α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ ς σ τ υ φ χ ψ ω Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ C Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω Ἷ Schließen Bewegen ?
Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der Gebrauch von "ich" (634 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 02.06.2011 um 10:56 Uhr (Zitieren)
Er ist sehr seltsam - in der Literatur weniger als in der Umgangssprache:
1. „Diese Schmerzen bringen mich noch um!“
2. „Ich habe zwei Arme.“ – „Ich habe im Krieg einen Arm verloren.“
3. „Ich habe zwei Autos.“
4. „Jeder Mensch hat eine unsterbliche Seele, auch du und ich.“
5. „Du hast mich verletzt.“ [physisch]
6. „Du hast mich beleidigt.“
7. „Ich sehe dich.“
8. „Ich liebe dich.“
9. „Ich denke, daß Bayern München die Deutsche Meisterschaft nicht verdient hat.“ [auch: „Ich bin der Meinung, daß ...“]
10. „Ich bin 1,90 m groß.“
11. „Ich bin Klaus Fersensee.“
12. „Ich bin ein Lehrer.“ – „Ich bin ein Mann.“
13. „Hallo, Leitstelle! Ich bin der 46er[-Bus] von Huckingen nach Großenbaum und habe ein Problem ...“
14. „Ich stehe da hinten.“ [Autofahrer beim Betreten des Parkplatzes]
15. „Ich sitze da hinten.“ [in der Kneipe] – „Wir liegen da vorne.“ [am Strand]
16. „Schaut mal, ich bin in der Zeitung!“ – „Irre, ich bin im Fernsehen!“
17. „Ich bin ein Deutscher.“ – „Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein.“
18. „Der Staat, das bin ich.“ [wird König Ludwig XIV. von Frankreich zugeschrieben]
19. „Ich habe die Schlacht von Stalingrad verloren.“ [Generalfeldmarschall Paulus]
20. „Ich bin ein Mann.“ – „Ich habe ein Geschlecht.“
21. [In einem Internetforum verwendet jemand „Ich“ als Nickname; sein Beitrag wird von einem anderen beantwortet mit:] „Ich, ist das dein Ernst?“
22. Kellnerin: „Der große Salat?“ – Gast: „Das bin ich!“

Kennt jeman noch weitere originelle Verwendungen?
Re: Der Gebrauch von "ich"
Πέγασος schrieb am 02.06.2011 um 12:23 Uhr (Zitieren)
"Ich gehe Gassi."

Die Grenzen zwischen ich und Umwelt sind im Sprachgebrauch alles andere als klar.
Re: Der Gebrauch von "ich"
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 02.06.2011 um 12:35 Uhr (Zitieren)
Ja, ganz witzig, wenn man darüber nachdenkt.
Aber man sollte das Sprachverständnis im Zusammenhang nicht vergessen: Wenn jemand in der Kneipe sagt: " Hallo, schön das du auch da bist, ich sitze da hinten"...wird er kein Verständnisproblem haben, was gemeint ist, so auch nicht mit den anderen Wendungen.
Re: Der Gebrauch von "ich"
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 02.06.2011 um 12:47 Uhr (Zitieren)
Noch ein Bsp:
"Ich fliege demnächst in die USA"
Re: Der Gebrauch von "ich"
Γραικίσκος schrieb am 02.06.2011 um 12:58 Uhr (Zitieren)
In den hier gesammelten Fällen ist die Identifizierung der Person nicht das Problem (allerdings: wer hat die Schlacht von Stalingrad verloren?), sondern was diese Person ausmacht. Das ist es, was ich so rätselhaft finde.

Identifizierungsprobleme gibt es freilich in anderen Fällen:
Es klopft an die Tür. "Wer ist da?" - "Ich."
So auch am Telephon: "Hi, ich bin's."
Re: Der Gebrauch von "ich"
Γραικίσκος schrieb am 02.06.2011 um 13:05 Uhr (Zitieren)
These: Das Ich befindet sich immer im Zusammenhang mit einem spezifischen Körper.
Argument: Wäre dies nicht so, dann wären die beiden folgenden Geschichten nicht absurd:
Philosophie-Unterricht an einem Gymnasium in D.
Für alle sichtbar sitzt Jacqueline brav auf ihrem Platz und lauscht den weisen Worten des Lehrers.
Plötzlich unterbricht dieser genervt seinen Vortrag und schnauzt Jacqueline an: „Jetzt hör’ endlich auf herumzulaufen und setz’ dich hin!“
Die Schüler des Kurses, Jacqueline eingeschlossen, verwandeln sich in fleischgewordene Fragezeichen und denken sich: Oje, jetzt ist Herr W. endgültig durchgeknallt. Einer meint schüchtern: „Aber Jacqueline sitzt doch dort!“
„Nein“, erwidert der Lehrer empört, „nur Jacquelines Körper sitzt dort. Sie selbst läuft herum!“

***

Eine Variante:
Der neue Jahrgangsstufenleiter kommt in den Unterricht wegen eines falschen Kurswahl, Jacquelines Kurswahlbogen in der Hand.
„Wer ist Jacqueline H.?“
Ein Schüler antwortet: „Wo Jacqueline ist, wissen wir nicht, aber ihr Körper sitzt dort.“


Frage: Wenn man Berichte von Menschen ernst nimmst, die erzählen, ihr Geist habe ihren Körper verlassen, darüber geschwebt und ihren Körper von oben gesehen – wo ist da der Unterschied zu diesen beiden Geschichten?
Re: Der Gebrauch von "ich"
Πέγασος schrieb am 02.06.2011 um 13:06 Uhr (Zitieren)
Ein "Ich" am Telefon bringt mich auf die Palme.
Re: Der Gebrauch von "ich"
Πέγασος schrieb am 02.06.2011 um 13:14 Uhr (Zitieren)
Jacqueline geht wohl "nur" mit ihren Gedanken spazieren, sie ist wohl unaufmerksam.
Deshalb muss sie noch nicht ein "extrakorporales Erlebnis" haben, wie diejenigen Leute, die sich von oben sehen.

