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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der letzte Gast (242 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 24.02.2012 um 19:32 Uhr (Zitieren)
Früher, wie sich noch nicht jeder einen Fernseher leisten hat können, sind die Leute ins Gasthaus fernsehen gegangen. Das ist natürlich ein Hallo gewesen, ja was glaubst du. Fußballweltmeisterschaft in Mexiko, da ist ganz Klöch beim Löschenkohl gesessen. Und haben nicht einmal alle einen Sitzplatz gehabt, wie der Brasilianer den Italiener schwindlig gespielt hat.
Vier zu eins, ich weiß es heute noch, und alle Klöcher auf der Seite vom Brasilianer, weil der Pelé natürlich ein Zauberer. Ganz schwarz, ein ganz ein schwarzer Neger ist das gewesen, weil da gibt es ja auch hellere, aber der Pelé schwarz wie eine Kohle. Und weiße Augen, die haben geleuchtet, und ein Künstler, so was gibt es heute nicht mehr.
Und so was wird es nicht mehr so schnell geben, weil denen geht es ja heute auch schon viel zu gut drüben, und wenn du heute in einem Slum aufwächst, da hast du auch schon alles, Farbfernseher, Video, alles haben die Leute schon im Slum. Und da strengt sich der Bub auch nicht mehr so an beim Kicken, der letzte Einsatz fehlt, wenn es kein richtiger Slum mehr ist. Und der wird vielleicht auch ein guter Fußballer, aber kein, sagen wir einmal, Pelé.
Vom Farbfernsehen haben sie damals beim Löschenkohl nur träumen können, und beim Schwarzweißen hast du am Anfang froh sein müssen, wenn du ein Bild gehabt hast. Weil oft einmal nur Ton, ohne Bild, und dann wieder nur Bild, aber kein Ton. Und da hast du einen Knopf gehabt, da hast du es dir aussuchen können, lieber ein gutes Bild oder lieber einen guten Ton. Oder ein Kompromiß, schlechteres Bild, aber dafür ein bißchen Ton. Oder du hast den lästigen Streifen drinnen gehabt, ein halbes Bild über dem Streifen, ein halbes Bild darunter, und der Pelé ist mit seinen Puma-Schuhen auf seinem eigenen Kopf spazierengegangen.
Aber das ist lange her, und heute haben längst alle ihren Fernseher daheim. Und die Leute, die damals jung waren, sind heute alt geworden. Bei jeder Fußball-WM denkst du dir, schon wieder vier Jahre vorbei, das Leben ist nur ein Huscher, du kaufst dir ein Radio, dann einen Fernseher, dann einen Video. Und dann bestellst du dir ein Faxgerät, und der Faxmonteur läutet bei dir an der Tür, und du machst auf, und es ist nicht der Faxmonteur, sondern der Knochenmann holt dich ab. Ist es nicht so, wenn wir uns ehrlich sind?
[...]

[Quelle: Wolf Haas, Der Knochenmann. Reinbek 11. Aufl. 2004, S. 25 f.]
 
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