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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Gnosis: Basilides (606 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 16.07.2011 um 10:47 Uhr (Zitieren)
Der Gnostiker Basilides schreibt:
Es war eine Zeit, da nichts war; doch nicht einmal das Nichts war etwas, sondern im schlichten und ungedeutelten Verstande des Wortes war es schlechterdings gar nichts. Auch meine ich, wenn ich sage: 'es war' nicht, daß es gewesen sei; vielmehr beabsichtige ich damit bloß anzudeuten, worauf ich hinweisen will, wenn ich sage, daß schlechterdings nichts war. Denn das, was unaussprechlich genannt wird, ist nicht schlechterdings unaussprechlich, sondern heißt nur so; aber das, wovon wir reden, ist nicht einmal unaussprechlich. Und dieses nicht Unaussprechliche wird auch nicht unaussprechlich genannt, da es vielmehr höher ist, als jeder genannte Name. [...] Da nun nichts war, weder Stoff noch Wesen, noch Wesenloses, noch Einfaches, noch Zusammengesetztes, noch Unfaßbares, noch Unempfundenes, noch Mensch, noch Engel, noch Gott, noch überhaupt etwas Genanntes, durch Wahrnehmung Erkanntes oder Gedachtes, da wollte der Gott, der nicht war, gedankenlos, empfindungslos, willenlos, vorsatzlos, leidlos, begierdelos - die Welt machen. Wenn ich aber sage:'er wollte', so sage ich das nur zur Andeutung von dem Willenlosen, Gedankenlosen und Empfindungslosen. Unter Welt aber verstehe ich nicht jene, welche in Breite und Unterschidedlichkeit später entstand und sich entfaltete, sndern vielmehr den Samen der Weltordnung.

Alles klar? Im schlichten und ungedeutelten Verstande des Wortes.

(Quelle: Wolfgang Schultz, Dokumente dere Gnosis. Mit Essays von Georges Bataille und Henri-Charles Puech. München 1986, S. 139)
Re: Gnosis: Basilides
ανδρέας schrieb am 16.07.2011 um 10:53 Uhr (Zitieren)

Das erinnert stark an "den unbewegten Beweger" des Aristoteles und Thomas von Aquins Gottesbeweis.
Re: Gnosis: Basilides
Γραικίσκος schrieb am 16.07.2011 um 11:01 Uhr (Zitieren)
Aber der existiert doch wenigstens.
Wer aber kommt auf den Gedanken, ein ganz und gar nicht Existierendes habe die Welt erschaffen wollen, wobei weder 'nicht existierend' noch 'Welt' noch 'wollen' die übliche Bedeutung haben sollen. Ja, welche denn?
Ist das nicht nur eine blumige Umschreibung für "Ich habe keine Ahnung und rede Unsinn"?
Re: Gnosis: Basilides
ανδρέας schrieb am 16.07.2011 um 11:07 Uhr (Zitieren)

Ja, genau das ist es. Ich würde eher die Leute im Forschungszentrum CERN fragen, als mich auf Wortakrobaten zu stützen. Aber die in CERN wissen es auch (noch?) nicht ...
Re: Gnosis: Basilides
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 21.07.2011 um 17:23 Uhr (Zitieren)
Obwohl ich zugeben muß, zuerst auch einigermaßen verwirrt gewesen zu sein nach der Lektüre der Passage, möchte ich doch insofern eine Lanze für den wackeren Gnostiker brechen, als mir die Suche der CERN-Leute nach irgendwelchen Spuren von Energien, die auf den Zusammenprall unvorstellbar kleiner und (wie wir seit Heisenberg ja wissen) wesensmäßig nur unvollständig beschreibbarer - ja, was für ein Nomen paßt denn überhaupt noch? - Teilchenteilteile folgen sollen, mindestens so wie das Stochern im Nebel vorkommt wie der oben angezogene Versuch, die Frage nach dem Urgrund der Welt aus einer Zeit ohne Teilchenbeschleuniger anzugehen :-)

