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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ein prügelfreudiger und spendabler Römer (364 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 27.03.2012 um 16:51 Uhr (Zitieren)
"Dabei fällt mir", sagte Pantagruel, "jener alte römische Edelmann ein, L. Neratius mit Namen. Er entstammte einer vornehmen und zu seiner Zeit wohlhabenden Familie. Hatte jedoch den hartnäckigen Sparren, daß er, sooft er seinen Palast verließ, seinen Dienern mit gemünztem Gold und Silber die Taschen füllte; sodann, wenn er auf der Straße etwelche niedlichen und fein herausgeputzten Gecken sah, ihnen nach Herzenslust und ohne daß diese ihn irgendwie gekränkt hätten, mit Fausthieben ins Gesicht fuhr. Gleich danach, um sie zu besänftigen und zu verhindern, daß sie ihn bei Gericht verklagten, ließ er ihnen von seinem Geld zukommen, bis daß sie froh und zufriedengestellt waren nach Maßgabe eines der Zwölftafelgesetze."

Hier beruft sich Rabelais auf Aulus Gellius, Noctes atticae XX, 1.
Re: Ein prügelfreudiger und spendabler Römer
ανδρέας schrieb am 27.03.2012 um 18:22 Uhr (Zitieren)
Das Zwölftafelgesetz ist aus heutiger Sicht gewiss befremdlich:

Aus Tabula IV (Familienrecht)

Ein offensichtlich verstümmeltes Kind muss umgehend getötet werden.

Verkauft ein Vater seinen Sohn dreimal in die Sklaverei, so soll der Sohn frei von seinem Vater sein.

und aus VIII (Schadensersatzrecht)
Wenn jemand einen anderen verstümmelt, und nicht Genugtuung leistet, ist gleiche Vergeltung gerechtfertigt.

Dann darf ein Reicher jeden nach Belieben vermöbeln, wenn er den Geschädigten dafür bezahlen kann. Auweia ... lustige Stelle.

Re: Ein prügelfreudiger und spendabler Römer
διψαλέος schrieb am 27.03.2012 um 19:06 Uhr (Zitieren)
@ανδρέας,
bedenke, vor 2.500 Jahren bedeutete ein behindertes Kind eine sehr große Belastung
Zudem konnte es später nicht im vollen Umfang mit seiner Arbeitskraft zur Versorgung der Familie beitragen.
Und angeborene Behinderungen galten als Fluch der Götter.
Das mit der dreimal in die Sklaverei verkaufen:
Der Vater konnte den Sohn zurückkaufen,
er hatte sozusagen ein "Vorkaufsrecht".

Meistens wurden Familienmitglieder "verkauft", wenn die Gefahr bestand, daß die gesamte Familie in die Schuldknechtschaft geriet.
Da wurde dann eben der 2. oder 3.Sohn zeitweise in die Sklaverei verkauft.
Geschah das aber dreimal, dann verlor der Vater seine "potestas".
Re: Ein prügelfreudiger und spendabler Römer
ανδρέας schrieb am 27.03.2012 um 19:29 Uhr (Zitieren)
@διψαλέος,
danke für die Hinweise. Das war mir allerdings schon klar. Ich hatte ja das Befremden aus heutiger Sicht vorangestellt. Wir leben heute in paradiesischen Zeiten, weil wir solch drastische Gesetze nicht mehr nötig haben. Es wäre sicher gut, wenn dies manchen Leuten bewusst wäre, um es wert zu schätzen.
Re: Ein prügelfreudiger und spendabler Römer
Γραικίσκος schrieb am 27.03.2012 um 19:33 Uhr (Zitieren)
Was würde denn heute passieren, wenn X auf der Straße Y schlüge und ihm anschließend einen hohen Betrag als Schmerzensgeld anböte?

(In den USA hat eine Frau Apple auf eine Mio. Dollar Schmerzensgeld verklagt, weil sie sich an einer Schaufensterscheibe beim Vorbeugen die Nase gebrochen hat.)
Re: Ein prügelfreudiger und spendabler Römer
ανδρέας schrieb am 27.03.2012 um 19:39 Uhr (Zitieren)

§ 223 StGB Körperverletzung, Vorsatz; auch der Versuch ist strafbar. bis zu 5 Jahre oder Geldstrafe.
Re: Ein prügelfreudiger und spendabler Römer
Γραικίσκος schrieb am 27.03.2012 um 19:41 Uhr (Zitieren)
Offizialdelikt? D.h. auch zu verfolgen, wenn der Geschädigte dank der wohlgefüllten Taschen meiner Diener auf eine Strafanzeige verzichtet?

Ich und Diener! Ich und wohlgefüllte Taschen!
Re: Ein prügelfreudiger und spendabler Römer
ανδρέας schrieb am 27.03.2012 um 19:45 Uhr (Zitieren)

§ 228 StGB , bei (vorheriger) Einwilligung nur strafbar, wenn gegen die guten Sitten verstoßend:
§230 StGB: bei fahrlässiger Körperverletzung ein Antragsdelikt, außer bei öffentlichem Interesse; Ansonsten (Vorsatz etc.) Offizialdelikt;
Re: Ein prügelfreudiger und spendabler Römer
Γραικίσκος schrieb am 27.03.2012 um 19:53 Uhr (Zitieren)
Keine Chance also für L. Neratius Germanicus Modernus.
Re: Ein prügelfreudiger und spendabler Römer
ανδρέας schrieb am 27.03.2012 um 20:00 Uhr (Zitieren)
Nein. Vorsatz, keine Einwilligung und sicher auch ein Verstoß gegen die guten Sitten. Der Staatsanwalt würde mit Sicherheit ein öffentliches Interesse begründen, damit das nicht noch Schule macht.
Tja, Pech für die, die sich schon was ausgerechnet haben ...
 
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