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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Todesstrafe (612 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 23.11.2011 um 15:05 Uhr (Zitieren)
Die - bislang - letzte Hinrichtung in Deutschland:
Heute abend, 21.05 h, auf Arte: "Mielkes Rache - Die Hinrichtung des Stasi-Offiziers Werner Teske".

Wurde die Todesstrafe eigentlich auch in der Antike diskutiert?
Re: Todesstrafe
ανδρέας schrieb am 23.11.2011 um 18:30 Uhr (Zitieren)

Die Todesstrafe wurde wohl zumindest in der alten Welt lange Zeit praktiziert. Ich glaube nicht, dass das auf eine intensive Diskussion hindeutet. Mir sind keine diesbezüglichen Schriften bekannt. Aber vielleicht weiß jemand mehr.
Re: Todesstrafe
διψαλέος schrieb am 23.11.2011 um 20:36 Uhr (Zitieren)
Bis zur europäischen Aufklärung standen die Todesstrafe, die Folter, die hochnotpeinliche Befragung niemals zur Debatte.
Die Obrigkeit und auch die Bevölkerung erwarteten von Rechtssprechung,
daß sie nach dem Grundsatz "Aug' um Auge, Zahn um Zahn" urteilte.

Re: Todesstrafe
Γραικίσκος schrieb am 23.11.2011 um 20:56 Uhr (Zitieren)
Wie seltsam, daß in der Antike (anscheinend) niemand darauf gekommen ist, daß die Todesstrafe im Falle eines Justizirrtums nicht wiedergutzumachen ist.
Anscheinend fehlt es der Antike aber auch an der Reflexion der Möglichkeit eines Justizirrtums ... trotz Sokrates-Prozeß.
Re: Todesstrafe
Ὑληβάτης schrieb am 23.11.2011 um 21:13 Uhr (Zitieren)
Sokrates selber hat doch drauf hingewiesen, was geschehen kann. Ich habe den Fall nicht mehr genau im Kopf, aber er sagte doch, dass er im Prozess gegen ... die Kapitäne von Salamis ... oder so ... unter den Geschworenen saß ...

Ist denn der Sokrates-Prozess ein Justizirrtum gewesen? ;-)
Re: Todesstrafe
Γραικίσκος schrieb am 23.11.2011 um 21:14 Uhr (Zitieren)
Der heutige Arte-Film ist dem Tod von Danielle Mitterand zum Opfer gefallen und soll später gezeigt werden.
Re: Todesstrafe
διψαλέος schrieb am 24.11.2011 um 18:30 Uhr (Zitieren)
Sokrates beharrte doch auf die Erfüllung des Gesetzes, bzw. des Urteils.
Nicht das Urteil oder das Gesetz war falsch, sondern die Anklage.
Re: Todesstrafe
Γραικίσκος schrieb am 24.11.2011 um 18:32 Uhr (Zitieren)
Ein Urteil, das auf einer falschen Anklage beruht, ist doch ein Justizirrtum, oder?

Notabene: Auch Sokrates hat, soweit wir wissen, die Todesstrafe nicht grundsätzlich in Frage gestellt.
Re: Todesstrafe
ανδρέας schrieb am 24.11.2011 um 18:35 Uhr (Zitieren)

Sokrates zeigte doch vor allem eines:

Kein Schwert ist schärfer als ein kluger Gedanke. Die Todesstrafe ist da wirkungslos. Gedanken überleben, wenn der Denker längst vergraben liegt - mit oder ohne Denkmal.
Re: Todesstrafe
Γραικίσκος schrieb am 24.11.2011 um 18:37 Uhr (Zitieren)
Kein Schwert ist schärfer als ein kluger Gedanke.

Das ist gut gesagt!
Es macht jedoch Gedanken über die Todesstrafe nicht überflüssig, oder? Speziell nicht: kluge Gedanken.
Re: Todesstrafe
διψαλέος schrieb am 24.11.2011 um 18:37 Uhr (Zitieren)
Das kann ich nicht sagen, ich bin kein Jurist.
Was ist eine "falsche Anklage"?
Jeder Freispruch müsste dann doch die Folge einer "falschen Anklage" sein...
Re: Todesstrafe
Γραικίσκος schrieb am 24.11.2011 um 18:39 Uhr (Zitieren)
Ich hätte wohl sagen sollen: Eine Verurteilung, die auf einer falschen Anklage beruht ...
Re: Todesstrafe
διψαλέος schrieb am 24.11.2011 um 18:48 Uhr (Zitieren)
Ich werde mal meine Juristen-Freunde fragen.
Das ist nämlich nicht so einfach.
Wenn das Verfahren einwandfrei abgelaufen ist,
dann ist eine Revision sehr schwierig.

