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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Zu Identifizierbarkeit von Sprache (747 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 12.08.2011 um 08:15 Uhr (Zitieren)
Νησσάριον schrieb am 12.08.2011 um 00:51 Uhr:
Das ist ein wirklich interessantes Thema...

Vor einigen Monaten haben sich wohl einige Schüler meiner ehem. Schule auf einer Website, auf der man anonym(!) Gerüchte verbreiten kann, in einer Weise über eine Mitschülerin geäußert, die weit unter die Gürtellinie ging... Es hieß von Seiten der Schulleitung, man habe diese Schüler an ihrem Schreibstil erkannt. Soweit ich weiß, haben sie die Tat nicht gestanden, bestraft wurden sie trotzdem...

Hmm... aber es ist doch trotz eines persönlichen Stils so, dass man sich i.d.R. an das sprachliche Niveau des Gegenübers anpasst, oder? Mit "meinen Mädels" (Fünft- und Sechstklässlerinnen, mit denen ich an meiner ehem. Schule arbeite) rede ich anders als mit Dozenten an der Uni oder mit meinen gleichaltrigen bzw. älteren Freunden. Wenn ich mit meinen Mädels chatte, "klingt" das anders, als wenn ich einem Dozenten eine Mail schreibe... Mich würde interessieren, ob es dabei trotzdem gemeinsame Merkmale gibt, anhand derer man mich als Schreiber identifizieren kann...

Hmm......

Es gibt in der Tat Kennzeichen im Sprachgebrauch eines Menschen, die sich durchhalten, gleich ob er nun mit Kindern oder mit Professoren spricht.
Gehört habe ich, es gehe dabei vor allem um die Häufigkeit, mit der bestimmte Wörter verwendet werden.
Mir selbst ist bewußt, daß
- ich Anglizismen meide (Blickfang/eye-catcher, Schüsselanhänger/key chain usw.),
- zu Archaismen in der Sprache neige (Elephant, Telephon),
- Anführungszeichen verwende, sobald ich nicht in Worten schreibe, sondern über Worte (Kann mit mal jemand bitte träume mich übersetzen?/Kann mir mal jemand bitte "träume mich" übersetzen?/Kann mir mal jemand "bitte träume mich" übersetzen?)
- Semikola sowie "&" (statt "und") verwende (was inzwischen sehr ungewöhnlich ist) und
- grundsätzlich Texte durchlese, bevor ich sie abschicke bzw. an der Schultafel zur Diskussion freigebe.
All dies tue ich völlig unabhängig davon, wem gegenüber ich Sprache verwende. Dies charakterisiert also meine Sprache.

Jeder hat die Möglichkeit, sich dies für seine Person bewußt zu machen: Was kennzeichnet meine individuelle Sprache im Unterschied zur Sprache anderer?
Und dann wird es interessant, denn ab jetzt hat man die Möglichkeit, gerade auf diese Merkmale zu verzichten, d.h. seine Texte zu fälschen.
Als Schriftsteller hat man ab jetzt die Möglichkeit, eine seiner literarischen Figuren anders sprechen zu lassen, milieutypisch z.B., als man selber spricht. Ein sehr wichtiges Werkzeug für einen Schriftsteller!

Ein Kriminalpsychologe (anglizistisch: Profiler) hat einmal darauf hingewiesen, daß der Vorgang des Eintütens eines Briefes in den Briefumschlag, des Beschriftens dieses Umschlags und des Aufklebens von Briefmarken mehr als zwanzig Entscheidungen beinhaltet, die für ein Individuum typisch & damit kennzeichnend sind.

Im Falle z.B. von Erpresserbriefen beginnt jetzt der Wettkampf zwischen Verbrecher und Kriminalpsychologen. Mit offenem Ausgang.
Allerdings sind Kriminalpsychologen sehr raffiniert & versiert. Als Laie hingegen sollte man mit der Behauptung, man könne Texte einen Individuum zuordnen, vorsichtig sein.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 12.08.2011 um 11:12 Uhr (Zitieren)

Man kann seinen Schreibstil relativ einfach analysieren lassen. Hier ein link:

http://www.faz.net/f30/aktuell/WriteLike.aspx

Ich habe den Test ausprobiert. Angeblich schreibe ich wie Friedrich Nietzsche, nunja.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 12.08.2011 um 11:16 Uhr (Zitieren)

Ach, ich habe mal Γραικίσκος obigen Text (ohne Νησσάριον`s Anteil eingegeben.

