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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Impetus Philosophicus (364 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 07.06.2011 um 18:23 Uhr (Zitieren)
Einem jeglichen Menschen ist Arbeit aufgelegt nach seiner Maße, aber das Herz kann nicht dran bleiben; das trachtet immer zurück nach Eden, und dürstet und sehnet sich dahin. Und der Psyche ward ein Schleier vor die Augen gebunden, und sie ausgeleitet zum Blinde-Kuh-Spiel. Sie steht und horcht unterm Schleier hin, hüpft auf jeden Laut und breitet die Arme. – Ich beschwere euch, ihr Töchter Jerusalem: findet ihr meinen Freund, so sagt ihm, daß ich vor Liebe krank liege.

[Quelle: Matthias Claudius, Sämtliche Werke. München 1976, S. 16 f.]

Der Sinn dieses Textes erschließt sich mir emotional, aber nicht intellektuell. Ob es sich um eine Anspielung auf die verschleierte Isis handelt?
Re: Impetus Philosophicus
Πέγασος schrieb am 07.06.2011 um 21:49 Uhr (Zitieren)
Das ist so ein Text, bei dem ich mich frage, ob ich eigentlich Deutsch verstehe. Ich war so respektlos, die Zeilen in die heutige Zeit zu zerren; weit bin ich nicht gekommen...

Jeder Mensch muss arbeiten, hat aber nicht immer Lust darauf, sondern möchte lieber ins Paradies (oder Schlaraffenland).
Die Psyche (Seele?) des Menschen irrt blind durch die Gegend und sucht nach Orientierung.

Aber wer sind denn die "Töchter Jerusalems", wer ist der "Freund", und was hat das mit Liebeskummer zu tun?
Re: Impetus Philosophicus
Πέγασος schrieb am 07.06.2011 um 22:02 Uhr (Zitieren)
Vielleicht fällt mir im Traum was ein.

Gute Nacht!
Re: Impetus Philosophicus
ανδρέας schrieb am 07.06.2011 um 22:11 Uhr (Zitieren)
Da sind die Bibelexegeten gefragt:

1,2 Er küsse mich mit Küssen seines Mundes, denn deine Liebe ist köstlicher als Wein. 1,3 An Duft gar köstlich sind deine Salben; ausgegossenes Salböl ist dein Name. Darum lieben dich die Mädchen. 1,4 Zieh mich dir nach, laß uns eilen! Der König möge mich in seine Gemächer führen! Wir wollen jubeln und uns freuen an dir, wollen deine Liebe preisen mehr als Wein! Mit Recht liebt man dich. 1,5 Schwarz bin ich und doch anmutig, ihr Töchter Jerusalems, wie die Zelte Kedars, wie die Zeltdecken Salomos ...


Hohelied 1,2 ff.
Re: Impetus Philosophicus
Γραικίσκος schrieb am 07.06.2011 um 22:14 Uhr (Zitieren)
Erstmal: Der Text enthält keine Schreibfehler, also "nach seiner Maße", "ihr Töchter Jerusalem" (ohne 's') usw.
18. Jhdt. plus eigenwilliger Stil, lange vor der Erfindung des Dudens.

Mein Ansatz:
Es ist die Psyche, die vor Liebe krank liegt.
Wohin dürstet, wohin sehnt sie sich? Zurück nach Eden.
Sie hat einen Schleier vor die Augen gebunden bekommen: sie kann die reine, nackte Wahrheit nicht erkennen (wie wir nicht die unverschleierte Isis).
Wer ist der Freund? Das kann ja nun nicht Eden sein.
Anspielung auf Jesu Gleichnis vom Bräutigam und den Jungfrauen?
Vielleicht fällt mir im Traum was ein.

Gute Nacht!
Re: Impetus Philosophicus
Γραικίσκος schrieb am 07.06.2011 um 22:15 Uhr (Zitieren)
Ah, das kam, während ich geschrieben habe!
Re: Impetus Philosophicus
Γραικίσκος schrieb am 07.06.2011 um 22:39 Uhr (Zitieren)
Und wieso ist das ein Impetus Philosophicus?
Re: Impetus Philosophicus
Πέγασος schrieb am 08.06.2011 um 05:47 Uhr (Zitieren)
"Impetus Philosophicus": hat das Claudius so genannt?
Re: Impetus Philosophicus
Πέγασος schrieb am 08.06.2011 um 07:15 Uhr (Zitieren)
Hat der Text vielleicht einen autobiographischen Beszug?
Re: Impetus Philosophicus
Γραικίσκος schrieb am 08.06.2011 um 08:36 Uhr (Zitieren)
"Impetus Philosophicus" - ja, dieser Titel stammt von Claudius selbst.
Re: Impetus Philosophicus
Πέγασος schrieb am 08.06.2011 um 08:49 Uhr (Zitieren)
Ich habe vorhin bei Claudius bissel rumgestöbert. Vieles ist sehr volkstümlich und auch witzig.

Ich dachte, zu Deinem Text oben passt vielleicht "Paraphrasis Evangelii Johannis – etc." ganz gut; (vier Texte danach):

– Paraphrasis Evangelii Johannis – etc.

Ich habe von Jugend auf gern in der Bibel gelesen, für mein Leben gern. 's stehn solche schöne Gleichnis und Rätsel drin, und 's Herz wird einem darnach so recht frisch und mutig. Am liebsten aber les ich im Sankt Johannes. In ihm ist so etwas ganz Wunderbares – Dämmerung und Nacht, und durch sie hin der schnelle zückende Blitz! 'n sanftes Abendgewölk
und hinter dem Gewölk der große volle Mond leibhaftig! so etwas Schwermütiges und Hohes und Ahndungvolles, daß man's nicht satt werden kann. 's ist mir immer beim Lesen im Johannes, als ob ich ihn beim letzten Abendmahl an der Brust seines Meisters vor mir liegen sehe, als ob sein Engel mir's Licht hält, und mir bei gewissen Stellen um den Hals fallen und etwas ins Ohr sagen wolle. Ich versteh lang nicht alles was ich lese, aber oft ist's doch als schwebt' es fern vor mir was Johannes meinte, und auch da, wo ich in einen ganz dunkeln Ort h'neinsehe, hab ich doch eine Vorempfindung von einem großen herrlichen Sinn den ich 'nmal verstehen werde, und darum greif ich so nach jeder neuen Erklärung des Johannes. Zwar die meisten kräuseln nur an dem Abendgewölke, und der Mond hinter ihm hat gute Ruhe.
Des Herrn Verfassers Erklärung ist sehr gelehrt, dünkt mich, und ich glaube, daß man wohl zwanzig Jahr studieren muß, eh man so eine schreiben kann.
 
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