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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Woran man den zivilisierten Menschen erkennt (439 Aufrufe)
Φιλομαθἡς schrieb am 08.03.2012 um 15:54 Uhr (Zitieren)
Eine Lanze für den Mathematikunterricht. Erst die Kenntnis der Geometrie ist es, die Menschen zu Wesen macht, bei denen man auf friedliche Verständigung hoffen darf:

Ut mihi Platonis illud, seu quis dixit alius, perelegans esse videatur; quem cum ex alto ignotas ad terras tempestas et in desertum litus detulisset, timentibus ceteris propter ignorationem locorum, animadvertisse dicunt in arena geometricas formas quasdam esse descriptas; quas ut vidisset, exclamavisse ut bono essent animo; videre enim se hominum vestigia; quae videlicet ille non ex agri consitura quam cernebat, sed ex doctrinae indiciis interpretabatur.

(Cic. rep. I 17, 29)
Re: Woran man den zivilisierten Menschen erkennt
Γραικίσκος schrieb am 08.03.2012 um 18:23 Uhr (Zitieren)
Es gefällt mir, lieber Φιλομαθἡς, daß offenbar auch Du nicht puristisch zwischen dem Griechisch- und dem Lateinforum trennst, sondern dies hier als Forum für antike Gedanken & Literatur in einem weiteren Sinne auffaßt, während wir das Lateinforum getrost den Leuten mit Hausaufgaben- und Tätowierungsfragen überlassen können.

Mein kürzlich vorgestellter Vorschlag, dies hier "Griechischforum" statt "Altgriechisch Wörterbuch" zu nennen, hat keinen Anklang gefunden - mit der Begründung, dann zögen wir eine im Grunde unerwünschte Klientel hierhin, wie sie das Lateinforum frequentiert. Dem mag so sein; dann sollten wir aber tatsächlich hier nicht so schematisch denken, sondern entre nous frei über die Antike debattieren.

Ciceros Gedanken werde ich bei anderer Gelegenheit nähertreten, wenn ich etwas mehr freie Zeit haben werde.
Re: Woran man den zivilisierten Menschen erkennt
ανδρέας schrieb am 08.03.2012 um 18:49 Uhr (Zitieren)

Bemerkenswert ist, dass Cicero als Bürger eines Staates von Ackerbauern nicht Zivilisation nicht "aus der Bestellung der Flur (Äcker)", sondern aus den "Anzeichen der Gelehrsamkeit" schloss, also den geometrischen Figuren im Sand. Normalerweise wäre man als Schiffbrüchiger ja schon erleichtert, Menschen vorzufinden, die einem etwas zu Essen geben können. Bildung wird also höher geschätzt. Der volle Bauch ist also kein Kriterium der Zivilisation. Das dürfte auch heute noch bei vielen auf Verwunderung stoßen, wenn man den "Bauch" auf Wohlstand und Reichtum erweitert.
Eine interessante Stelle, finde ich!
Re: Woran man den zivilisierten Menschen erkennt
διψαλέος schrieb am 08.03.2012 um 21:26 Uhr (Zitieren)
in arena geometricas formas quasdam esse descriptas;

Wenn das aber nur Hinterlassenschaften der balztanzenden Baßtölpel war?
B-)
Re: Woran man den zivilisierten Menschen erkennt
ανδρέας schrieb am 08.03.2012 um 22:08 Uhr (Zitieren)
In diesem Falle hätten die Schiffbrüchigen zumindest die Aussicht auf eine anständige Mahlzeit. Bildung kann man schließlich nicht essen ...
;-)
Re: Woran man den zivilisierten Menschen erkennt
διψαλέος schrieb am 08.03.2012 um 22:38 Uhr (Zitieren)
der berühmteste Schiffbrüchige der Antike, Odysseus, hatte Glück:
Nausikaa benahm sich nicht nur, wie es sich für ein junges Mädchen beim Anblick eines nackten Mannes gehört, sondern folgte auch den uralten Gesetzen der Gastfreundschaft.
DAS ist zivilisiertes Verhalten!
;-)

Re: Woran man den zivilisierten Menschen erkennt
Φιλομαθής schrieb am 08.03.2012 um 23:05 Uhr (Zitieren)
"Wenn das aber nur Hinterlassenschaften der balztanzenden Baßtölpel war?" - Das erinnert mich an eine andere Sache:

Ich habe eines dieser Dinge gefunden, die das Meer ausgeworfen hat ... Wer hat dich gemacht, dachte ich. Du erinnerst an nichts, gleichwohl bist du nicht gestaltlos. ... Aber vielleicht handelte es sich nur um die Frucht einer unendlichen Zeit. Durch die ewige Arbeit der Wellen kann es geschehen, daß ein Stück Fels ... eine Erscheinung von gewisser Bedeutung annimmt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß ein Stück Marmor oder Stein, das völlig unförmig der ständigen Erregtheit der Wasser anvertraut worden war, durch einen Zufall anderer Ordnung eines Tages wieder hervorgezogen wird und nun an ein Bildnis Apollos erinnert. ...
– Dann also, teurer Sokrates, wäre die Arbeit eines Künstlers, wenn er unmittelbar in fortgesetztem Willen eine solche Büste wie die des Apollo herstellt, in gewisser Weise ein Gegensatz zur endlichen Zeit?
– Ganz gewiß. ... und man kann ruhig behaupten, daß ein Künstler tausend Jahrhunderte wert ist oder hunderttausend oder noch mehr! Das will sagen, daß der Zufall oder die Ahnungslosigkeit diese fast unvorstellbare Zeit gebraucht haben würden, um blindlings dieselbe Sache herbeizuführen, die unser Mann in einigen Tagen erreicht hat. Da hast du ein seltsames Maß für ein Werk!


Paul Valéry, Eupalinos oder Der Architekt. In: Werke, Bd. 2, S. 51–53.
 
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