Ergebnis: Sigmund Freud.
;-)
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 12.08.2011 um 11:21 Uhr (Zitieren)

... und Νησσάριον (obiger Textausschnitt)schreibt wie Ingo Schulze, angeblich.

Da können wir uns jetzt gegenseitig analysieren, toll! (ich habe aber noch nicht viele Vergleichstexte verwendet. Vielleicht folgt das Programm ja auch dem Zufallsprinzip).
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 12.08.2011 um 11:26 Uhr (Zitieren)

Eine weitere Texteingabe in das genannte Programm ergab für mich Wolfgang von Goethe. ???
Nietzsche und Goethe? Sehr merkwürdig ...
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
Γραικίσκος schrieb am 12.08.2011 um 13:56 Uhr (Zitieren)
Ich meine mich an die erste Vorstellung dieses Programms in der FAZ zu erinnern und an den Kommentar, daß dies alles nicht so ernst gemeint sei.
Daß man eine zuverlässige Stilanalyse bereits automatisiert durchführen könne, möchte ich nicht behaupten. Außerdem soll dieses Programm doch nur zeigen, welchem Stil derjenige des Testers am nächsten kommt.
Sigmund Freud, ich danke schön. Kein schlechter Stilist.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
διψαλέος schrieb am 12.08.2011 um 16:31 Uhr (Zitieren)
Es kommt aber auch auf das beschriebene Thema an:
Ich, als Hobby-Historiker mit Schwerpunkt griechische und römische Klassik, schreibe, z.B. über die Iden des Märzes anders als wenn ich hier in diesem Forum die Statik einer Stützmauer beschreiben würde, da ich davon ausgehen muß, daß hier ja keine Berufskollegen mitlesen und ich daher keine ganz spezifischen Fachbegriffe verwenden kann.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
διψαλέος schrieb am 12.08.2011 um 16:36 Uhr (Zitieren)
apropos "Νησσάριον",
diese Vokabel steht sogar in einem on-line-Wörterbuch:

http://www.openelibrary.info/index.php/list/4-griechisch-deutsches-handworterbuch/6,%CE%9D,%CE%97,.xhtml

:-))
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 12.08.2011 um 17:16 Uhr (Zitieren)

Leider weiß ich ja nicht, wie das Programm arbeitet. Ich habe mehrere Texte eingegeben. Ergebnisse für:
klar ausformulierten, sachlichen Text: Goethe
kurzes Gedicht: Goethe
langes Gedicht, Ballade: Schiller:
bissigen, leicht sarkastischer Text: Nietzsche
sachlich, tiefgründigen Text: Freud

Wer bin, und wenn ja, wie viele? Ich muss eine multiple Persönlichkeit sein. Zum Glück war Handke nicht dabei ...
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
διψαλέος schrieb am 12.08.2011 um 18:43 Uhr (Zitieren)
soeben auch mal getestet
ich schreibe wie "Melinda Nadj Abonji" ???
:-?
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 12.08.2011 um 18:59 Uhr (Zitieren)

Kenne ich nicht. Spontan hätte ich das für ein Abonnement naturgezogener indischer Melonen gehalten - auf Swahili.
Ich glaube das Programm ist ein Holzweg mit vielen Seitenpfaden.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
διψαλέος schrieb am 12.08.2011 um 19:03 Uhr (Zitieren)
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 12.08.2011 um 19:14 Uhr (Zitieren)

Ja, ich gebe zu, dass ich es auch zuerst nachlesen musste. Eine Bildungslücke, zu der ich mich verschämt bekenne. Es war auch nicht abwertend auf die Person bezogen. Das FAZ-Programm hat mich ein wenig aufgestachelt - Horoskop-Hokuspokus.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 12.08.2011 um 22:31 Uhr (Zitieren)

Ich habe einen Originaltext von Herder eingegeben.
Das Programm sagt, Herder schreibt wie Goethe.
Texte von Kafka hat er stets richtig zugeordnet.
Nunja. Lassen wir das.-
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
διψαλέος schrieb am 12.08.2011 um 22:58 Uhr (Zitieren)
Herder schreibt wie Goethe


B-)
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
διψαλέος schrieb am 12.08.2011 um 23:00 Uhr (Zitieren)
Neuer Test: jetzt schreibe ich wie Georg Klein...
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
Νησσάριον schrieb am 13.08.2011 um 02:58 Uhr (Zitieren)
:D

