dieser Artikel:

http://www.sueddeutsche.de/wissen/kommunikation-schimpansen-haben-zeichensprache-1.1094205

Man vermutet, dass sich die Sprache aus Gesten entwickelt hat - und die gebrauchen auch unsere Verwandten und natürlich wohl auch deren und unsere Vorfahren.
Re: Gestische Ursprache
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2011 um 20:17 Uhr (Zitieren)
Du meinst, weil die Gestik aus unserer Zeit als Primaten stammt, ist sie bei allen homines sapientes gleich?
Re: Gestische Ursprache
ανδρέας schrieb am 11.05.2011 um 21:04 Uhr (Zitieren)

Ja, zumindest die Grundformen, denke ich. Was funktioniert, wird weitervererbt (Evolution).
Re: Gestische Ursprache
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2011 um 21:08 Uhr (Zitieren)
Bemerkenswert dann, daß die Sprachen sich von dieser gemeinsamen Struktur emanzipiert haben.
Re: Gestische Ursprache
ανδρέας schrieb am 11.05.2011 um 21:38 Uhr (Zitieren)
eine zuvor als Video gesehene Szene


Vielleicht legte die "eine" Szene ja die Subjekt-Objekt-Verb Abfolge so nahe, dass keiner davon abwich. Wenn ich gestisch andeute, ins Bett zu gehen, deute ich mit dem Daumen auf mich (Subjekt), bewege Zeige- und Mittelfinger, um "gehen" anzudeuten (Verb) und lege meinen Kopf seitlich auf meine eine "Liege" andeutenden zusammengeklappten Hände (Objekt). Ich würde die Versuchsanordnung gerne mal sehen, aber vielleicht bin ich ja nicht normal.
Re: Gestische Ursprache
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2011 um 21:47 Uhr (Zitieren)
Ist "auf meine Liege" hier nicht eine adverbiale Ergänzung, kein Objekt?
Aber wenn Du Deine Frau gestisch aufforderst: "Reich mir das Fett des Vergessens!" (i.e. die Butter), in welcher Reihenfolge stellst Du dann den dar, der bittet, den, der gebeten wird, das Bitten und das, was erbeten wird?
Re: Gestische Ursprache
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2011 um 21:54 Uhr (Zitieren)
Du mußt ja die Bitte um das Fett des Vergessens unmißverständlich unterscheiden von dem Angebot, es ihr zu reichen.
Re: Gestische Ursprache
ανδρέας schrieb am 11.05.2011 um 21:57 Uhr (Zitieren)
Ja, das ist korrekt, aber es wäre wichtig, die Szene zu kennen. Wenn z.B. das Objekt schon auf das Verb hindeutet, wird man zuerst das Objekt bezeichnen und dann das, was man damit tut. Oder das Verb soll betont werden und wird deshalb zuletzt verwendet. Das ist eindeutiger.
Bei deinem Beispiel würde ich auf meine Frau deuten, dann "herwinken" und auf die Butter zeigen, ggf. auch zuerst auf die Butter deuten.
Mein Beispiel mit dem Bett hat meine Frau übrigens , wie ich, in der Reihenfolge S- V-O (wohin? -->Bett) gestisch dargestellt (empirischer Versuch).
Re: Gestische Ursprache
Γραικίσκος schrieb am 11.05.2011 um 22:03 Uhr (Zitieren)
"Ich - schlafen - im Bett" würde ich ebenfalls in dieser Reihenfolge ausdrücken. Wir verbreitern die empirische Basis.
Re: Gestische Ursprache
ανδρέας schrieb am 11.05.2011 um 22:11 Uhr (Zitieren)

