Γραικίσκος schrieb am 10.04.2012 um 17:10 Uhr (Zitieren)
Aus Anlaß des gestern gesendeten, sehr tendenziösen Films über die Päpstin Johanna hier die wichtigste, jedenfalls älteste Quelle zu diesem angeblichen Pontifikat:
Es handelt sich um ein Kapitel des Chronicon pontificum et imperatorum des Martinus Polonus (Martin von Troppau) aus dem 13. Jhdt.
(Quelle: Klaus Völker (Hrsg.), Päpstin Johanna. Ein Lesebuch mit Texten vom Mittelalter bis heute. Berlin 1977, S. 13)
Re: Die Päpstin Johanna
Hylebates schrieb am 10.04.2012 um 17:21 Uhr (Zitieren)
Das ist lustig, wie in den ersten Sätzen noch die männliche Form verwendet wird (mortuus, hic), nach "femina fuit" aber immer die weibliche Form. Als hätte der Schreiber am Anfang nichts gewusst oder etwas verheimlichen wollen.
Re: Die Päpstin Johanna
Γραικίσκος schrieb am 10.04.2012 um 18:26 Uhr (Zitieren)
Er nennt ihn anfangs ja auch Johannes. Der Name Johanna kommt überhaupt nicht vor.
Re: Die Päpstin Johanna
ανδρέας schrieb am 10.04.2012 um 18:47 Uhr (Zitieren)
Es ist überhaupt sehr interessant, dass sich so viele Nicht-Katholiken über innerkatholische Auffassungen ereifern. Gesichert ist die Existenz der weiblichen Päpstin jedenfalls keineswegs. Ich habe den Film gesehen (das Buch gelesen) und wundere mich, dass klar die Nachricht transportiert wurde, sie habe alles besser gemacht, sei weiser gewesen und sei nur Opfer ihrer Schwangerschaft geworden. Da hat sie ihr Geheimnis, eine Frau zu sein, so klug und geschickt verbergen können, sich Wissen angeeignet, dass das der Zeitgenossen überstieg und alle genarrt - und dann scheitert sie im Amte an einer Schwangerschaft? Und keiner fragt nach dem offenkundigen Mitwisser, also dem Vater? Der taucht auch nirgends relevant auf. Selbst für Maria brauchte man einen - sehr relevanten - Grund, nämlich Gottes Werk. Wieso wurde bei solch frevelhafter Tat nicht irgendwo der Teufel ins Spiel gebracht? Oder irgendein anderer Mann? Da ist ja sogar die Konstantinische Schenkung besser "belegt".
Re: Die Päpstin Johanna
Γραικίσκος schrieb am 10.04.2012 um 19:26 Uhr (Zitieren)
Im Film hat ja keiner der interviewten Fachleute sich zur Existenz einer Päpstin Johanna bekannt - außer Petra Gerster, die bis dahin noch nicht als Historikerin in Erscheinung getreten war.
Daß die älteste Belegstelle 400 Jahre nach den Ereignissen geschrieben worden ist, war Frau Gerster kein Wort wert.
Re: Die Päpstin Johanna
ανδρέας schrieb am 10.04.2012 um 19:56 Uhr (Zitieren)
Ja, die Petra hat sich noch nie mit Fakten zufrieden gegeben:
Vgl. Setzen, Sechs! - Schulgeschichten aus Deutschland (2/3). Verpasste Chancen. Dokumentarfilm von Christina Brecht-Benze im Auftrag des SWR. Deutsche Erstausstrahlung am 15. Dezember 2005
Γραικίσκος schrieb am 11.04.2012 um 15:38 Uhr (Zitieren)
Ich bin erstaunt, daß Petra Gerster schon einige Bücher veröffentlicht hat. Dennoch fällt mir dazu Schopenhauers Wort ein: "Absichten, nicht Einsichten sind der Leitstern dieser Tumultanten."
Re: Die Päpstin Johanna
Γραικίσκος schrieb am 11.04.2012 um 19:06 Uhr (Zitieren)
Mir kommt diese Martin-Polonius-Geschichte ähnlich vor wie diese lehrhaften Schmankerln, die im Spätmittelalter so populär waren - etwa die der Gesta Romanorum, denen ja auch niemand eine historische Realität zusprechen wird.
Re: Die Päpstin Johanna
Γραικίσκος schrieb am 11.04.2012 um 19:06 Uhr (Zitieren)
Martin Polonus ...
Re: Die Päpstin Johanna
ανδρέας schrieb am 11.04.2012 um 19:17 Uhr (Zitieren)
Das saeculum obscurum werden wir nicht mehr ergründen ... zu wenige Quellen und zu unzuverlässig.
Gerade damals galt: zuerst mal im eigenen Sinne interpretieren und dann die passenden Argumente konstruieren. Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte sie nichts lehrt ... (weiß nicht mehr, wer das gesagt hat).
Re: Die Päpstin Johanna
Γραικίσκος schrieb am 11.04.2012 um 19:21 Uhr (Zitieren)
Das saeculum obscurum ist ohnehin obskur. Aber ich meine, daß diese Geschichte so nach Spätmittelalter riecht. Was die historische Realität angeht, so traue ich, anders als Petra Gerster, ihr nicht von hier bis zur nächsten Ecke.
Re: Die Päpstin Johanna
ανδρέας schrieb am 11.04.2012 um 19:36 Uhr (Zitieren)
Hier eine systematische Aufarbeitung des Themas:
u.a.