Das Programm sagt:
Mails an Dozenten: Melinda Nadj Abonji, Franz Kafka
Mails an Kommilitonen: Charlotte Roche, Melinda Nadj Abonji, Franz Kafka
Mails an Freundinnen: 5x Melinda Nadj Abonji, Ingo Schulze, Charlotte Roche
Mail an meinen Bruder: Kurt Tucholsky
Mails an meine ehem. Lateinlehrerin :D : Peter Handtke, 2x Ildikó von Kürthy, Sigmund Freud, Melinda Nadj Abonji, Rainald Goetz

... Relativ viele Frauen im Vergleich zu den bereits genannten "Resultaten" ... Hmm... geschlechtsspezifische Sprache?

Mir fällt gerade auf, dass ich dazu neige, Sätze mit drei Punkten zu beenden... Und ich mag Smileys. :) Und ich beginne gern Sätze mit "und" ... Und ich mag in Klammern gesetzte Einschübe.

Ich bin tatsächlich "chat-geschädigt"... Ich gestehe: Ab und zu rutscht mir auch im "real life" ein "lol" raus... (peinlich... aber zum Glück ist mir das bisher nur unter gleichaltrigen Freunden passiert...) Ich mag den übertriebenen Gebrauch von Anglizismen im (Hoch-)Deutschen auch nicht, schreibe bzw. spreche mit einigen Freunden aber lustigerweise meist ein Englisch-Deutsch-Mischmasch...



Ich bin übrigens von Montag an fünf Wochen im Urlaub und weiß nicht, ob und wie oft ich Internetzugang haben werde...
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 13.08.2011 um 10:56 Uhr (Zitieren)
Schönen Urlaub, Νησσάριον!

5 Wochen? Neid. Ich habe jetzt noch die nächste Woche und warte weiterhin auf schöneres Wetter, um öfter aufs Boot zu kommen.
Mein Tipp: so weit weg von Deutschland wie möglich!! ... oder einen Tauchkurs machen, da braucht man nicht mal ins Wasser zu springen.
;-)
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 13.08.2011 um 12:04 Uhr (Zitieren)

Aristoteles (Metaphysik) schreibt auf Deutsch wie Hegel, nunja. Vielleicht war der Übersetzer Hegelianer.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
Σαπφώ schrieb am 15.08.2011 um 10:24 Uhr (Zitieren)
Einzelne Elemente einer meiner E-Mails gibt er als Goethe, Rilke oder Fontane an. Den Gesamttext findet er Marx ähnlich.
Goethe + Rilke + Fontane = Marx?
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
Γραικίσκος schrieb am 15.08.2011 um 10:36 Uhr (Zitieren)
Dieses mehr oder weniger lustige Programm hat völlig von der ursprünglichen Doppel-Frage abgelenkt:
- ob jeder Mensch einen individuellen Schreib-/Sprechstil hat, an dem man ihn identifizieren kann wie an einem Fingerabdruck,
- oder man diesen Stil auch verdecken kann (indem z.B. ein Romanautor seine verschiedenen Personen mit verschiedenen Sprachstilen ausstattet).
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
Σαπφώ schrieb am 15.08.2011 um 10:44 Uhr (Zitieren)
Das habe ich an dem Roman "The Other Hand" von Chris Cleave (in Deutschland erschienen unter dem Titel "Little Bee") sehr genossen. Jedem Charakter hat er konsequent einen Sprachstil zugeordnet, der die Charaktere glaubhaft machte und es zudem viel einfacher machte, in Dialogen noch zu wissen, wer wer ist.
Ein kleiner Ausschnitt, den ich sehr mag:

"So we switched on the television. We looked at the pictures without the sound. It was the BBC morning news, and they were showing pictures of the Prime Minister making a speech. Charlie put his head on one side to watch. The ears of his Batman hood flopped over.

He said, 'That is the Joker, isn't it?'

'No, Charlie. That is the Prime Minister.'

'Is he a goody or a baddy?'

I thought to myself.

'Half the people think he is a goody and the other half think he is a baddy.'

Charlie giggled. 'That is silly', he said.

'That is democracy,' I said. 'If you did not have it, you would want it.'

We sat and watched the Prime Minister's lips moving.

'What's he saying?' said Charlie.

'He is saying that he will make ice-cream snow.'

