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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Selbstlosigkeit? (610 Aufrufe)
Νησσάριον schrieb am 25.08.2011 um 13:32 Uhr (Zitieren)
Diese Frage bewegt mich gerade persoenlich sehr und ich weiss nicht, wem ich sie sonst stellen soll, so weit weg von zu Hause:

Gibt es wahre Selbstlosigkeit?

Wenn ich jemandem nur etwas Gutes tue, weil ich dafuer Dank bzw. eine Gegenleistung erwarte, ist das egoistisch, meine ich.

Wenn ich aber keinen Dank erwarte, sondern ich mich einfach dadurch besser fuehle, dass ich jemandem Gutes tue, ist das dann selbstlos? Oder handle ich dann insofern egoistisch, dass ich mich besser fuehlen will, auch ohne Rueckmeldung desjenigen, dem ich etwas Gutes getan habe? Und wird meine "gute Tat" dadurch abgewertet?
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 25.08.2011 um 15:08 Uhr (Zitieren)
I. Friedrich Nietzsche meint dazu:
Erstens ist ein Wesen, welches einzig rein unegoistischer Handlungen fähig wäre, noch fabelhafter als der Vogel Phönix; es ist deutlich nicht einmal vorzustellen, schon deshalb, weil der ganze Begriff „unegoistische Handlung“ bei strenger Untersuchung in die Luft verstiebt. Nie hat ein Mensch etwas getan, das allein für andere und ohne jeden persönlichen Beweggrund getan wäre; ja wie sollte er etwas tun können, das ohne Bezug zu ihm wäre, also ohne innere Nötigung (welche ihren Grund doch in einem persönlichen Bedürfnis haben müßte)? Wie vermöchte das ego ohne ego zu handeln? - Ein Gott, der dagegen ganz Liebe ist, wie gelegentlich angenommen wird, wäre keiner einzigen unegoistischen Handlung fähig: wobei man sich an einen Gedanken Lichtenbergs, der freilich einer etwas niedrigeren Sphäre entnommen ist, erinnern sollte: „Wir können unmöglich für andere fühlen, wie man zu sagen pflegt; wir fühlen nur für uns. Der Satz klingt hart, er ist es aber nicht, wenn er nur recht verstanden wird. Man liebt weder Vater, noch Mutter, noch Frau, noch Kind, sondern die angenehmen Empfindungen, die sie uns machen.“ [...]
Sollte aber ein Mensch wünschen, ganz wie jener Gott Liebe zu sein, alles für andere, nichts für sich zu tun, zu wollen, so ist letzteres schon deshalb unmöglich, weil er sehr viel für sich tun muß, um überhaupt anderen etwas zuliebe tun zu können. Sodann setzt es voraus, daß der andre Egoist genug ist, um jene Opfer, jenes Leben für ihn, immer und immer wieder anzunehmen: so daß die Menschen der Liebe und Aufopferung ein Interesse an dem Fortbestehen der lieblosen und aufopferungsunfähigen Egoisten haben, und die höchste Moralität, um bestehn zu können, förmlich die Existenz der Unmoralität erzwingen müßte (wodurch sie sich freilich selber aufheben würde). [...]

[Menschliches, Allzumenschliches I 133]

Darin steckt viel Wahres, wie ich meine. Alleine der Gedanke, daß ein anderer recht egoistisch sein müßte, um meine 'selbstlose' Handlung - zu seinen Gunsten! - anzunehmen, gilt mir viel.

II. Ich meine dazu:
Was immer eine Person X tut, es muß in ihr einen Grund geben, warum sie dies tut. Dieser Grund bedeutet, daß der Person X der bestehende Zustand weniger gefällt als derjenige, den sie durch ihre Handlung realisieren möchte. Andernfalls könnte ich gar nicht begreifen, warum die Person X handelt (aus welchem Motiv sie handelt).
Insofern ist alles Handeln ego-bezogen, egoistisch.

Nun gibt es aber mehrere Varianten von Egoismus:
1. Person X ist glücklich, wenn sie Person Y glücklich machen kann. Das ist es, was man landläufig als 'selbstlos' bezeichnet - aber, wohlgemerkt, Person X wird dadurch selber glücklich(er), andernfalls täte sie es nicht.
2. Person X ist glücklich gänzlich unabhängig davon, wie es Person Y geht. Das ist es, was man landläufig als 'egoistisch' bezeichnet. Für mich ist es eine bestimmte Form von Egoismus, und zwar eine weitaus weniger erfreuliche als Variante 1.
3. Person X ist glücklich, wenn Person Y unglücklich ist. Dies nennt man Grausamkeit, Sadismus o.ä. Für mich ist es die dritte Variante des Egoismus, noch weit unangenehmer als die 2.
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 25.08.2011 um 15:13 Uhr (Zitieren)
Um Deine Frage noch kürzer zu beantworten:
Wenn Du jemandem etwas Gutes tust, damit er Dir dankbar ist, bist Du auf eine etwas weniger nette Art egoistisch, als wenn Du jemandem etwas Gutes tust, weil Du Dich über seine Freude freust.