Mir scheint auch die zeitliche Reihenfolge wichtig zu sein: Mann schießt Pfeil ab.
1. Deutung auf das Subjekt (Mann)
2. Pfeil gestisch beschreiben
3. abschießen des Pfeils zeigen (Bogen spannen und loslassen)
Da macht es keinen Sinn, zuerst den Bogen zu spannen, weil das ja den Pfeil schon beinhaltet. Man muss also zuerst den Pfeil irgendwie beschreiben, ihn einlegen und dann abschießen. Die Handlung selbst (durch das Verb beschrieben) ist zwingend zuletzt darzustellen.
Wie gesagt, eine Frage der Versuchsanordnung.
Wurde "die Szene" beschrieben?
Re: Gestische Ursprache
Γραικίσκος schrieb am 12.05.2011 um 08:12 Uhr (Zitieren)
Nein, das wr der komplette Artikel. Mehr steht sicher in den PNAS.
Re: Gestische Ursprache
Ὑληβάτης schrieb am 12.05.2011 um 08:48 Uhr (Zitieren)
Soweit ich weiß, sagte Chomsky, und das kann man immer wieder sehen, dass Kinder so etwas wie eine Sprachmatrix im Kopf haben, die sich von der späteren Muttersprache unterscheiden kann. Viele Kinder benutzen z.B. die falsche Verneinung ("nein" statt "nicht") oder bilden Formen falsch. Beides können sie nicht gehört haben, sodass man meinen muss, dass sie eine Sprache nicht nachahmen, sondern aufgrund von nur ihnen bekannten Regeln bilden.
Könnte das zusammenhängen?
Re: Gestische Ursprache
Γραικίσκος schrieb am 12.05.2011 um 09:42 Uhr (Zitieren)
Gerade gestern berichtet die FAZ über ein groß angelegtes Forschungsprojekt zur Suche nach Universalien - interessanterweise gerade zum Aspekt der Wortreihenfolge (wenn Verb vor Objekt, dann auch Prä- statt Postposition und Genitiv vor Bezugswort ... also eine Wenn-dann-Universalie).
Befund: negativ.
So gilt es nicht einmal im Deutschen.
Re: Gestische Ursprache
Πέγασος schrieb am 12.05.2011 um 13:01 Uhr (Zitieren)
Chomsky ist wegen seiner Universalgrammik auch heftig kritisiert worden; weil noch keiner diese im Kopf gefunden habe... ich finde seinen Ansatz aber spannend.
Re: Gestische Ursprache
Γραικίσκος schrieb am 12.05.2011 um 14:36 Uhr (Zitieren)
Aber der einzige Anhaltspunkt dafür, daß es sie gibt, diese Universalien, ist der, daß jedes neugeborene Kind jede Sprache lernen kann - oder?

Der FAZ-Artikel heißt:
"Le train bleu", aber "Der blaue Zug"
Gibt es eine Universalgrammatik der Wortstellung im Satz? Evolutions-Simulationen der Sprachgeschichte scheinen das Gegenteil zu belegen
Re: Gestische Ursprache
ανδρέας schrieb am 12.05.2011 um 18:02 Uhr (Zitieren)
Caspar Hauser wurde ja isoliert, um die Ursprache zu finden. Leider kam sie nicht zu Tage. Man lernt sie von der Umgebung. Die variiert. Warum also nicht auch die Grammatik?
Re: Gestische Ursprache
Γραικίσκος schrieb am 12.05.2011 um 18:10 Uhr (Zitieren)
Nebenbei:
http://www.stiftungsfonds.org/hauptmenue/programme/bildungsprogramm/audi/

Noam Chomsky wird Anfang Juni Vorlesungen an der Universität zu Köln halten.
Re: Gestische Ursprache
ανδρέας schrieb am 12.05.2011 um 18:28 Uhr (Zitieren)
Selbst urtümliche Sprachen varrieren, z.B. sog. Klicksprachen, die im südlichen Afrika gesprochen werden (Khoisan).

Nord- und Südkhoisan sowie ǂHõã weisen dabei untereinander besonders viele typologische Gemeinsamkeiten auf, ohne dass dies genetisch bedingt sein muss, z. B. die Grundwortfolge Subjekt-Verb-Objekt (SVO) sowie wenig Flexionsmorphologie im Gegensatz zu den Zentral-Khoisan-Sprachen, die die Wortfolge Subjekt-Objekt-Verb (SOV) sowie eine reichhaltige Flexion aufweisen.


aus Wikipedia

Die Grammatik scheint man daraus also nicht wirklich herleiten zu können. Es wäre interessant den o.a. Versuch mal mit südafrikanischen Völkern durchzuführen.
 
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