Charlie spun round to look at me. 'WHEN?' he said.

'About three o'clock in the afternoon, if the weather is cool enough. He is also saying that young people who are running away from trouble in other countries will be allowed to stay in this country so lond as they work hard and do not make any fuss.'

Charlie nodded. 'I think the Prime Minisser is a goody.'

'Because he will be kind to refugees?'

Charlie shook his head. 'Because of the ice-cream snow,' he said."
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 15.08.2011 um 10:49 Uhr (Zitieren)
Vermutlich wird es so sein wie bei Schauspielern:
Die wirklich guten Schauspieler können in (fast) jede Rolle schlüpfen - die anderen spielen meisten nur sich selbst. Ein guter Schriftsteller, Kritiker, Literaturspezialist wird wohl in der Lage sein, die Stilelemente bestimmter Vorbilder täuschend echt nachzuahmen. Der Laie wird da oft scheitern, weil er die Feinheiten der sprachlichen Technik und präferierte Formulierungen übersieht.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
Γραικίσκος schrieb am 15.08.2011 um 15:13 Uhr (Zitieren)
Ein Text, in dem ein Autor gewiß nicht die eigene Sprache verwendet hat, ist der folgende, in dem es um die Frage geht, ob Neger Menschen sind:
[...]
We all had a couple more drinks, and Buck tossed his stogie in a gaboon and cut himself a chaw; and Ken said I wasn’t prezackly correct in saying that twelve hundred and eighty souls was the same as twelve hundred and eighty people.
“Ain’t that right, Buck?” Ken said, giving him a nod.
“Kee-rect!” Buck said. “You’re a thousand per cent right, Ken!”
“Natcherly! So just tell old Nick why I am.”
“Shorely,” Buck said, turning toward me. “Y’see it’s this way, Nick. That twelve hundred and eighty would be countin’ niggers – them Yankee lawmakers force us to count ‘em – and niggers ain’t got no souls. Right, Ken?”
“Kee-rect!” Ken said.
“Well, now, I don’t know about that,” I said. “I wouldn’t come out flat and say you fellas was wrong, but I sure don’t reckon I can agree with you either. I mean, well, just how come you say that colored folks don’t have souls?”
“Because they don’t, that’s why.”
“But why don’t they?” I said.
“Tell him, Buck. Make old Nick here see the light,” Ken said.
“Why, shoreley,” Buck said. “Y’see, it’s this way, Nick. Niggers ain’t got no souls because they ain’t really people.”
“They ain’t?” I said.
“Why, o’course not. Most everybody knows that.”
“But if they ain’t people, what are they?”
“Niggers, just niggers, that’s all. That’s why folks refer to ‘em as niggers instead of people.”
Buck and Ken nodded at me, as if to say there wasn’t anything more to be said on this subject. I took another pull at the bottle and passed it around.
“Well, looky here, now,” I said. “How about this? My mama died almost as soon as I was born, so I was put to suck with a colored mummy. Wouldn’t be alive today except for her sucklin’ me. Now, if that don’t prove –“
“No, it don’t,” Ken broke in. “That don’t prove a thing. After all, you could have sucked titty from a cow, but you can’t say that cows is people.”
“Well, maybe not,” I said. “But that ain’t the only point of similarity. I’ve had certain relations with colored gals that I sure wouldn’t have with a cow, and –“
“But you could,” Ken said. “You could. We got a fella over in the jail right now for pleasurin’ with a pig.”
[...]

