Γραικίσκος schrieb am 17.05.2009 um 17:17 Uhr (Zitieren)
Der bekannte SF-Autor Philip K. Dick (1928-1982) hat, wiewohl Amerikaner und - mehr noch - Kalifornier, sich autodidaktisch Deutsch, Latein und Griechisch beigebracht und in sein Werk auch Elemente des griechischen Denkens eingebaut, freilich überwiegend solche der spätantiken Gnosis.
Ich gebe hierzu mal einen Gedankengang über das Verhältnis von ἴδιος κόσμος und κοινός κόσμος wieder:
(Quelle: Philip K. Dick, The Dark-Haired Girl. 1988; dt.: Das Mädchen mit den dunklen Haaren. Bellheim 1994)
Philip K. Dick hat die literarischen Vorlagen zu vielen anspruchsvolleren SF-Filmen geliefert: Blade Runner, Total Recall, Minority Report, A Scanner Darkly, Second Variety usw.
Sein Vortrag "How To Build A Universe That Doesn't Fall Apart After Three Days", auf einem SF-Con in Metz gehalten, ist gnostische Spekulation pur ... im späten 20. Jahrhundert!
Re: Philip K. Dick und die Gnosis
Ὑληβάτης schrieb am 17.05.2009 um 17:43 Uhr (Zitieren)
Ich bin mir sicher, dass alles, was er sagt, vollkommen richtig ist - allein, ich versteh's nicht so recht.
Heißt das etwa, dass aus der subjektiven Welt eine intersubjektive abgeleitet wird - mittels der Sinnewahrnehmung; und nur der heutige Mensch erkennt, dass die Intersubjektivität nicht wirklich real ist?
Also: Dass der consensus gentium nur ein Konsens, aber keine Realität ist?
Re: Philip K. Dick und die Gnosis
Γραικίσκος schrieb am 17.05.2009 um 17:58 Uhr (Zitieren)
Wahrnehmung konstituiert den idios kosmos - eine persönliche Welt.
Im Interagieren schaffen wir einen koinos kosmos - eine gemeinsame Welt. Der Test dafür, daß dieser real ist, war früher nur der consensus gentium; aber so hoch will PKD aus gutem Grund (s.u.) nicht greifen - ihm reicht es schon, wenn es in der Gemeinsamkeit zweier Menschen, vulgo eheliche Liebe, funktioniert.
Leider sind weder eheliche Beziehungen stabil (es war seine fünfte Ehe, und auch sie ist gescheitert), noch ist das, was Menschen gemeinschaftlich denken (consensus gentium) zuverlässig - man denke an die vielfältigen Möglichkeiten zur Manipulation von ganzen Gesellschaften.
So durchschauen wir den Plastikcharakter von Relaität.
An anderer Stelle dieses Buches schreibt Dick: "Dies ist ein Pappkartonuniversum. Wenn man sich zu fest dagegen lehnt, fällt man durch."
Dieses abgrundtiefe Mißtrauen gegenüber der materiellen, sinnlich wahrnehmbaren Welt, das ist ein Erbe der Gnosis.
Ob das alles wahr ist, dafür möchte ich die Hand nicht ins Feuer legen. Aber man kann phantastische Literatur daraus machen. Bei PKD weiß man nie, was real ist und was nur eingebildet.
Was ist ein Mensch, was nur ein Androide?
Was ist real, was nur eine Halluzination?
Bin ich, wer & was ich glaube zu sein, oder bilde ich mir das nur ein?
Die genannten Filme, vor allem Blade Runner und Total Recall, variieren dieses Thema.
Unter seinen noch nicht verfilmten Romanen möchte ich vor allem "The Three Stigmata Of Palmer Eldritch" (dt.: "Die drei Stigmata des Palmer Eldritch") nennen, nach dessen Lektüre John Lennon (!) spontan den Autor angerufen und gefragt hat, ob die Filmrechte noch zu haben seien.
Die Gnosis gilt ja als ein wenig verschroben, und vielleicht ist sie das auch; jedenfalls ist sie weitab vom common sense. Aber PKD zeigt, daß sie lebendig ist.
Re: Philip K. Dick und die Gnosis
Γραικίσκος schrieb am 17.05.2009 um 17:59 Uhr (Zitieren)
Deswegen erwähne ich das alles hier. Das griechische Denken lebt ... inmitten unserer Plastikwelt!
Re: Philip K. Dick und die Gnosis
Γραικίσκος schrieb am 17.05.2009 um 18:14 Uhr (Zitieren)
Dieses PKD-Buch ("Das Mädchen mit den dunklen Haaren"), das hat die Bayerische Staatsbibliothek möglicherweise nicht. Es ist nur in einer kleinen Auflage erschienen und wird inzwischen unter Freaks mit mehreren hundert Euro gehandelt.