α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ ς σ τ υ φ χ ψ ω Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ C Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω Ἷ Schließen Bewegen ?
Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ist Janines Oma ein Cyborg? (403 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 17.01.2012 um 18:44 Uhr (Zitieren)
Der Philosoph Hans Jonas konstatiert in seinem Werk "Das Prinzip Verantwortung" (1979) zur gesamten traditionellen Ethik, also auch zur antiken, daß sie an den technischen Möglichkeiten ihrer Zeit orientiert sei und deshalb die Einwirkungen des Menschen auf die nichtmenschliche Natur einerseits und die Veränderbarkeit der Natur des Menschen selbst andererseits ausblende. Zu diesem letzteren Aspekt haben wir herausgearbeitet, daß seit den Nationalsozialisten die Idee einer biologischen Züchtung des Menschen existiere und daß heutzutage durch genetische Optimierung und den Einbau von anorganischen Materialien in den Körper neuartige Menschen geschaffen werden können. Diesen 'Kombi-Menschen' habe ich mit dem mir geläufigen Terminus 'Cyborg' (= kybernetischer Organismus) bedacht und Herzschrittmacher, künstliche Gelenke, Silikon-Busen etc. als Belege genannt.

Eine Schülerin (Name von mir geändert) meinte daraufhin entsetzt: "Wollen Sie damit sagen, daß meine Oma ein Cyborg ist, weil sie einen Herzschrittmacher hat?"

Nun, es ging mir eigentlich eher um die Aufweisung einer Tendenz in der technischen Entwicklung.
Meine Frage ist aber nun: Ab wann kann man einen technisch optimierten Menschen einen Cyborg nennen? Wieviel Prozent von ihm müssen dafür anorganisch sein?
Das erinnert an die aus der Antike bekannten Paradoxien des Haufens, der Glatze und des Theseus-Schiffes.

Zur Verdeutlichung:
Seit Jahren schon experimentiert Kevin Warwick an sich herum. So hatte sich der Kybernetik-Professor von der englischen Universität Reading einen Mikrochip einpflanzen lassen, mit dem er wie durch Geisterhand Türen öffnen und Licht anschalten kann. Doch jetzt ist der Wissenschaftler noch einen Schritt weitergegangen. Ein neuer Chip im Arm soll es ihm ermöglichen, sein Nervensystem an einen Computer anzuschließen. Ziel sei es, Bewegungen und Emotionen künstlich zu reproduzieren. Der Professor hofft, künstlich einen „sechsten Sinn“ zu entwickeln, mit dem sich zum Beispiel Blinde orientieren oder Gelähmte bewegen können. „Was wir hier machen, ist historisch“, sagt Warwick. Der Robotermann wird sich demnächst mit seiner Frau Irene verkabeln. Er will mal sehen, ob sie, wenn er es tut, auch mit den Fingern wackelt, und ob es möglich ist, Emotionen auszutauschen. Früher, in der guten alten Zeit, genügten noch eine Rose und ein liebes Lächeln. (wem.)

(FAZ vom 23.3.2002)

Kevin Warwick erläutert sein Projekt auch auf einer eigenen Homepage.
Re: Ist Janines Oma ein Cyborg?
ανδρέας schrieb am 17.01.2012 um 19:03 Uhr (Zitieren)
Meine Frage ist aber nun: Ab wann kann man einen technisch optimierten Menschen einen Cyborg nennen? Wieviel Prozent von ihm müssen dafür anorganisch sein?


Prozent ist Prozent, aber es kommt auf die Bewertung an, welches "Prozent" ausgetauscht wird.
Das Gehirn dürfte da m.E. Tabu sein. Man darf alle Organe, Gliedmaßen austauschen und bleibt ein Mensch, wenn der "Gedankenerzeuger" unangetastet bleibt. Das Gleiche gilt für die "Keimbahntherapie". Sobald die Nachkommen genetisch verändert werden, wird es bedenklich. Körperersatzstücke, die nur dazu dienen, die Arbeit übriger Organe zu ergänzen oder fehlende zu ersetzen, ist der Prozentsatz m.E. unbedeutend.
Re: Ist Janines Oma ein Cyborg?
Γραικίσκος schrieb am 17.01.2012 um 19:12 Uhr (Zitieren)
Aber ein Mensch mit einem organischen Gehirn, der ansonsten überwiegend aus Technik besteht, wäre ein Cyborg, oder nicht? Dieser Begriff beinhaltet ja expressis verbis einen organischen Bestandteil.

