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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Zwei Arten, Geschichte zu schreiben (351 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 23.04.2012 um 19:14 Uhr (Zitieren)
„Doch bestand“, sagte er [Sempronius Asellio], „zwischen solchen, die Annalen hinterlassen, und solchen, die den Versuch unternommen hatten, die Geschichte der Römer niederzuschreiben, vor allen Dingen der folgende Unterschied: Die Annalenwerke legen immer nur dar, was geschah und in welchem Jahr es sich ereignete, wie es diejenigen tun, die ein Tagebuch – griechisch ἐφημερίδα - schreiben. Ich meine, dass ich mich nicht nur nicht damit begnügen kann, das allein mitzuteilen, was geschehen ist, sondern auch darlegen muss, in welcher Absicht und in welcher Manier gehandelt wurde [quo consilio quaque ratione gesta essent].“

Etwas später sagt wiederum Asellio im gleichen Buch: „Denn Annalenwerke vermögen weder eher tatkräftige Menschen zur Verteidigung des Staates noch eher träge zum raschen Handeln zu bewegen. Nun zu schreiben, unter welchem Konsul ein Krieg begonnen und unter welchem er beendet worden ist und wer im Triumph eingezogen ist, dabei aber nicht zu würdigen [praedicare], was sich im Krieg ereignet hat, was der Senat in der Zwischenzeit beschlossen hat oder welches Gesetz beziehungsweise welcher Antrag eingebracht worden ist und aus welchen Überlegungen dies vor sich ging [quibus consiliis ea gesta sint] – so etwas heißt Knaben Geschichten [fabulas] erzählen, nicht Geschichte [historias] zu schreiben.“

[Der Titel des Geschichtswerkes ist nicht überliefert; es existieren lediglich einige Fragmente des Werkes, die bei anderen Autoren zitiert werden. Quelle: Hans Beck & Uwe Walter (Hrsg.), Die Frühen Römischen Historiker II. Von Coelius Antipater bis Pomponius Atticus. Darmstadt 2004, S. 87]
Re: Zwei Arten, Geschichte zu schreiben
διψαλέος schrieb am 23.04.2012 um 19:21 Uhr (Zitieren)
ja,
"Geschichte" zu schreiben gehört mit du den schwersten...

Man kann sie sowohl deduktiv als auch induktiv schreiben.

Re: Zwei Arten, Geschichte zu schreiben
διψαλέος schrieb am 23.04.2012 um 19:22 Uhr (Zitieren)
ja,
"Geschichte" zu schreiben gehört mit zu den schwersten...
Re: Zwei Arten, Geschichte zu schreiben
ανδρέας schrieb am 23.04.2012 um 19:47 Uhr (Zitieren)
dass ich mich nicht nur nicht damit begnügen kann, das allein mitzuteilen, was geschehen ist, sondern auch darlegen muss, in welcher Absicht und in welcher Manier gehandelt wurde


Ist nicht Niccolo Machiavelli sogar der erste "Historiker", der dies tat (Il Principe & Discorsi) und sogar weiter ging, weil er daraus allgemeine Handlungsanweisungen für den Herrscher ableitete?
Natürlich war er nicht neutral und hatte die Absicht Italien von fremden Mächten zu befreien. Aber seine Bücher sind gespickt mit historischen Beispilen, die seine Schlussfolgerungen belegen sollen. Gab es das vorher bei irgendeinem Histiker in dieser Form?
Re: Zwei Arten, Geschichte zu schreiben
διψαλέος schrieb am 23.04.2012 um 19:56 Uhr (Zitieren)
Das Problem ist,
Geschichtsschreibung ist immer die Schreibung der Sieger.
Re: Zwei Arten, Geschichte zu schreiben
Γραικίσκος schrieb am 23.04.2012 um 20:03 Uhr (Zitieren)
Geschichtsschreibung ist immer die Schreibung der Sieger.

Da haben wir hier einmal die gegenteilige Meinung eines Fachmanns diskutiert.
Re: Zwei Arten, Geschichte zu schreiben
Γραικίσκος schrieb am 23.04.2012 um 20:04 Uhr (Zitieren)
Re: Zwei Arten, Geschichte zu schreiben
Γραικίσκος schrieb am 23.04.2012 um 20:05 Uhr (Zitieren)
Sogar mit Beitrag von Dir!
Re: Zwei Arten, Geschichte zu schreiben
ανδρέας schrieb am 23.04.2012 um 20:16 Uhr (Zitieren)
Geschichte scheint mir sehr von Zufällen abhängig zu sein. Nämlich von Personen.
Man stelle sich vor:

Pilatus hätte Jesus begnadigt
Sokrates wäre als Hoplit im Peloponnesischen Krieg gefallen
Napoleon wäre von Josephine vergiftet worden (Grund hatte sie ja)
Hitler hätte im WK I. den Gasangriff nicht überlebt
Carsar hätte in Alesia verloren
Luther wäre in Worms eingeknickt
Attila hätte seinen Blutsturz vor seinen Feldzügen gehabt
Washington wäre im Potomac gekentert und ertrunken
Konstantin der Große hätte vor der Schlacht an der Milvischen Brücke nicht schlafen – und träumen – können
Und, und, und …

… dann wäre heute alles ganz anders, oder?

Re: Zwei Arten, Geschichte zu schreiben
Γραικίσκος schrieb am 23.04.2012 um 20:39 Uhr (Zitieren)
Das sind schöne Beispiele zur sog. kontrafaktischen Geschichtsschreibung.
Re: Zwei Arten, Geschichte zu schreiben
ανδρέας schrieb am 23.04.2012 um 21:13 Uhr (Zitieren)

Jedenfalls ist es auch eine Art, Geschichte zu schreiben: nicht induktiv, nicht deduktiv, sondern reduktiv (und natürlich spekulativ). Man macht sich klar, welche Bedeutung eine Person oder ein Ereignis auf den geschichtlichen Prozess hatte und welche Alternativen - zumindest in kurzen Zeitabschnitten - hätten eintreten können.
Geschichte ist das natürlich nicht, nur die Heraushebung wichtiger Punkte in der Geschichte.
 
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