Ich weiß leider zu wenig von der - wenn ich richtig sehe, sowieso höchst fragmentarisch auf uns gekommenen - Lehre des Basilides, mir will aber scheinen, daß er bei seinen Ausführungen zum ursprünglichen Nichts dieses so radikal setzt, daß er sogar den als Unaussprechlichen gefaßten Gott (der Juden?) noch als Etwas versteht, der nur unaussprechlich genannt wird. Das, was ihm vorschwebt, ist "noch höher", noch abstrakter, noch absoluter, in dem Maße, daß es noch nicht einmal einen Namen hat: unaussprechlich ist es nicht wegen seiner Heiligkeit, sondern weil es von keinerlei Bezeichnung überhaupt irgendwie erfaßt würde.
Der "Fehler", den ich sehe, ist, daß Basilides in dem Moment, wo es um die Schaffung von Etwas geht, dann doch unvermittelt den Namen 'Gott' für dieses von keiner Kategorie, weder in zusprechender noch in absprechender Weise, faßbaren, absoluten Nichts gebraucht - eigentlich ein Sturz aus dem System, aber wahrscheinlich ähnlich unvermeidlich wie der Gebrauch des Wortes 'wollen' für das Ereignis, daß auf einmal etwas Anderes entstehen soll. (Wir sind nun einmal verurteilt dazu, uns nur durch Sprache in der Welt zurechtzufinden.)
Mich deucht, daß das, was Basilides mit "Samen der Weltordnung" bezeichnet, sehr gut in Übereinstimmung zu bringen wäre mit der (völlig laienhaft formulierten!) Beobachtung, daß die verschiedensten sog. Naturkonstanten (Ausdehnungsgeschwindigkeit, Gravitationskonstante - die Fachleute kenn sicher noch mehr) offenbar so "beschaffen" (ich vermeide bewußt 'gewählt') sind, daß sie die Entstehung des Universums in seiner jetzigen Form überhaupt ermöglicht haben.
Re: Gnosis: Basilides
ανδρέας schrieb am 21.07.2011 um 17:36 Uhr (Zitieren)

Basilides könnte damit auch den Übergang von einem Aggregatzustand, den wir nicht wahrnehmen können (=Null, Nichts), zu einem Zustand, den wir wahrnehmen können (1, 2 viele ...) beschreiben. Das Unbeschreibbare und Unerklärliche ist dabei der Übergang von Null zu 1 (fasslich wahrnehmbar). Nur hilft eine solche - umständliche - Beschreibung des Unbeschreibbaren in keiner Weise weiter und ist daher rein spekulativ. In der Tat, es heißt nur: keine Ahnung, aber irgendwie ist es vonstatten gegangen.
Re: Gnosis: Basilides
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 21.07.2011 um 17:43 Uhr (Zitieren)
Sind wir heute wesentlich weiter? Ist der "Urknall" nicht genauso nur eine Metapher für "irgendwie ist es vonstatten gegangen"? Wenn ich mit meinen laienhaften Kenntnissen das richtig verstanden habe, können wir uns zwar millisekundenweise an den "Urknall" herantasten, ihn selbst, gar das ihm Vorausliegende, nicht erreichen.
Ich lasse mich gerne korrigieren / belehren.
Re: Gnosis: Basilides
Γραικίσκος schrieb am 21.07.2011 um 17:55 Uhr (Zitieren)
Meines Wissens entstanden im Moment des Urknalls aus virtuellen Quantenfluktuationen reale Teilchen.
Dabei weiß auch ich nicht, ob "virtuelle Quantenfluktuationen" etwas wesentlich anderes ist als des Basilides verlegenes Gestammel. Der Unterschied könnte darin bestehen, daß man jenes in einer eleganten mathematischen Formel ausdrücken kann, wozu Basilides nicht imstande war. In hohem Maße gilt Mathematisierbarkeit heute als Kriterium für Wissenschaftlichkeit.

Etwas anders steht es nach meiner Vermutung mit den Naturkonstanten, und zwar wg. der Vielweltendeutung der Quantenmechanik: Wenn andere Naturkonstanten eine mögliche Welt konstutuieren, dann gibt es eine solche Welt auch real, obgleich sie nicht unsere Welt ist. Solche Naturkonstanten hingegen, die keine mögliche Welt ergeben, fallen einfach durch das Raster.
Aus Tomaten und Bohnen kann man keinen Kuchen backen, aber einen Salat machen; aus unmöglichen Zutaten kann man gar nichts machen.
Re: Gnosis: Basilides
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 21.07.2011 um 18:01 Uhr (Zitieren)
Dabei weiß auch ich nicht, ob "virtuelle Quantenfluktuationen" etwas wesentlich anderes ist als des Basilides verlegenes Gestammel. Der Unterschied könnte darin bestehen, daß man jenes in einer eleganten mathematischen Formel ausdrücken kann, wozu Basilides nicht imstande war.