Aber mal was aus meinen gedankengängen:
Ich hielt es für völlig falsch, die Angeklagten im Auschwitzprozeß des taisendfachen Mordes anzuklagen:
Es wäre viel besser gewesen, jeden Angeklagten für jeweils
einen namentlichen Einzelmord zur Rechenschaft zu ziehen.
Re: Todesstrafe
Γραικίσκος schrieb am 24.11.2011 um 18:52 Uhr (Zitieren)
Hätte man dann nicht für jeden Einzelmord eine Beweisführung durchziehen müssen? Mit absehbaren Folgen ...
Re: Todesstrafe
διψαλέος schrieb am 24.11.2011 um 18:53 Uhr (Zitieren)
Es waren ja genug Zeugen geladen, die die Namen der Opfer und Täter genannt haben!
Re: Todesstrafe
Γραικίσκος schrieb am 24.11.2011 um 19:01 Uhr (Zitieren)
Ich habe mal an Sitzungen des Majdanek-Prozesses in Düsseldorf teilgenommen. Die Zeugen hatten massive Erinnerungsprobleme, was Details der Vorwürfe, speziell die Identifizierung bestimmter Täter, anging. Darauf haben sich die Verteidiger sofort gestürzt.
Und dies sollte man sich für 1000 Einzelfälle vorstellen?
Re: Todesstrafe
akropolis schrieb am 24.11.2011 um 19:16 Uhr (Zitieren)
Aber Seneca könnte doch ein potentieller Gegner der Todesstrafe sein.
Zudem die Kirchenväter, waren sie alle für die Todesstrafe?
Re: Todesstrafe
ανδρέας schrieb am 24.11.2011 um 19:35 Uhr (Zitieren)

Die Todesstrafe war doch bis in die heutige Zeit weltweit tief verankert und wird z.B. in den USA verhängt und vollstreckt. Es ist gänzlich modern, sie abzulehnen. HInrichtungen wurden sogar zur Glaubensverbreitung eingesetzt (Widukind und die Sachsen). Die Kirchenväter sahen darin auch ein Mittel , den "wahren Glauben" zu verteidigen - man denke an die Verbrennungszeremonien der Inquisition.
Re: Todesstrafe
Γραικίσκος schrieb am 24.11.2011 um 19:38 Uhr (Zitieren)
Hat Seneca protestiert, als Nero Agrippina hat hinrichten lassen?
Hat Jesus irgendwo etwas Grundsätzliches gegen die Todesstrafe (Luther: "eine scharfe Barmherzigkeit") geäußert?
Re: Todesstrafe
Γραικίσκος schrieb am 24.11.2011 um 19:43 Uhr (Zitieren)
Ich könnte mir eine Ablehnung bei Pythagoras vorstellen, weil er nicht einmal Tiere töten wollte. Aber das ist eine Schlußfolgerung, keine explizite Aussage bei ihm.
Re: Todesstrafe
ανδρέας schrieb am 24.11.2011 um 19:51 Uhr (Zitieren)

Vermutlich war der Gedanke derart absurd, dass niemand es ernsthaft in Erwägung zog, ihn weiter zu hinterfragen oder niederzuschreiben.

Es wär interessant, sich mal zu fragen, welche Gedanken heute nicht wert genug sind, sich darüber zu bedenken und zu spekulieren, was die nachfolgenden Generationen kopfschütelnd dazu sagen würden. ... Abschaffung von Geld? Das gab es schon und hat nicht funktioniert.
Re: Todesstrafe
Γραικίσκος schrieb am 24.11.2011 um 19:56 Uhr (Zitieren)
Ja, das ist interessant!

