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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Im Exil #3 (331 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 27.08.2011 um 16:55 Uhr (Zitieren)
Andre, die das Land so sehr nicht liebten,
warn von Anfang an gewillt zu gehn;
ihnen - manche sind schon fort - ist besser,
ich doch müßte mit dem eigenen Messer
meine Wurzeln aus der Erde drehn.

Keine Nacht hab ich seither geschlafen,
und es ist mir mehr als weh zumut;
viele Wochen sind seither verstrichen,
alle Kraft ist längst aus mir gewichen,
und ich fühl, daß ich daran verblut.

Und doch müßt ich mich von hinnen heben,
sei’s auch nur zu bleiben, was ich war.
Nimmer kann ich, wo ich bin, gedeihen;
draußen braucht ich wahrlich nicht zu schreien,
denn mein leises Wort war immer wahr.

Seiner wär ich wie in alten Tagen
sicher; schluchzend wider mich gewandt,
hätt ich Tag und Nacht mich nur zu heißen,
mich samt meinen Wurzeln auszureißen
und zu setzen in ein andres Land.

(Theodor Kramer: Andre, die das Land so sehr nicht liebten. 1938)

Theodor Kramer mußte als österreichischer Jude bei der Besetzung des Landes durch die Nationalsozialisten seine Heimat verlassen.
Re: Im Exil #3
Γραικίσκος schrieb am 27.08.2011 um 17:04 Uhr (Zitieren)
"Das Gedicht entnahmen wir dem 1946 in Wien erschienenen Band „Theodor Kramer, Wien 1938 - Die grünen Kader“. Der österreichische Dichter Theodor Kramer (1897-1958) bekam 1938, als die Nazis sein Land überfielen, Berufsverbot. Er emigrierte 1939 vor der Gefahr, als Jude deportiert zu werden. Seine Mutter wurde im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet. Der Emigrant kehrte erst 1957 von England nach Österreich zurück und starb kurze Zeit später, am 3. April 1958."
Re: Im Exil #3
Νησσάριον schrieb am 29.08.2011 um 17:03 Uhr (Zitieren)
Oh, das ist wirklich traurig...

Vielen Dank fuers Raussuchen und Einstellen dieser drei Texte. Vor allem dieser hier hat mich berueht, aber auch in die anderen beiden kann ich mich jetzt ein wenig hineinversetzen.

Aber ich bin doch sehr froh, dass ich der Heimat nur auf kurze Zeit fern bin. (Und selbst ausgesucht habe ich es mir ja auch noch...)
Re: Im Exil #3
Γραικίσκος schrieb am 29.08.2011 um 17:55 Uhr (Zitieren)
Das ist ein sehr bewegendes Gedicht, ja; und Theodor Kramer war ein guter Lyriker.
Für Dich werden die (knapp) drei Wochen bald vorbei sein, und dann hat Dein 'Exil' ein Ende.
 
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