Boshaft gesagt, ist also nur das Gestammel eleganter geworden ;-) (allgemein, will sagen: den Nicht-Fachleuten, verständlicher ist es auch nicht geworden ...)
Re: Gnosis: Basilides
Γραικίσκος schrieb am 21.07.2011 um 18:06 Uhr (Zitieren)
Mir fallen als Parallele gerade die komplexen Zahlen ein. Niemand kann sich aus der Wurzel einer negativen Zahl 'etwas vorstellen'; aber sie ergeben einen mathematischen Sinn, der wohl - ich muß das einfach glauben - signifikant von Unsinn zu unterscheiden ist.
Re: Gnosis: Basilides
Γραικίσκος schrieb am 21.07.2011 um 18:07 Uhr (Zitieren)
unter der Wurzel ...
Re: Gnosis: Basilides
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 21.07.2011 um 18:11 Uhr (Zitieren)
Noch einmal zu den Naturkonstanten:
Ich empfinde die Überlegung, daß auch andere Naturkonstanten, bzw. andere Werte derselben, zu realen Welten führen können, nicht als abwegig, aber auch nicht als sonderlich hilfreich, wenn es darum geht, darzulegen, daß _unsere_ Welt (und auch von dieser allein redet Basilios) auf gewissen Grundvoraussetzungen (seinen "Samen der Weltordnung" - steht da τόυ κόσμου ?) beruht, die eben so und nicht anders sein durften. (_Warum_ sie so sind, sollte man getrost offenlassen dürfen.)
Re: Gnosis: Basilides
ανδρέας schrieb am 21.07.2011 um 18:17 Uhr (Zitieren)

Ich stelle es mir so vor, dass ein Wesen, dass nur Druck, aber nicht Hitze, Geräusche, Geschmack, Geruch wahrnehmen kann, den Übergang von Wasserdampf zu Wasser (flüssig) bzw. zu Eis (fest) erst dann wahrnimmt, wenn er eingesetzt hat. Vorher war "nichts". CERN versucht nun, andere Wahrnehmungsinstrumente ("Sinne") einzusetzen. Es kann also sein, dass es nicht "nichts" gab, sondern "etwas", das erst nach Veränderung wahrnehmbar wird. Da helfen keine Worte, nur Theorie, Versuch und weitere Forschung.
Re: Gnosis: Basilides
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 21.07.2011 um 18:20 Uhr (Zitieren)
Oh, Deine weiteren Beiträge hatte ich noch nicht gesehen, Γραικίσκε - möchte nicht den Eindruck erwecken, an Dir vorbeizureden.
Den ungeheuren Wert mathematischer Ausdrucksmöglichkeiten (seien sie auch noch so abgehoben und dem sinnlich-anschauenden "Begreifen" unzugänglich) für die Erfassung und Beschreibung der Welt wollte ich damit nicht in Abrede stellen.
Allerdings sehe ich (Nicht-Fachmann!!) qualitativ in der Ungesichertheit der Aussagemöglichkeit über den Urknall selbst kaum einen Unterschied zu dem, was Basilides mit seinen Worten zu sagen versucht hat. Ich möchte ihn eigentlich eher dafür bewundern, solche Gedanken überhaupt gewagt und in Worte zu fassen versucht zu haben - man mag zu seinen Überlegungen stehen, wie man möchte.
Re: Gnosis: Basilides
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 21.07.2011 um 18:30 Uhr (Zitieren)
ανδρέας,
danke für den sehr anschaulichen Vergleich!
Aber ist denn das, was Basilides mit
weder Stoff noch Wesen, noch Wesenloses, noch Einfaches, noch Zusammengesetztes, noch Unfaßbares, noch Unempfundenes, noch Mensch, noch Engel, noch Gott, noch überhaupt etwas Genanntes, durch Wahrnehmung Erkanntes oder Gedachtes