Daß jemand bewußt und absichtlich etwas tut, das ihn selber unglücklich macht (also auch ohne daß er sich über das Glück des anderen selber freut), halte ich für unmöglich. Dies ist meine These.
Niemand kann unglücklich sein wollen. Diejenigen, bei denen es so scheint (Masochisten z.B.), haben nur eine sehr spezielle Vorstellung von Glück.

Außerdem wünsche ich Dir weiterhin viel Freude und Anregungen in Deinem fernen Urlaubsland.
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 25.08.2011 um 16:47 Uhr (Zitieren)
Danke, jetzt geht's mir besser! :)

Aber... ich weiss nicht... manchmal habe ich schon das Gefuehl, dass ich ungluecklich sein will... wenn ich bewusst etwas tue, bei dem ich weiss, dass es mich ungluecklich machen wird...?
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 25.08.2011 um 16:58 Uhr (Zitieren)
Das ist zumindest sehr seltsam. Es muß doch dann, wenn Du unglücklich sein willst, irgendein Vorteil für Dich darin liegen.
Ad exemplum: Wenn ich unglücklich bin, dann zeigen andere mir ihr Mitgefühl, d.h. sie wenden sich mir zu.
Oder: Wenn ich unglücklich bin, dann beneidet mich niemand, niemand ist mein Rivale.
Das sind Motive, die ich mir vorstellen kann.
Wenn Du dich selber besser verstehen willst, solltest Du immer schauen, was den von Dir erstrebten Zustand für Dich attraktiv macht. Entlastet er Dich von etwas? Bringt er Dein Verhältnis zu anderen Menschen oder zu Gott in einen irgendwie besseren, leichteren, angenehmeren Zustand?

Von Blaise Pascal gibt es ein Gebet, in dem er Gott für seine (zahlreichen) Krankheiten dankt. Schaut man sich dieses Gebet genauer an, dann sieht er als Christ viele Vorteile für sich in diesem Zustand.
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 25.08.2011 um 17:16 Uhr (Zitieren)
Hmm... das koennte sein, ich werde in Zukunft mal versuchen, darauf zu achten, was in solchen Momenten genau in mir vorgeht...

Und das Gebet von Pascal werde ich mir jetzt in Ruhe durchlesen... Und das wird wohl auch das letzte sein, was ich vor dem Schlafengehen noch mache... Ich bin schon von den wenigen Saetzen, die ich bisher gelesen habe, tief bewegt. Vielen Dank, dass mich auf diesen Text hingewiesen hast!

Und Danke nochmal fuer die ganzen Gedanken!
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 25.08.2011 um 17:27 Uhr (Zitieren)
O Gott, der du so sehr die Leidensgestalten liebst, daß du für dich die Gestalt erwählt, die von allen auf der Welt die größten Leiden getragen: sei gnädig meinem Körper, nicht seinetwillen noch um alles, was er umschließt, denn alles daran verdient deinen Zorn, sondern um der Leiden willen, die er erträgt und die allein deiner Liebe wert sein können. Liebe, o Herr, meine Leiden, und möchten meine Schmerzen dich rufen, in mich einzukehren.

Schon hieran kann man erkennen, welchen Wert für Pascal das Leiden hat: Als Leidender hofft er auf die Liebe Gottes.
Pascal hat ein spezielles Kruzifix besessen, das Jesus in extremem Leiden zeigt.
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 25.08.2011 um 17:30 Uhr (Zitieren)
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 25.08.2011 um 17:36 Uhr (Zitieren)
Das Gebet trägt den Titel "Gebet um den rechten Gebrauch der Krankheiten". Ein beeindruckendes Dokument christlichen Denkens - ob man diesen Glauben nun teilt oder nicht.
Re: Selbstlosigkeit?
ανδρέας schrieb am 25.08.2011 um 19:47 Uhr (Zitieren)