Die antiken Paradoxien der Glatze, des Haufens bzw. des Theseus-Schiffes sind bekannt, ja?
Re: Ist Janines Oma ein Cyborg?
Γραικίσκος schrieb am 17.01.2012 um 19:14 Uhr (Zitieren)
P.S.: An Gehirntransplantationen wird - bei Hunden und Schimpansen - gearbeitet. Aber das ist nicht mein derzeitiges Problem.
Re: Ist Janines Oma ein Cyborg?
Γραικίσκος schrieb am 17.01.2012 um 19:25 Uhr (Zitieren)
Ich denke auch, daß Kevin Warwick - anders als Janines Oma - über die Beheuptung, ein Cyborg zu sein, nicht entsetzt wäre. Er vertritt sicherlich die Ansicht, dies sei unsere Zukunft.

Stanislaw Lem hat über das Problem einmal eine köstliche Satire (?) geschrieben: "Schichttorte".
Re: Ist Janines Oma ein Cyborg?
ανδρέας schrieb am 17.01.2012 um 19:42 Uhr (Zitieren)
Die prozentuale Bestimmung ist reine Definitionssache. Ich finde, es kommt darauf an, ob der Mensch noch selbstbestimmt denken und sich unbeeinflusst vermehren kann. Sonst wird er zur Maschine und zum Sklaven. Ein Cyborg ist in den Filmen immer nur Werkzeug der anderen und hat einen "Auftrag". Seine "Programmierung" lässt freie Entscheidung nicht zu. Er ist ein menschlich gehaltener Roboter. Vielleicht ist die Grenze: ob er sterben kann oder theoretisch ewig fortexistieren würde, wenn man ihn nicht wartet.
Re: Ist Janines Oma ein Cyborg?
Σαπφώ schrieb am 17.01.2012 um 22:57 Uhr (Zitieren)
Ich habe Probleme, den Sinn von Fragen zu erkennen, bei denen es (scheinbar?) nur um Definitionen geht.
Re: Ist Janines Oma ein Cyborg?
διψαλέος schrieb am 17.01.2012 um 23:13 Uhr (Zitieren)
Ich habe eine Zahnplombe und eine Teilkrone, bin Brillenträger....
(meine Prothesen).

Aber das sind Dinge, die eben selbst NICHT AKTIV in und auf meinen Körper eingreifen.

Ein Herzschrittmacher (und inzwischen gibt es ja auch sowas wie einen "Gehirnschrittmacher") ist aber ein AKTIVES Gerät, ohne das derjenige Träger wohl nicht mehr eine längere Zeit weiter leben könnte.
Ebenso ein Dialyse-Gerät oder eine Herz-Lungen-Maschine, oder ein Brutkasten oder ein...
Re: Ist Janines Oma ein Cyborg?
Γραικίσκος schrieb am 20.01.2012 um 15:42 Uhr (Zitieren)
Vermutlich ist das ganze Problem ein Beispiel für Hegels Prinzip des 'Umschlags von Quantität in Qualität'. Ab einer bestimmten quantitativen Veränderung (Zahl der Haare) tritt eine neue Qualität (Glatze) ein.
Re: Ist Janines Oma ein Cyborg?
Γραικίσκος schrieb am 21.01.2012 um 13:50 Uhr (Zitieren)
Ich habe Probleme, den Sinn von Fragen zu erkennen, bei denen es (scheinbar?) nur um Definitionen geht.

Setzen nicht alle Fragen Definitionen voraus?

Laut Wittgenstein ("Über Gewißheit") kann man nichteinmal - wie Descartes - an der eigenen Existenz zweifeln, ohne den Sinn der Worte, in denen sich der Zweifel artikuliert, mithin Sprache & Definitionen, vorauszusetzen.

Bevor man irgendeine Frage stellt, muß man sich über bestimmte Definitionen einig sein. Insofern sind Diskussionen über Definitionen nicht sinnlos.

Auch tun Definitionen in aller Regel nicht das, was ihr Name eigentlich verspricht: Sie grenzen nicht trennscharf ab.
 
Antwort
Titel:
Name:
E-Mail:
Eintrag:
Spamschutz - klicken Sie auf folgendes Bild: Küste

Aktivieren Sie JavaScript, falls Sie kein Bild auswählen können.