[Quelle: Jim Thompson, Pop. 1280. New York 1990, pp. 24-26]
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
διψαλέος schrieb am 15.08.2011 um 16:05 Uhr (Zitieren)
Das ist ja ein grauenvolles english....
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
Γραικίσκος schrieb am 15.08.2011 um 16:15 Uhr (Zitieren)
Südstaaten-Slang, nehme ich an.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
διψαλέος schrieb am 15.08.2011 um 18:17 Uhr (Zitieren)
ich musste zunächst "Jim Thompson" ergooglen..
Dadurch dann fiel es mir wieder ein, wer es war.
(z.B. Drehbuch zu "Wege zum Ruhm")
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 15.08.2011 um 18:27 Uhr (Zitieren)
Aber den Stil macht ja nicht nur der Dialekt aus, sondern Wortschatz, Satzkonstruktion, Originalität der Verwendung bestimmter Stilmittel usw. . Die Iren sagen "doin", statt down, "toin", statt town u.a. Das ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, hat nun aber nichts mit der korrekten Schriftsprache zu tun.
Fallanalytiker (sog. Profiler) analysieren aus gesprochenen oder geschriebenen Texten mit einiger Genauigkeit Herkunft, Bildungsstand, Psychosen u.a. Persönlichkeitsmerkmale von Tätern. Die Schrift selbst soll ja auch Auskunft über die Persönlichkeit geben. Es geht also.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
Γραικίσκος schrieb am 15.08.2011 um 19:24 Uhr (Zitieren)
Ich glaube einfach nicht, daß dies Jim Thompsons eigener, persönlicher Stil war; er hat den von anderen Menschen kopiert. Und das hat er gut gemacht, meine ich. Sowas ist möglich.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 16.08.2011 um 17:17 Uhr (Zitieren)
Gibt es klassische Texte, die sich über den Sprachstil auslassen?
vgl.
Im Kinderfall unserer Stadtgemeinde ist eine hierorts wohnhafte, noch unbeschulte Minderjährige aktenkundig, welche durch ihre unübliche Kopfbekleidung gewohnheitsrechtlich Rotkäppchen genannt zu werden pflegt
Der Mutter besagter R. wurde seitens ihrer Mutter ein Schreiben zustellig gemacht, in welchem dieselbe Mitteilung ihrer Krankheit und Pflegebedürftigkeit machte und bat, eine Sendung von Nahrungsmittel und Genußmitteln zu Genesungszwecken zuzustellen. Vor ihrer Inmarschsetzung wurde die R. seitens ihrer Mutter über das Verbot betreffs Verlassen der Waldwege auf Kreisebene belehrt.
Dieselbe machte sich infolge grob fahrlässiger Nichtbeachtung dieser Vorschrift straffällig und begegnete beim Übertreten des amtlichen Blumenpflückverbotes einem polizeilich nicht gemeldeten Wolf ohne festen Wohnsitz....


http://www.onlinecat.de/fun/rotkaeppchen.htm
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
Γραικίσκος schrieb am 17.08.2011 um 12:44 Uhr (Zitieren)
Heute steht in der FAZ der Erlebnisbericht eines Schriftstellers, der seine acht Romane der Analyse dieses Programms anvertraut und für jeden Roman eine andere Auskunft erhalten hat.
Der Artikel hat eher den Charakter einer Satire auf dieses Programm.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache [Offtopic]
Νησσάριον schrieb am 19.08.2011 um 11:58 Uhr (Zitieren)
ανδρέας schrieb am 13.08.2011 um 10:56 Uhr:
Schönen Urlaub, Νησσάριον!

5 Wochen? Neid. Ich habe jetzt noch die nächste Woche und warte weiterhin auf schöneres Wetter, um öfter aufs Boot zu kommen.
Mein Tipp: so weit weg von Deutschland wie möglich!! ... oder einen Tauchkurs machen, da braucht man nicht mal ins Wasser zu springen.
;-)


Danke! :-)
Hmm... Ich glaube, Vietnam duerfte weit genug weg sein... ;-) Es ist sehr heiss hier... fuer meinen Geschmack sind's schon wieder ein paar Grad zu viel... Aber immerhin hab ich ueberhaupt die Moeglichkeit, auch diese Seite meiner Identitaet kennenzulernen... Leider hab ich mich nie befleissigt, die Sprache zu lernen... :-(
Jetzt ueber's Wochenende geht's an's Meer.... Wasser - endlich! :D (Keine fuenf Minuten nachdem man aus der Dusche gekommen ist, will man sich am liebsten gleich wieder drunterstellen...)

Und mit meiner ewigen Prokrastination hab ich mich selbst gestraft... jetzt muss ich hier meine Hausarbeit schreiben (zum Glueck wieder nur eine!)... Aber das kann bis nach dem Ausflug ans Meer warten. :-)

Liebe Gruesse aus der Ferne ;-)
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ὑλακτῶν schrieb am 19.08.2011 um 14:20 Uhr (Zitieren)
ανδρέας schrieb am 16.08.2011 um 17:17 Uhr:
Gibt es klassische Texte, die sich über den Sprachstil auslassen?


Mir würde da der berühmte Atticusbrief von Cicero einfallen, wenngleich Cicero sich da nicht auslässt, sondern weitaus subtiler verfährt.

