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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ein Gedankenexperiment aus der Antike (370 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 19.03.2012 um 18:34 Uhr (Zitieren)
[...] Nehmen wir einmal an, es gäbe Menschen, die immer im Innern der Erde gelebt haben, in gut eingerichteten und prachtvollen Wohnungen, ausgestattet mit Statuen, Gemälden und all dem, was die Menschen, die man für glücklich hält, in reichem Maße besitzen, die jedoch nie an die Oberfläche der Erde hinaufgekommen wären und doch durch Hörensagen von der Existenz eines göttlichen Wesens und von einer göttlichen Macht vernommen hätten, und dann, weil sich bei irgendeiner Gelegenheit der Schlund der Erde auftat, aus ihren verborgenen Wohnsitzen zu diesen Gegenden hier, die wir bewohnen, hätten heraufsteigen und herauskommen können: wenn die nun plötzlich die Erde, die Meere und den Himmel gesehen, die Größe der Wolken und die Gewalt der Winde kennengelernt, die Sonne erblickt und deren Größe und Schönheit, besonders aber deren Wirken erkannt hätten, weil sie den Tag heraufführt, nachdem sie ihr Licht über den ganzen Himmel erstrahlen ließ, und sie andrerseits, wenn die Nacht die Erde beschattet hat, den ganzen Himmel mit Sternen besät und geschmückt sähen, aber auch den Lichtwechsel des Mondes, der ja bald zunimmt, bald abnimmt, ferner den Aufgang und Untergang all dieser Gestirne und ihre in alle Ewigkeit feststehenden und unwandelbaren Bahnen – wenn sie dies sähen, würden sie wahrhaftig glauben, daß göttliche Wesen existieren und daß diese gewaltigen Werke Schöpfungen göttlicher Wesen sind.
Das also sagt Aristoteles. Wir aber wollen uns nur eine so furchtbare Finsternis vorstellen, wie sie einst beim Ausbruch der Feuer des Ätna die anliegenden Gegenden so verdunkelt haben soll, daß zwei Tage kein Mensch einen anderen erkennen konnte, als am dritten Tage aber die Sonne wieder zu leuchten begann, sie glaubten, zu einem neuen Leben erwacht zu sein: wenn sich derselbe Vorgang nun nach einer ewigen Finsternis ereignete, so daß wir ganz plötzlich das Licht erblickten, wie würde uns dann die Pracht des Himmels erscheinen?
Aber durch die tägliche Wiederholung und die Gewöhnung unsrer Augen sind wir damit vertraut, wir staunen nicht mehr darüber und suchen auch nicht nach Gründen für die Erscheinungen, die wir immer sehen, gerade als ob uns mehr das Ungewöhnliche als die erhabene Größe der Himmelskörper zur Erforschung ihrer Ursachen anreizen müßte. [...]

[Marcus Tullius Cicero, De natura deorum II 95 f.]
Re: Ein Gedankenexperiment aus der Antike
διψαλέος schrieb am 20.03.2012 um 00:51 Uhr (Zitieren)
Aber durch die tägliche Wiederholung und die Gewöhnung unsrer Augen sind wir damit vertraut, wir staunen nicht mehr darüber und suchen auch nicht nach Gründen für die Erscheinungen, die wir immer sehen, gerade als ob uns mehr das Ungewöhnliche als die erhabene Größe der Himmelskörper zur Erforschung ihrer Ursachen anreizen müßte.


Des Menschen Natur ist: Er gewöhnt sich an alles...
Re: Ein Gedankenexperiment aus der Antike
διψαλέος schrieb am 20.03.2012 um 00:51 Uhr (Zitieren)
Aber es gibt Ausnahmen.
Re: Ein Gedankenexperiment aus der Antike
ανδρέας schrieb am 20.03.2012 um 18:49 Uhr (Zitieren)
Das Selbstverständliche nimmt der Mensch kaum wahr - erst, wenn es plötzlich fehlt oder sich verändert, wird man wieder aufmerksam. Selbst heute, wo jeder weiß, was eine Sonnenfinsternis ist, werden wir wie verrückt gen Himmel schauen, um es nicht zu verpassen. Die Menschen der Antike werden erleichtert gewesen sein, wenn die Sonne wieder erscheint. Das Wissen der heutigen Zeit sollte uns aber nicht das Staunen verderben. Es bleibt noch viel Ungewisses, das es herauszufinden gibt. Dahinter muss nicht göttliches Werk stecken - könnte aber. Wer weiß ?
 
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