Im christlichen Verständnis ist die Selbstverleugnung im Diesseits ja auch eine Methode, sich das Paradies im Jenseits zu erwerben. Man wird im Jenseits dafür entlohnt, dass man im Diesseits richtig gehandelt hat. Dazu gehören die Leiden, mit denen man - richtig ertragen - Pluspunkte für die Belohnung im Jenseits sammeln kann. Verleugnung des Körpers und eigener Wünsche und die gesamte Palette der üblichen Bußübungen (Flagellanten etc.) zählen dazu. Man denke an Augustinus Abkehr vom Körper auf dem Wege zu Gott. Selbstlosigkeit ist in diesem Sinne auch auf eine Belohnung gerichtet - sie wird nur vertagt.
Das Tauschprinzip in radikaler Form - mit allerhöchster Gewinnchance. Insofern ist es eine klar kalkulierte Verhaltensweise, sich im Leid einen Vorteil zu verschaffen. Leid hat eine Funktion. Masochisten wären da wohl im Vorteil, aber ob das gilt?
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 26.08.2011 um 08:52 Uhr (Zitieren)
Jetzt habe ich das ganze Gebet gelesen. Ich habe zwar bei Weitem nicht alles aufnehmen koennen, aber war doch sehr beeindruckt von dem, was ich mitbekommen habe. Ich wusste zwar vorher schon, das Pascal Christ war... aber dass er so einen tiefen Glauben hatte... Ach, wenn mein Glaube doch nur die Groesse eines Senfkorns haette...

Krankheit als Mittel zur (geistlichen) Heilung... Ein Gedanke, der mir zunaechst widerstrebt (Ich bin manchmal der Meinung, ich haette in meinen bisherigen paar Lebensjahren schon genug fuer alle weiteren gelitten, aber das ist doch sehr uebertrieben), aber mich dann doch irgendwie sehr nachdenklich macht...
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 26.08.2011 um 11:38 Uhr (Zitieren)
Fremden bzw. Leuten, die man nur fluechtig kennt, gegenueber freundlich zu sein ist um einiges einfacher als denen gegenueber, die einem nahestehen... Weil man sie "Macken" der Leute erst mitbekommt, wenn man sie besser kennenlernt...? Und/oder weil es einem nicht so wichtig ist, was die Leuten ueber einen denken, mit denen man sowieso nicht viel zu schaffen hat? ... Das war bis jetzt fuer mich immer die logische Begruendung...

An der Uni z.B. kann ich und frueher in der Schule konnte mich i.d.R. auch mit den Leuten nett unterhalten, gegen die ich eine (teilweise sehr starke!) Abneigung hatte, und habe selbst den Leuten, die mich wiederholt aeusserst unfair behandelt haben, Gutes gewuenscht... Aber hier im "Urlaub" (ja, mittlerweile schon in Anfuehrungszeichen...) funktioniert das irgendwie nicht. Ich hab nicht das geringste Beduerfnis, den Leuten hier "Gutes zu tun", und das ist sehr untypisch fuer mich... Argh... Wenn ich nur wuesste, woran das liegt...
Kennt das "Problem" jemand von Euch in irgendeiner Form?
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 26.08.2011 um 11:52 Uhr (Zitieren)
Dem ersten Abschnitt kann ich gut zustimmen.
Den zweiten Abschnitt verstehe ich noch nicht recht. Wer sind die "Leute hier"? Mitglieder der Reisegruppe? Vietnamesen?

Wenn es so ist, wenn Du solche (Nicht-)Empfindungen hast, kannst Du Dich für einen Rahmen entscheiden, in dem Du auf solche Situationen reagierst. Philosophen sagen gerne: eine Maxime.
Meine ist die von Nietzsche: "Wo man nicht lieben kann, soll man vorübergehen."
Wenn man sich für die christliche (Nächstenliebe) oder buddhistische (universale Liebe) entscheidet, hat man ein Problem: Die Regel weist in die eine Richtung, die Neigung in die andere. Die Entscheidung für die christliche Maxime kann dann in Schuldgefühle münden, weil man etwas nicht tut (nicht kann), was man doch tun soll. Entscheidet man sich dennoch dazu, dann gibt es dafür wohl einen Grund: Irgendetwas muß der christliche Glaube einem solchen Menschen geben.
Orientierung? Eine höhere Autorität?
Wenn es so stehen sollte, dann weiß ich auch, warum ich, ein gestandener Feind höherer Autoritäten, kein Christ bin.
Aber Du?
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 26.08.2011 um 12:10 Uhr (Zitieren)
Ah, tut mir leid. Das hab ich vergessen zu erwaehnen. Meine Verwandtschaft hier, ich bin auf Familienbesuch.

