α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ ς σ τ υ φ χ ψ ω Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ C Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω Ἷ Schließen Bewegen ?
Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Was ich den Alten verdanke #2 (317 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 27.02.2012 um 15:47 Uhr (Zitieren)
Den Griechen verdanke ich durchaus keine verwandt starken Eindrücke; und, um es geradezu herauszusagen, sie können uns nicht sein, was die Römer sind. Man lernt nicht von den Griechen - ihre Art ist zu fremd, sie ist auch zu flüssig, um imperativisch, um "klassisch" zu sein. Wer hätte je an einem Griechen schreiben gelernt! Wer hätte es je ohne die Römer gelernt! ... Man wende mir ja nicht Plato ein. Im Verhältniss zu Plato bin ich ein gründlicher Skeptiker und war stets ausser Stande, in die Bewunderung des Artisten Plato, die unter Gelehrten herkömmlich ist, einzustimmen. Zuletzt habe ich hier die raffinirtesten Geschmacksrichter unter den Alten selbst auf meiner Seite. Plato wirft, wie mir scheint, alle Formen des Stils durcheinander, er ist damit ein erster décadent des Stils: er hat etwas Ähnliches auf dem Gewissen, wie die Cyniker, die die satura Menippea erfanden. Dass der Platonische Dialog, diese entsetzlich selbstgefällige und kindliche Art Dialektik, als Reiz wirken könne, dazu muss man nie gute Franzosen gelesen haben, - Fontenelle zum Beispiel. Plato ist langweilig. - Zuletzt geht mein Misstrauen bei Plato in die Tiefe: ich finde ihn so abgeirrt von allen Grundinstinkten der Hellenen, so vermoralisirt, so präexistent-christlich - er hat bereits den Begriff "gut" als obersten Begriff -, dass ich von dem ganzen Phänomen Plato eher das harte Wort "höherer Schwindel" oder, wenn man's lieber hört, Idealismus - als irgend ein andres gebrauchen möchte. Man hat theuer dafür bezahlt, dass dieser Athener bei den Ägyptern in die Schule gieng (- oder bei den Juden in Ägypten? ...) Im grossen Verhängniss des Christenthums ist Plato jene "Ideal" genannte Zweideutigkeit und Fascination, die den edleren Naturen des Alterthums es möglich machte, sich selbst misszuverstehn und die Brücke zu betreten, die zum "Kreuz" führte ... Und wie viel Plato ist noch im Begriff "Kirche", in Bau, System, Praxis der Kirche!

(Friedrich Nietzsche: Götzen-Dämmerung - Was ich den Alten verdanke; KSA Bd. 8, S. 155 f.)

Es folgt derjenige Grieche, den er schätzt.
Re: Was ich den Alten verdanke #2
Hylebates schrieb am 28.02.2012 um 17:46 Uhr (Zitieren)
Aha!
In der Folgezeit soll er eine große Bildungsreise unternommen haben, die ihn laut verschiedenen Quellen, deren Angaben zur Route allerdings widersprüchlich sind, nach Kyrene zu dem Mathematiker Theodoros von Kyrene sowie nach Ägypten und Unteritalien führte. Die Einzelheiten und die Datierung sind in der Forschung umstritten; insbesondere wird bezweifelt, dass Platon jemals in Ägypten war. Einiges spricht dafür, dass der Aufenthalt in Ägypten erfunden wurde, um Platon mit ägyptischer Weisheitstradition in Verbindung zu bringen. Unklar ist, ob die Bildungsreise mit der ersten Sizilienreise verbunden war oder schon einige Jahre vorher stattfand.
Wikipedia, s.v. Platon.
Re: Was ich den Alten verdanke #2
Γραικίσκος schrieb am 28.02.2012 um 18:13 Uhr (Zitieren)
Nietzsche unterstellt gerne historische Möglichkeiten (Hypothesen) als historische Tatsachen. Mit diesem Einwand konfrontiert, behaupten Nietzscheaner (meiner Erfahrung nach) dann in der Regel, es gehe Nietzsche nicht um historische, sondern um eine (irgendwie) höhere Wahrheit oder um etwas noch Höheres als die Wahrheit. Vermutlich den Willen, daß es so sei.
Falls das jetzt ein wenig satirisch klingt - so klingen Nietzscheaner nach meinem Eindruck: wie eine unbeabsichtigte Satire ihrer selbst: "Affen ihres Ideals" (Nietzsche).
Man kann es auch so formulieren: Nietzsche nimmt den Munde gerne voll.
Re: Was ich den Alten verdanke #2
Hylebates schrieb am 28.02.2012 um 18:59 Uhr (Zitieren)
Viel habe ich ja von Nietzsche nicht gelesen; noch weniger habe ich verstanden.
Aber: Kann es Nietzsche denn um eine "höhere Wahrheit" gehen? Ist er denn nicht recht ... antitranszendental, down to Earth, materiell?
Re: Was ich den Alten verdanke #2
Γραικίσκος schrieb am 28.02.2012 um 19:08 Uhr (Zitieren)
Keine transzendente Wahrheit, das meine ich nicht, sondern eine Wahrheit in einem 'höheren' Sinn als dem der Abbildung (ὁμοίωσις) eines Sachverhaltes; es ist ein voluntaristischer Wahrheitsbegriff.
Aus dem Gedächtnis zitiert: "Etwas Unüberwindliches, Felsensprengendes ist an mir. es heißt: Ich will."
Es ist nicht so? Zum Teufel damit! Ich will, daß es so sei!
 
Antwort
Titel:
Name:
E-Mail:
Eintrag:
Spamschutz - klicken Sie auf folgendes Bild: Regenbogen

Aktivieren Sie JavaScript, falls Sie kein Bild auswählen können.