also dem "ganz anderen", dem schlechthin Unfaßbaren, meint, nicht nur eine andere Formulierung dafür, daß unsere Wahrnehmung und unser gewöhnliches Denken ungeeignet sind, diesem "Etwas" (das Basilides dann eben doch '_der_ Gott' nennt) auf die Schliche zu kommen?
Re: Gnosis: Basilides
Γραικίσκος schrieb am 21.07.2011 um 18:35 Uhr (Zitieren)
Es gibt erstaunlich viele Bereiche der modernen Physik, in denen sie Aussagen trifft, die prinzipiell durch Experimente nicht zu überprüfen sind. Dies gilt z.B. für die Anfangs-Singularität ebenso wie für die Annahme, daß bei 10-35 m (falls mich da meine Erinnerung nicht täuscht) die Raumstruktur 'schaumig' wird, d.h. sich auf elf Dimensionen ausweitet. Als Argument resp. Kriterium gilt dann nur noch die Mathematik, im letzteren Falle - bei der Raumstruktur - daß dann bestimmte Gleichungen eine 'besonders elegante' Form annehmen.
Das Verhältnis von moderner Physik und Mathematik ist dermaßen eng, daß es mir als augenfälligster Unterschied zu Basilides ... und als Unterschied zur bloßen Spekulation erscheint.

Viele Physiker scheinen von der Annahme auszugehen, daß eine mathematische Möglichkeit auch in der physikalischen Struktur ihre Entsprechung findet. Die Natur 'liebt' Mathematik.
Ein Beispiel dafür ist Einsteins Formel
e² = m² x c4.
Das bekannte
e = m x c²
ist einfach die Wurzel daraus. Bereits in den 3oer Jahren des vorigen Jahrhunderts hat Paul Dirac festgestellt, daß man daraus auch die Wurzel
-e = -(m x c²)
ziehen kann, und deswegen die Existenz von Antimaterie postuliert - aus rein mathematischen Gründen. Erst Jahrzehnte später hat man entdeckt: so ist es tatsächlich.

Im griechischen Original ist mir der Basilides-Text übrigens nicht zugänglich; ich bin nicht einmal sicher, ob er nicht auf Koptisch überliefert ist.
Re: Gnosis: Basilides
ανδρέας schrieb am 21.07.2011 um 18:39 Uhr (Zitieren)
στρουθίον οἰκιακόν,

ja, genau das! Ich würde heute sagen: wir sind dem "etwas" noch nicht auf "die Schliche" gekommen. Insofern sind alle Gedanken hilfreich, die dazu anregen, die Methoden, Instrumente und Standpunkte der eigenen Wahrnehmung zu überdenken. Da kann die Philosophie durchaus hilfreich sein, sofern sie logische Ansätze liefert, wo man ansetzen könnte. Wie messen wir, was messen wir, was suchen wir?
Schauen wir in die falsche Richtung und sehen nicht mal das, was vor unseren eigenen Füßen liegt? Lemaitre war ja nicht nur Physiker, sondern auch Priester und - Artillerieoffizier. Da lag eine Big Bang Theorie quasi in der Luft ...
Re: Gnosis: Basilides
Γραικίσκος schrieb am 21.07.2011 um 18:39 Uhr (Zitieren)
Mir erscheint dies als das eigentliche Wunder: das Verhältnis der physikalischen Natur zur Mathematik, die ja keine Naturwissenschaft, sondern ein geistiges Produkt ist.

Dieses erstaunliche Phänomen immerhin war schon Pythagoras und Platon bekannt. Bei Basilides finde ich keine Ahnung davon.

Ein anderes Beispiel ist die Omnipräsenz der Zahl φ (die Proportion des Goldenen Schnitts) in der Natur.
Re: Gnosis: Basilides
διψαλέος schrieb am 21.07.2011 um 18:45 Uhr (Zitieren)
Ich meine, wir müssen unterscheiden zwischen
Wahrnehmung und Beschreibung:

Wo liegt die Grenze der Möglichkeit der Wahrnehmung?
Können wir, als Teil des Ganzen, mehr wahrnehmen , bzw. überhaupt das "Ganze" wahrnehmen, als es uns durch die "Teilhaftigkeit" gegeben ist?
Beschreiben kann man daher wohl nur bis zu einer Grenze,
die Mathematik dient als Krücke, als Prothese, um das "Unbeschreibliche" wenigstens formalistisch darzustellen.
"Begreifbar" ist es aber nicht, denn Mathematik bedient sich ja auch nur festgelegten und definierten Formeln und Termen.
Re: Gnosis: Basilides
ανδρέας schrieb am 21.07.2011 um 18:56 Uhr (Zitieren)
Gedankenexperiment zu Γραικίσκος Ansatz:

Man könnte sich auch vorstellen, dass 2 Materieformen, die keine Reaktionen und Entwicklung zulassen, im Raum aufeinander geprallt („Urknall“) sind und eine Umwandlung hervorgerufen haben, aus der „etwas Neues“ entstanden ist. Beispiel: Salzsäure (HCL) und Natronlauge (NaOH) ergeben gemischt H2O und Salz (Natriumchlorid), also Salzwasser. Aus 2 Stoffen, die lebensfeindlich sind (Säure,Lauge) bildet sich eine Umgebung, die Entwicklung ermöglicht. Die physikalischen und mathematischen Gesetzmäßigkeiten ändern sich nicht, aber es entsteht plötzlich eine ganz neue „Welt“. Fragt sich, was vor dem Urknall war, bzw. wie das denn entstanden sein mag. Man ist dann wieder am Anfang der Fragestellung angelangt – wie beim Schälen einer Zwiebel. Vielleicht muss man dazu die uns bekannten Regeln der Naturwissenschaft verlassen und das ist unbegreifbar – wie Basilides es ausdrückt.
Re: Gnosis: Basilides
Γραικίσκος schrieb am 21.07.2011 um 18:58 Uhr (Zitieren)
Die Frage, was vor dem Urknall war - hat sie einen Sinn, wenn mit dem Urknall die Zeit begonnen hat?
Re: Gnosis: Basilides
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 21.07.2011 um 18:58 Uhr (Zitieren)
Daß der Gnostiker Basilides an Mathematik nicht interessiert gewesen sein dürfte, scheint mir naheliegend - genauso wie die Tatsache, daß die Eleganz von Formeln und die Präsenz mathematischer Phänomene in der Natur uns seit den Alten Hinweise genug auf eine erfaßbare Ordnung (den κόσμος) liefern.
Bemerkenswert jedoch und aller Ehren wert - und insofern halte ich meinen Versuch, für Basilides ein wenig in die Bresche zu springen, für gerechtfertigt - erscheint mir sein Gedanke, der in seiner Zeit ja nur spekulativ sein konnte, daß der Grund für die Existenz der Welt etwas völlig anderes sein muß, als wir es uns vorstellen können.
Daß ich damit dem darauf gebauten gnostischen Weltbild nicht das Wort reden möchte, muß ich sicherlich nicht betonen :-)
Re: Gnosis: Basilides
Γραικίσκος schrieb am 21.07.2011 um 19:00 Uhr (Zitieren)
sein Gedanke, der in seiner Zeit ja nur spekulativ sein konnte, daß der Grund für die Existenz der Welt etwas völlig anderes sein muß, als wir es uns vorstellen können.

So gesehen, ergibt der Gedanke auch für mich einen Sinn.
Re: Gnosis: Basilides
διψαλέος schrieb am 21.07.2011 um 19:01 Uhr (Zitieren)
Raum und Zeit bedingen einander.
Ohne Raum keine Zeit, ohne Zeit keinen Raum.
Es geht über unser Vorstellungsvermögen hinaus.
Schlicht:
Wir können es nicht (wissen, erkennen, beschreiben, wahrnehmen, etc....)
;-)
Mit anderen Worten:
οἶδα οὐδὲν εἰδώς
(jaja, ich weiß, das es nicht ganz korrekt ist..)
Re: Gnosis: Basilides
ανδρέας schrieb am 21.07.2011 um 19:04 Uhr (Zitieren)
Die Frage, was vor dem Urknall war - hat sie einen Sinn, wenn mit dem Urknall die Zeit begonnen hat?