Ja, meine Ueberzeugungen (christl. Naechstenliebe) kollidieren ab und zu mit der Realitaet, so wie jetzt gerade. Hmm... Zu der Frage, was mir der christliche Glaube gibt... Die Aussicht auf ewiges Leben und die Gewissheit (ich empfinde es als Gewissheit), dass Gott mich nie im Stich laesst... Und die Ueberzeugung, dass, wenn es Gebote, wie z.B. das der Naechstenliebe gibt, Gott sich auch etwas "dabei gedacht hat", um es mal so zu formulieren.
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 26.08.2011 um 13:01 Uhr (Zitieren)
Vielleicht entlastet Dich Kants Unterscheidung zwischen der Nächstenliebe als Gefühl (von der er sagt, daß kein Gebot sie befehlen könne, weil man eben das Haben eines Gefühls nicht befehlen kann) und der Nächstenliebe als Praxis des Handelns (wovon er sagt, daß sie in unserer Macht stehe, eine Sache unseres freien Willens sei). Du hast dann möglicherweise nicht das gefühlte Bedürfnis, gut zu den Menschen Deiner Umgebung zu sein, kannst dich aber doch genau so verhalten, indem Du weißt, daß es Deine Pflicht ist, Dir auferlegt von einer Instanz, an die Du glaubst und der Du vertraust.

So halte ich es etwa in meinem Beruf. Alle Menschen, mit denen ich es zu tun habe (und die ich ja unmöglich umgehen kann), sympathisch zu finden, damit wäre ich hoffnungslos überfordert. Das ist auch schon lange nicht mehr mein Ideal.
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 26.08.2011 um 13:08 Uhr (Zitieren)
Oh, stimmt... Guter Gedanke. Ja, das entlastet mich. Danke!
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 26.08.2011 um 14:50 Uhr (Zitieren)
Ha! Dann hat die Philosophie einmal geholfen! Ich habe nicht vergeblich studiert.
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 26.08.2011 um 15:04 Uhr (Zitieren)
Allerdings! :-) Ich haette mir sonst wahrscheinlich noch eine gefuehlte Ewigkeit lang das Hirn zermartert.... Danke nochmal!
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 26.08.2011 um 15:14 Uhr (Zitieren)
Seltsam finde ich, daß ich hier von meinem Schreibtisch aus in Vietnam 'gewirkt' habe - einem Land, das ich nur aus dem Fernsehen kenne. Das läßt ich staunen über die Möglichkeiten der modernen Technik.
Ob die nächste Generation mit Alpha Centauri kommunizieren wird?
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 26.08.2011 um 15:15 Uhr (Zitieren)
... läßt mich staunen ...
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 26.08.2011 um 15:35 Uhr (Zitieren)
Und mich laesst es vor allem enorme Dankbarkeit verspueren gegenueber den Leuten, die das technisch moeglich gemacht haben... Heute Morgen hatte ich fuer ein paar Stunden einen Zugriff auf's Internet... Ich hab mich wie Robinson gefuehlt...
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 26.08.2011 um 15:36 Uhr (Zitieren)
... keinen Zugriff auf's Internet...
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 26.08.2011 um 15:44 Uhr (Zitieren)
Wie Robinson? Du übertreibst! Der arme Kerl saß jahrzehntelang allein auf einer Insel, während Du Dich inmitten eines Kulturlandes befindest.
Sprichst Du Vietnamesisch?

Vielleicht kommt es mir auch deshalb nicht so schlimm vor, weil ich weit mehr als die Hälfte meines Lebens ohne Internet verbracht habe.
Aber diese Erfindung ist schon erstaunlich. Ich neige sonst nicht zu gläubiger Begeisterung für Technik, doch das hat etwas. Du befindest Dich auf der anderen Seite des Globus und hast Zugang (beinahe) zum gesamten Wissen dieser Welt.

Ich meine aber gelesen zu haben, daß immer noch mehr als die Hälfte aller Menschen in ihrem Leben nicht einmal ein Telephongespräch geführt hat.
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 26.08.2011 um 16:07 Uhr (Zitieren)
Ja, ich uebertreibe... ein wenig... Aber Gefuehle spiegeln ja auch nicht unbedingt die Realitaet wieder...

Sprichst Du Vietnamesisch?

Ich kann "Hallo" und "Danke" sagen, zaehlt das? ;)

Da liegt das Problem. Ich habe die Sprache als Kind nicht gelernt und tue mich heute unendlich schwer mit der Aussprache. Eine Silbe falsch betont, und schon ergibt das, was man sagen will, keinen Sinn mehr. ich hab's letztes mal versucht, als ich hier war. Man hat mich nicht verstanden, obwohl ich mich vorher ausfuehrlich mit den Betonungszeichen und der Aussprache beschaeftigt hatte. Und dann habe ich es aufgegeben.