Brundisium venimus vii Kalend. Decembr. usi tua felicitate navigandi; ita belle nobis flavit ab Epiro lenissimus Onchesmites. hunc spondeiazonta si cui voles ton neoteron pro tuo vendito.
7.2.1
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
ανδρέας schrieb am 19.08.2011 um 23:57 Uhr (Zitieren)
Man könnte die ganze Liste rhetorischer Stilmittel abarbeiten und müsste daraus die Präferenzen des Autors statistisch zuordnen und qualitative Bewertungen vornehmen. Das wäre aber sehr aufwendig (oder aufwändig -neuerdings).
Oder man geht nach „Bauchgefühl“ und weiß, was jemand zu einem bestimmten Thema grundsätzlich denkt und wie er sich auszudrücken pflegt. In einem überschaubaren Kreis möglicher Verfasser dürfte der Autor dann zu ermitteln sein.
Man müsste mal einen Test machen, indem jeder Teilnehmer anonym zu einem vorgegebenen Thema einen Text fabriziert ohne sich zu verstellen.

Woran erkennt man den Sprachstil?
Die Sprache kann nüchtern, sachlich, chaotisch, umständlich, blumig, geradlinig, ausufernd, emotional bewegt, unbeholfen oder kitschig sein. Sie kann Metaphern, Vergleiche, Pleonasmen, Oxymora u.a. enthalten. Merkmale der Sprache sind z.B.:
a) Syntax: z.B. lange, mehrfach untergliederte (verschachtelte) Sätze ( Hypotaxe ) oder eine Serie von kurzen Sätzen oder von gleichwertigen Gliedsätzen ( Parataxe)
b) Art der Darstellung: direkte Rede, Dramatik, Abwechslung der Perspektive oder
indirekte Rede, also Distanz, Sachlichkeit, Zeitraffung, Zusammenfassung
c) Wortschatz: vorherrschende Wortarten: Adjektive, Verben, Substantive
Vokabular: ausgesucht, gelehrt, umgangssprachlich, abwechslungsreich, eintönig, kitschig etc.
Fragt sich nur, ob sich der Stil nicht ändert, wenn man "beobachtet" wird. Probanden verhalten sich ja auch unter Testbedingungen nicht natürlich.


Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
latrator schrieb am 20.08.2011 um 11:35 Uhr (Zitieren)
ανδρέας schrieb am 19.08.2011 um 23:57 Uhr
Fragt sich nur, ob sich der Stil nicht ändert, wenn man "beobachtet" wird. Probanden verhalten sich ja auch unter Testbedingungen nicht natürlich.

Sieht man das ganze Sprache pragmalinuistisch, geschieht Sprache nie in einem absoluten und freien Raum, sondern wird anhand von Kontexten produziert. Ganz konkret heißt das, dass ein Mensch in verschiedenen Umgebungen und auch aus verschiedenen Anlässen verschieden spricht. Ändert sich also der , wie du es sagst, Beobachter, ändert sich auch das Sprachverhalten gegenüber diesen Menschen.
Deswegen kann man jemanden auch keinen Text fabrizieren lassen, ohne sich zu verstellen, weil diese konkrete Situation eine Verstellung zu einem gewissen Sprachstil erfordert.
Die Tatsache aber, dass man Menschen trotzdem anhand ihres Schreibstils unterscheiden kann, legt ausgehend von obigen Erläuterungen nahe, dass Personen, unabhängig davon, in welchen Kontexten sie Sprache verwenden, über ein aktives und passives Sprachwissen verfügen - gemeint sind damit prinzipiell die von ανδρέας angeführten Punkte a)-d), wobei diese auch noch um eine sozio- und dialektale Dimension erweitert werden könnten -, das bei einem Sprecher bzw. Schreiber eine typische sprachliche Verhaltensweise erkennen lässt, man spricht hierbei von Idiolekt.
Der Stil wird sich also je nach Kontext immer ändern, ein Idiolekt ist sowohl beim Gespräch an der Pommesbude als auch in der Diskussion im Aristoteles-Hauptseminar vorhanden.
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
Γραικίσκος schrieb am 21.08.2011 um 15:23 Uhr (Zitieren)
Schönen Urlaub, Νησσάριον, auch von mir!
Re: Zu Identifizierbarkeit von Sprache
Νησσάριον schrieb am 24.08.2011 um 03:25 Uhr (Zitieren)
Danke! :)
 
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