Nach meinem - etwas holprigen - Beispiel würde lediglich eine neue Zeitrechnung beginnen. Die Zeit gab es da schon. Man muss nur den "engen" Rahmen EINES Zeitpunktes verlassen und statt "Beginn" das Wörtchen "Umwandlung" setzen. Dann wäre das Universum eine Abfolge von Umwandlungsprozessen und wir betrachten den Urknall nur als letzten Beginn eines solchen Prozesses, der enden und einem neuen Platz machen kann. Im Sinne von: alles fließt.
Re: Gnosis: Basilides
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 21.07.2011 um 19:15 Uhr (Zitieren)
Und wieder habe ich die unterdessen eingegangenen Beiträge erst jetzt zur Kenntnis nehmen können - ich bin entzückt über die Ernsthaftigkeit, Sachbezogenheit und Tiefe der Diskussion!
Und wenn ανδρέας sagt
Man ist dann wieder am Anfang der Fragestellung angelangt – wie beim Schälen einer Zwiebel. Vielleicht muss man dazu die uns bekannten Regeln der Naturwissenschaft verlassen und das ist unbegreifbar – wie Basilides es ausdrückt.

dann sehe ich, daß mein Impuls, die Einschätzung
blumige Umschreibung für "Ich habe keine Ahnung und rede Unsinn"?

zu befragen, nicht ganz unberechtigt gewesen ist.

Auf jeden Fall auch Dank für die vielen aufschlußreichen Hinweise zur Mathematik!
Re: Gnosis: Basilides
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 21.07.2011 um 19:18 Uhr (Zitieren)
Danke, Γραικίσκε, für Deinen Beitrag von 19:00 Uhr!
Re: Gnosis: Basilides
Γραικίσκος schrieb am 21.07.2011 um 19:27 Uhr (Zitieren)
Mir fällt gerade auf, daß ich mich in meiner Dissertation mit dieser Frage befaßt habe: ob die Anschauungsformen Raum & Zeit sowie die Verstandeskategorie Grund/Ursache nur innerhalb der Welt eine Bedeutung haben, nicht aber auf die Welt als Ganzes angewendet werden können.
Im Keller dösen noch genügend Exemplare dieser Dissertation vor sich hin. Falls es dich interessiert, στρουθίον οἰκιακόν, sende ich Dir eines zu.
Von Physik & Mathematik ist darin freilich noch wenig die Rede - es ist bloß Philosophie.
Re: Gnosis: Basilides
ανδρέας schrieb am 21.07.2011 um 19:28 Uhr (Zitieren)
Ja, Γραικίσκος hat es mal wieder geschafft:

Impuls - Verwirrung - Ratlosigkeit - heftige Diskussion - Theoriebildung und anregende Gedanken - Verzweiflung - Erkenntnis der Unlösbarkeit - Abendessen.

Eine Konstante im Leben braucht man ...
Re: Gnosis: Basilides
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 21.07.2011 um 19:31 Uhr (Zitieren)
Mit Vergnügen, κράτιστε!

Soll ich mir mal eben eine 10-Minuten-Mailbox zulegen (zwecks Datenübermittlung)?
Re: Gnosis: Basilides
Γραικίσκος schrieb am 21.07.2011 um 19:35 Uhr (Zitieren)
Scherz?
Dabei handelt es sich um ein Buch, das nicht digitalisiert ist.
Sende mir eine E-Mail mir einer Anschrift, an die ich es schicken soll resp. kann.
Re: Gnosis: Basilides
Γραικίσκος schrieb am 21.07.2011 um 19:36 Uhr (Zitieren)
Ja, Γραικίσκος hat es mal wieder geschafft:

Impuls - Verwirrung - Ratlosigkeit - heftige Diskussion - Theoriebildung und anregende Gedanken - Verzweiflung - Erkenntnis der Unlösbarkeit - Abendessen.

Dann hat mein Leben ja einen Sinn! [Lächeln]
Re: Gnosis: Basilides
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 21.07.2011 um 19:39 Uhr (Zitieren)
ανδρέας,
so etwas ähnliches habe ich schon einige Male vermutet - wir haben offenbar einen Nachfahren des ὁ τοῦ Σωφρονίσκου unter uns ;-)

Aber der Konstante werde ich mich jetzt auch widmen ...
Re: Gnosis: Basilides
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 21.07.2011 um 19:42 Uhr (Zitieren)
Eben stelle ich fest, daß Du eine Mailadresse hinterlegt hast; ich werde mich gleich bei Dir melden.
Die 10-Minuten-Adresse hatte ich nur vorgeschlagen, weil ich meine richtige Adresse sehr ungern veröffentliche, ich bitte um Verständnis.
 
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