Ein Kandidat: Daß Kinder nicht dieselben Rechte haben wie Erwachsene.
Das Auffallende daran ist, daß man sich gar nicht vorstellen kann, spätere Generationen könnten anders darüber denken.
Aber so ging es wohl auch in der Antike mit der Sklaverei und der Todesstrafe.
Re: Todesstrafe
ανδρέας schrieb am 24.11.2011 um 20:15 Uhr (Zitieren)
Manche Gedanken sind auch “unerhört” zeitlos :

Gebet

Herr setze dem Überfluss Grenzen
und lasse die Grenzen überflüssig werden.
Lasse die Leute kein falsches Geld machen
und auch das Geld keine falschen Leute.
Nimm den Ehefrauen das letzte Wort
und erinnere die Männer an ihr erstes.
Schenke unseren Freunden mehr Wahrheit
und der Wahrheit mehr Freunde.
Bessere solche Beamte, Geschäfts- und Arbeitsleute,
die wohl tätig, aber nicht wohltätig sind.
Gib den Regierenden gute Deutsche
und den Deutschen eine gute Regierung.
Herr, sorge dafür, dass wir alle
in den Himmel kommen
- aber nicht sofort.

Neujahrsgebet des Pfarrers von Sakt Lamberti zu Münster, Hermann Kappen,
aus dem JAHRE 1883


Re: Todesstrafe
διψαλέος schrieb am 24.11.2011 um 20:26 Uhr (Zitieren)
aha,
im deutschen Recht gibt es den Straftatbestand der "falschen Verdächtigung"
§ 164 StGB
Falsche Verdächtigung

(1) Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht bei einer der in Absatz 1 bezeichneten Stellen oder öffentlich über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die falsche Verdächtigung begeht, um eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe nach § 46b dieses Gesetzes oder § 31 des Betäubungsmittelgesetzes zu erlangen. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Re: Todesstrafe
ανδρέας schrieb am 24.11.2011 um 20:32 Uhr (Zitieren)

Ömm ? Worauf bezieht sich die falsche Verdächtigung?
Re: Todesstrafe
διψαλέος schrieb am 24.11.2011 um 21:28 Uhr (Zitieren)
@ανδρέας,
das weiß ich nicht.
Ich habe ja nur den Gesetzestext zitiert.

Aber ich kombiniere mal:
Eine "falsche" Anklage kann nur dann vorliegen, wenn sie formal-juristisch falsch ist.
Wenn also bestimmte, von der Verfahrensordnung vorgeschriebene Formalien "falsch" sind.

Angeklagt kann jeder werden für alle strafrechtlich relevanten Angelegenheiten.

In einer Diktatur mit staatlich sanktionierter Rechtsbeugung sieht das natürlich anders aus.

Da wird schon mal ein "Straftatbestand" auch ausserhalb der "Rechtslage",
bzw. der Gesetze konstruiert.
Re: Todesstrafe
ανδρέας schrieb am 24.11.2011 um 21:42 Uhr (Zitieren)

Auch die "Nürnberger Prozesse" waren problematisch, da hier formal-juristisch eine Rechtsgrundlage fehlte (nulla poena sine lege). Über die Schuld der Angeklagten in ethischer Hinsicht mag man nicht streiten, aber das Rückwirkungsgebot wurde verletzt.
Und das waren nicht ausschließlich Diktaturen.
Re: Todesstrafe
διψαλέος schrieb am 24.11.2011 um 23:56 Uhr (Zitieren)
@ανδρέας,
auf diesem Felde (Nürnberger Prozeße) würde ich als Nichtjurist ganz vorsichtig argumentieren!
Es gab eine Grundlage.
Re: Todesstrafe
διψαλέος schrieb am 25.11.2011 um 00:07 Uhr (Zitieren)
Man kann höchstens argumentieren, daß nur Angehörige der Verlierer
angeklagt worden sind, während Kriegsverbrechen der Sieger, die es
auch gegeben hatte, nicht zur Sprache gekommen sind.

2. Die Führung des Deutschen Reiches hatte sich spätestens 1942 außerhalb allen Rechten ("Völkerrecht") gestellt und jegliches Recht geleugnet.
Sich dann aber ab 1945 auf diese verleugneten Rechte zu berufen,
grenzt an Arroganz.

"pacta sunt servanda".
Selbst diesen Grundsatz haben die Nazis über Bord geworfen.
(Das ein eben so widerwärtiger Massenmörder zu den Siegern gehörte,
auf dessen Kappe wahrscheinlich die gleich Anzahl, wenn nicht noch mehr,
an Opfern gehen, ist ein "Verdienst" eben der Nazis.)
Re: Todesstrafe
διψαλέος schrieb am 25.11.2011 um 00:09 Uhr (Zitieren)
Es hilft ja alles nichts:
Krieg ist keine Halmaspiel.
Erinnert euch:
Vor 20 Jahren auf dem Balkan.
Wer hätte denn das gedacht, daß das nach 1945 in Europa noch möglich wäre?
 
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