Grammatik ist ja nur dann erforderlich, wenn noch jemand zuhört. Das erfordert Konzentration und Zuwendung. Bald werden wohl nur noch Stichworte unter Beimischung onomatopoetischer Hinweise genügen. Aber im Ernst: das ist eher ein Problem der Unterschicht, denke ich. Leider wird in der Schule zu wenig Wert darauf gelegt, die Sprache zu kultivieren. Mir scheint, es kommt mehr darauf an, das "Richtige" gemeint zu haben. Bei manchen jungen Leuten frage ich mich, wer es unterließ, ihnen den Schulabschluss zu verweigern.

Leider wird in der Schule zu wenig Wert darauf gelegt, die Sprache zu kultivieren.

Nein, Andreas, ich reibe mich auf dafür. Die Sprache mag ja anders sein, als die frühere - das ist völlig in Ordnung. Aber sie wird ärmer ... bis hin zur Unfähigkeit, das verständlich zu machen, was man meint.

Ich wage einen Scherz: Alle Generationen vor uns haben den Zerfall der Kultur beklagt. Wir sind die erste Generation, die Recht hat mit dieser Behauptung.

Aber vielleicht war es früher gar nicht so anders?

Brief an den Reichsführer-SS, Heinrich Himmler
23. März 1945

Absender: Frau Frieda Schonherr, Storkow/M.;
Empfänger: RF

Ich erlaube mir nochmals ein paar Zeilen zu schreiben, habe am 21.3.45 ein kleiner kräftiger SS Mann geboren bin sehr stolz darauf solch einen SS Mann groß zu ziehen. Aber darauf bin im nicht sehr erfreut das der Vater des Kindes jetzt so zurück erst hat er die Vaterschaft anerkannt und mir mit den Worten gesagt Heiraten tue ich dich nicht 6000 M spielt bei mir keine Rolle dann zahle im es ebend aus. Er schreibt einer anderen Frau Sie brachte mir die Adresse die erklärte er Sie sollte ihm nicht verraten wo er steckt im sollte ihm am A - - - lecken er kümmert sich nicht mehr um mich es ist ja sehr traurig eine kranke Frau wo der Mann vermißt ist und ihm gesagt worden ist er soll dieses Unter lassen im hinter gehe mein Mann nicht noch obendrein frech wurde. Heute in dieser Zeit ein Kind in die Welt setzen und sich nicht mehr kümmern darum das ist sehr traurig. Ich habe ihm nochmals geschrieben bekomme aber keine Nachricht. Es handelt sich um den SS Sturmm.

Johann Konnerth / Er soll sich bei
der 15/SS A. A. u. Ers. Regt. 5. Zug.
(11 b) Olmütz
Laudon Kaserne befinden.

Habe noch keine nachricht bekommen.

[Quelle: Helmut Heiber (Hrsg.), Reichsführer! Briefe an und von Himmler. Stuttgart 1968, S. 311]

Γραικίσκος, Deine Bemühungen stelle ich auch nicht in Abrede. Dafür bist Du zu sehr Lehrer.
Nur muss ich in Berlin deutliche Defizite erkennen, die auch mit der desaströsen Schulpolitik zusammen hängen. Auch hier kenne ich einige idealistische Lehrer. Nur haben auch viele resigniert und sind wohl ebenso froh, wenn der Unterricht beendet ist, wie ihre Schüler. Das interessiert die zutändigen Politiker allerdings nicht. Da ist immer "die Gesellschaft" schuldig zu sprechen - also niemand.

Ich habe mich heute mit dem Herrn unterhalten, der mir meine ersten Griechischkenntnisse vermittelt hat. Er erzählte, sein DeutschGK muss jetzt die Buddenbrooks lesen. So gewinnt man die jungen Leute sicherlich für die deutsche Sprache.