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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
J. W. Goethe: Über Laokoon (317 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 17.10.2011 um 19:31 Uhr (Zitieren)
Ein echtes Kunstwerk bleibt, wie ein Naturwerk, für unsern Verstand immer unendlich; es wird angeschaut, empfunden; es wirkt, es kann aber nicht eigentlich erkannt, viel weniger sein Wesen, sein Verdienst mit Worten ausgesprochen werden. [...]
Wenn man von einem trefflichen Kunstwerke sprechen will, so ist es fast nötig, von der ganzen Kunst zu reden, denn es enthält sie ganz, und jeder kann, soviel in seinen Kräften steht, auch das Allgemeine aus einem solchen besondern Fall entwickeln; deswegen sei hier auch etwas Allgemeines vorausgeschickt.
Alle hohen Kunstwerke stellen die menschliche Natur dar, die bildenden Künste beschäftigen sich besonders mit dem menschlichen Körper; wir reden gegenwärtig nur von diesen. Die Kunst hat viele Stufen, auf jeder derselben können vorzügliche Künstler erscheinen, ein vollkommenes Kunstwerk aber begreift alle Eigenschaften, die sonst nur einzeln ausgeteilt sind.
Die höchsten Kunstwerke, die wir kennen, zeigen uns:
Lebendige, hochorganisierte Naturen. Man erwartet vor allem Kenntnis des menschlichen Körpers in seinen Teilen, Maßen, innern und äußern Zwecken, Formen und Bewegungen im allgemeinen.
Charaktere: Kenntnis des Abweichens dieser Teile in Gestalt und Wirkung. Eigenschaften sondern sich ab und stellen sich einzeln dar; hierdurch entstehen die Charaktere, und es können die verschiedenen Kunstwerke dadurch in ein bedeutendes Verhältnis gegeneinander gebracht werden, so wie auch, wenn ein Werk zusammengesetzt ist, seine Teile sich bedeutend gegeneinander verhalten können. Der Gegenstand ist:
In Ruhe oder Bewegung. Ein Werk oder seine Teile können entweder für sich bestehend, ruhig ihr bloßes Dasein anzeigend, oder auch bewegt, wirkend, leidenschaftlich ausdrucksvoll dargestellt werden.
Ideal. Um hierzu zu gelangen, bedarf der Künstler eines tiefen, gründlichen, ausdauernden Sinnes, zu dem aber noch ein hoher Sinn sich gesellen muß, um den Gegenstand in seinem ganzen Umfange zu übersehen, den höchsten darzustellenden Moment zu finden, und ihn also aus seiner beschränkten Wirklichkeit herauszuheben, und ihm in einer idealen Welt Maß, Grenze, Realität und Würde zu geben.
Anmut. Der Gegenstand aber und die Art ihn vorzustellen sind den sinnlichen Kunstgesetzen unterworfen, nämlich der Ordnung, Faßlichkeit, Symmetrie, Gegenstellung und so weiter, wodurch er für das Auge schön, das heißt anmutig wird.
Schönheit. Ferner ist er dem Gesetz der geistigen Schönheit unterworfen, die durch das Maß entsteht, welchem der zur Darstellung oder Hervorbringung des Schönen gebildete Mensch alles, sogar die Extreme zu unterwerfen weiß. [...]

[Quelle: Johann Wolfgang Goethe, Sämtliche Werke; Band 13: Schriften zur Kunst. Zürich Nachdruck 1979, S. 162 f.]
Re: J. W. Goethe: Über Laokoon
διψαλέος schrieb am 17.10.2011 um 21:30 Uhr (Zitieren)
Goethe hat sich über die Laokoon-Gruppe ausgelassen, die er während seiner Italienreise gesehen hatte...
Re: J. W. Goethe: Über Laokoon
Γραικίσκος schrieb am 18.10.2011 um 19:27 Uhr (Zitieren)
Ja, dort hat er sie gesehen; sie steht ja auch heute noch in den Vatikanischen Museen.
 
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