Re: Der Gebrauch von "ich"
Γραικίσκος schrieb am 02.06.2011 um 13:33 Uhr (Zitieren)
Nein, gewiß hat(te) Jacqueline das nicht. Darum ging es mir bei diesem Gedankenexperiment auch nicht.
Alle haben diese Geschichten als Witz, nämlich als absurd empfunden. Wenn wir sie als absurd empfinden, warum nehmen manche Leute Berichte von extrakorporalen Erlebnissen dann ernst?
Wo ist der Unterschied?
Gäbe es wirklich solche Erlebnisse, dann wären meine Geschichten nicht absurd, sondern nur falsche Tatsachenbehauptungen. Oder?
(Ein Schüler hatte im Unterricht behauptet, er habe solche Erlebnisse. Ich habe ihm vorgeschlagen, ihm dabei eine Zahl auf die Stirn zu schreiben, und er sollte mir dann sagen, welche Zahl es war. Darauf wollte er sich jedoch nicht einlassen.)
Re: Der Gebrauch von "ich"
Γραικίσκος schrieb am 02.06.2011 um 14:01 Uhr (Zitieren)
zu 2. und 3.: Hat man Arme in dem Sinne, wie man ein Auto hat?
Re: Der Gebrauch von "ich"
Πέγασος schrieb am 02.06.2011 um 14:26 Uhr (Zitieren)
Wenn wir sie als absurd empfinden, warum nehmen manche Leute Berichte von extrakorporalen Erlebnissen dann ernst?


Die Frage ist sehr gut! Hast Du das mal einen Esotheriker gefragt?


Zu Arme / Auto:
Lieber arm dran als Arm ab ... Auto kann man jederzeit ein neues kaufen, auch wenn manche Autobesitzer das anders sehen mögen. Ein Auto kann ich besitzen, leihen, fahren; meine Arme sind ein Teil von mir - und mit denen kann ich schreiben, gestikulieren; austauschen ist (fast) ausgeschlossen.
Re: Der Gebrauch von "ich"
Γραικίσκος schrieb am 02.06.2011 um 14:43 Uhr (Zitieren)
ad 1.: Der Schüler, der solche Erlebnisse hatte, war ja soetwas wie ein Esoteriker. 'Bekehren' konnte ich ihn aber mit meinem vorgeschlagenen Experiment nicht.

ad 2.: Das wird sich wohl bald ändern, da wir uns anscheinend in Richtung Cyborg entwickeln:
Seit Jahren schon experimentiert Kevin Warwick an sich herum. So hatte sich der Kybernetik-Professor von der englischen Universität Reading einen Mikrochip einpflanzen lassen, mit dem er wie durch Geisterhand Türen öffnen und Licht anschalten kann. Doch jetzt ist der Wissenschaftler noch einen Schritt weitergegangen. Ein neuer Chip im Arm soll es ihm ermöglichen, sein Nervensystem an einen Computer anzuschließen. Ziel sei es, Bewegungen und Emotionen künstlich zu reproduzieren. Der Professor hofft, künstlich einen „sechsten Sinn“ zu entwickeln, mit dem sich zum Beispiel Blinde orientieren oder Gelähmte bewegen können. „Was wir hier machen, ist historisch“, sagt Warwick. Der Robotermann wird sich demnächst mit seiner Frau Irene verkabeln. Er will mal sehen, ob sie, wenn er es tut, auch mit den Fingern wackelt, und ob es möglich ist, Emotionen auszutauschen. Früher, in der guten alten Zeit, genügten noch eine Rose und ein liebes Lächeln. (wem.)

(FAZ vom 23.3.2002)

Kevin Warwick hat auch eine Homepage, auf der er über sein Experiment mit sich selbst berichtet.
Re: Der Gebrauch von "ich"
Πέγασος schrieb am 02.06.2011 um 14:58 Uhr (Zitieren)
Weil ich diese Entwicklung im Hinterkopf hatte, habe ich das "fast" auch in Klammern gesetzt.

In Andreas Eschbach: "Der letzte seiner Art" klang sowas noch sehr nach science fiction; aber wahrscheinlich haben wir irgenwann eine Diskussion, was/wer noch ein Mensch ist und was/wer nicht mehr.
Re: Der Gebrauch von "ich"
Γραικίσκος schrieb am 02.06.2011 um 15:03 Uhr (Zitieren)
Ja, diese Diskussion wird kommen. Und vielleicht werden die künftigen Homines superiores auf uns Homines sapientes lächelnd herabblicken.
Auch kann es zu einer neuen Art von Zwei-Klassen-Gesellschaft kommen, weil nur Vermögende sich diese technische (und genetische?!) Optimierung werden erlauben können.
 
Antwort
Titel:
Name:
E-Mail:
Eintrag:
Spamschutz - klicken Sie auf folgendes Bild: Wasserfall

Aktivieren Sie JavaScript, falls Sie kein Bild auswählen können.