α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ ς σ τ υ φ χ ψ ω Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ C Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω Ἷ Schließen Bewegen ?
Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Teutschlands Antwort auf Sappho & Catull (443 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 27.07.2011 um 20:16 Uhr (Zitieren)
Nirgends hin / als auff den Mund /
da sinckts in deß Hertzens Grund.
Nicht zu frey / nicht zu gezwungen /
nicht mit gar zu fauler Zungen.
Nicht zu wenig / nicht zu viel!
Beydes wird sonst Kinder-spiel.
Nicht zu laut / und nicht zu leise /
Beyder Maß‘ ist rechte Weise.

Nicht zu nahe / nicht zu weit.
Diß macht Kummer / jenes Leid.
Nicht zu trucken / nicht zu feuchte /
wie Adonis Venus reichte.

Nicht zu harte / nicht zu weich.
Bald zugleich / bald nicht zugleich.
Nicht zu langsam / nicht zu schnelle.
Nicht ohn Unterscheid der Stelle.

Halb gebissen / halb gehaucht.
Halb die Lippen eingetaucht.
Nicht ohn Unterscheid der Zeiten.
Mehr alleine denn bei Leuten.

Küsse nun ein Jedermann /
wie er weiß / will / soll und kan.
Ich nur und die Liebste wissen /
wie wir uns recht sollen küssen.

(Paul Fleming: Wie er wolle geküßt sein)
Re: Teutschlands Antwort auf Sappho & Catull
διψαλέος schrieb am 27.07.2011 um 20:25 Uhr (Zitieren)
Hei!
Der hat wirklich hübsche Sachen gereimt!



Geh/ Amor/ fleug geschwind/ und sags ihr eilend an;
Es ist umm mich geschehn; Ich lieg' in letzten Zügen.
Das Blut ist außgedorrt: Das heisse Marck versiegen.
Ich singe selbst mein Lied/ ich Tode naher Schwan.
Geh/ eile/ sag es jhr/ es ist umm mich gethan.
Die Wichtigkeit der Pein ist über mich gestiegen:
Das müde Herze klopfft/ ich kan nicht Odem kriegen.
Es ist mir müglich nicht/ daß ich mehr leben kan.
Jedoch/ verzeuch noch hier/ biß mein gewisser Todt
dich fertigt bald von hier. Diß kanst du hoch bewehren,
Ich brenne liechter Loh und schwimm' in meinen Zehren.
Erzehls ihr/ was du siehst/ von meiner Todesnoth.
Ich kan nicht todt-arm seyn. Verschonen mich die Flammen/
So schlägt diß Thränen Meer doch über mich zusammen.


Re: Teutschlands Antwort auf Sappho & Catull
Γραικίσκος schrieb am 27.07.2011 um 20:28 Uhr (Zitieren)
Paul Fleming ist schlicht & einfach: großartig!
Und als junger Kerl gestorben, wie Catull.
Re: Teutschlands Antwort auf Sappho & Catull
Γραικίσκος schrieb am 27.07.2011 um 20:33 Uhr (Zitieren)
Das ist derzeit, wie ich annehme, die einzige erhältliche Buchausgabe:
Paul Fleming, Ich habe satt gelebt. Gedichte. Herausgegeben von Thomas Rosenlöcher. Frankfurt am Main und Leipzig 2009

Aber was bedeutet das schon für eine Generation, die Gedichte goutiert, indem sie auf einen Bildschirm starrt?
Re: Teutschlands Antwort auf Sappho & Catull
διψαλέος schrieb am 27.07.2011 um 20:54 Uhr (Zitieren)
Re: Teutschlands Antwort auf Sappho & Catull
διψαλέος schrieb am 27.07.2011 um 20:55 Uhr (Zitieren)
Herrlich, diese Zeile
Ich singe selbst mein Lied/ ich Tode naher Schwan.
Re: Teutschlands Antwort auf Sappho & Catull
Γραικίσκος schrieb am 28.07.2011 um 12:56 Uhr (Zitieren)
Die von διψαλέος eruierte Internet-Stelle enthält eine kleine, aber feine Auswahl.
Re: Teutschlands Antwort auf Sappho & Catull
Πέγασος schrieb am 28.07.2011 um 20:19 Uhr (Zitieren)
Das Gedicht ganz oben wurde neulich während einer Theateraufführung in der Schule zitiert: eingebaut in ein modernes Stück, vorgetragen von einer "gestrengen Lehrerin." in Gestalt einer Grazie ... die Zuschauer waren sehr beeindruckt, die Schüler und Schülerinnen kicherten.
Einfach zeitlos, was der gedichtet hat.
Re: Teutschlands Antwort auf Sappho & Catull
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 28.07.2011 um 23:22 Uhr (Zitieren)
Auch dies ein zeitloses Kleinod:

An sich

Sei dennoch unverzagt! Gib dennoch unverloren!
Weich keinem Glücke nicht, steh höher als der Neid,
Vergnüge dich an dir und acht es für kein Leid,
Hat sich gleich wider dich Glück, Ort und Zeit verschworen.

Was dich betrübt und labt, halt alles für erkoren,
Nimm dein Verhängnis an, laß' alles unbereut.
Tu, was getan sein muß, und eh man dir's gebeut.
Was du noch hoffen kannst, das wird noch stets geboren.

Was klagt, was lobt man doch? Sein Unglück und sein Glücke
Ist ihm ein jeder selbst. Schau alle Sachen an:
Dies alles ist in dir. Laß deinen eitlen Wahn,

Und eh' du förder gehst, so geh in dich zurücke.
Wer sein selbst Meister ist und sich beherrschen kann,
Dem ist die weite Welt und alles untertan.
 
Antwort
Titel:
Name:
E-Mail:
Eintrag:
Spamschutz - klicken Sie auf folgendes Bild: Reiterstatue

Aktivieren Sie JavaScript, falls Sie kein Bild auswählen können.