Aber als sehr sprachorientierter Mensch fuehle ich mich sofort ausgeschlossen, wenn die Leute um mich herum eine Sprache sprechen, die ich nicht verstehe. Und meine Mutter, die sonst fuer mich uebersetzt, war gerade nicht da. Ich brauche einerseits meine Privatsphaere (kulturbedingt sieht es damit eher schlecht aus), aber andererseits auch Menschen, mit denen ich mich austauschen kann... Und das geben meine (nicht vorhandenen) Vietnamesischkenntnisse und die geringen Englischkenntnisse meiner Verwandten, sofern sie ueberhaupt Englisch sprechen, nicht her. Und "Hallo, wie geht's dir? Ja, mir geht's auch gut." ist fuer mich einfach extrem unbefriedigend... Auch wenn sie sich alle Muehe geben und mich immer wieder damit ueberraschend, wie zuvorkommend und lieb sie alle sind. Ja, ich bin doch ziemlich verwoehnt und wohl auch ein wenig undankbar... Vietnam ist so ein schoenes Land... Aber mir fehlt es, ein eigenes Bett zu haben. Und wie gesagt Gespraechspartner. (Im englischsprachigen Raum bezeichnet man das sehr treffend als "First World Problems")

Aber, weil du Telefon sagst... Wenn ich die Wahl haette zwischen Telefon und Internet, wuerde ich ohne Zoegern mein Telefon hergeben. Und mein Handy. Telefonieren steht sehr weit oben auf meiner Liste meistverhasster Taetigkeiten. Und ich finde das Internet einfach viel nuetzlicher. ("... Zugang (beinahe) zum gesamten Wissen dieser Welt.")
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 26.08.2011 um 16:09 Uhr (Zitieren)
... fuer alle Rechtschreibfehler gebe ich der Laptoptastatur die Schuld. ;-)
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 27.08.2011 um 16:11 Uhr (Zitieren)
Vielleicht bekommst Du so ein tieferes Verständnis für die Exil-Literatur der Antike? Es gibt ja nichts, was nicht auch eine positive Seite hätte.
Die durch die Sprachbarriere und fremde Gewohnheiten geschaffene Distanz, die ist ja zeitlos.
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 27.08.2011 um 16:31 Uhr (Zitieren)
Oh, Du bist genial!
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 27.08.2011 um 16:37 Uhr (Zitieren)
Genial? Ich glaube nicht. Lebenserfahrung?
Jedenfalls bin ich schon fast versucht, Alkaios oder Ovid zu zitieren. Ich schaue mal nach.
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 27.08.2011 um 16:52 Uhr (Zitieren)
Viele Leute finden es abschreckend, wenn ich ihnen sowas "an den Kopf werfe", aber ich neige eben dazu, meiner Begeisterung auch mal (etwas zu) ueberschwaenglich Ausdruck zu verleihen. In gewisser Weise bin ich wohl ein Mensch der Extreme... Ich schwanke haeufig zwischen voelliger Begeisterung und "alles doof"...
Aber das geht wohl jedem mal so...

Aber ich finde Dich in der Tat genial. (Nicht nur wegen Deines letzten Beitrags!)
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 27.08.2011 um 17:00 Uhr (Zitieren)
Überschwänglichkeit ist das Signum der Lebendigkeit, nicht wahr?
Wer immer gleich empfindet, ist ... tot.
Oder ein Buddha.
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 27.08.2011 um 17:04 Uhr (Zitieren)
Allerdings!
Re: Selbstlosigkeit?
Γραικίσκος schrieb am 27.08.2011 um 17:08 Uhr (Zitieren)
Wie lange bist Du denn noch 'im Exil'? -
Ich erwarte Besuch und werde mich jetzt ans Kochen machen.
Re: Selbstlosigkeit?
Νησσάριον schrieb am 27.08.2011 um 17:13 Uhr (Zitieren)
Noch drei Wochen. Aber jetzt kann ich auch wieder die schoenen Seiten des Urlaubs sehen und geniessen.

Lass mich Dir noch einmal "Danke!" sagen! (Ich kann es gar nicht oft genug sagen!) Ich hab bisher immer am Sinn der Philosophie gezweifelt. Jetzt weiss ich: Das war unberechtigt. Du hast mir damit wirklich geholfen.
 
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