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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der Gedanke der Ewigen Wiederkehr des Gleichen in der Antike (537 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 23.05.2012 um 14:22 Uhr (Zitieren)
I.
Altes Testament

Worte des Predigers, des Sohnes Davids, des Königs in Jerusalem.
Eitelkeit, nur Eitelkeit, spricht der Prediger , Eitelkeit, nur Eitelkeit, alles ist Eitelkeit!
Was bleibt dem Menschen bei all seiner Mühe, die er sich macht unter der Sonne?
Ein Geschlecht geht und ein Geschlecht kommt, die Erde aber bleibt ewig stehen.
Die Sonne geht auf und die Sonne geht unter, und ihrem Ort strebt sie zu und geht dort wieder auf.
Es weht nach Süden und dreht sich nach Norden, es dreht sich und dreht sich und weht der Wind; und zu seinen kreisenden Bahnen kehrt wieder der Wind.
Die Flüsse alle wandern zum Meer, doch das Meer wird nicht voll, zum Ort, nach dem die Flüsse wandern, dorthin wandern sie immerdar.
Alle Dinge hetzen sich müde, kein Mensch kann es sagen (wozu). Das Auge wird vom Sehen nicht satt, das Ohr vom Hören nicht voll.
Was war, wird wieder sein; was geschah, wird wieder geschehen, und nichts Neues gibt es unter der Sonne.
Gibt es etwas, von dem man sagen kann: „Sieh, dieses ist neu“? Längst war es zu Zeiten, die vor uns gewesen.

[Buch Prediger 1,1-10]
II.
Platon (427-347 v.u.Z.)
Politikos

Fremdling: Höre denn. Zuzeiten ist die Gottheit selbst beteiligt an der Leitung der Bewegung und Umwälzung dieses unseres Weltalls, zuzeiten aber überläßt sie es wieder sich selbst, wenn die Umläufe das Maß der ihm zukommenden Zeit erreicht haben: dann wälzt es sich, dem eigenen Triebe folgend, wieder in entgegengesetzter Richtung um, als beseeltes und vernunftbegabtes Wesen; denn als solches hat es Gott von Anfang an gebildet. Dieses Rückwärtsgehen ist aber ein der Natur des Alls entsprechender, notwendiger Vorgang, und zwar aus folgendem Grunde.

Sokrates: Aus welchem Grunde?

Fremdling: Das beständige Beharren in dem nämlichen und gleichen Zustand ohne jede Veränderung seiner selbst kommt nur den allergöttlichsten Wesen zu, wogegen die Natur des Körperlichen zu einer anderen Ordnung der Dinge gehört. Was aber unserer Benennung zufolge Himmel und Welt heißt, das ist zwar von dem Schöpfer mit vielen Herrlichkeiten ausgestattet worden, aber es ist eben auch mit dem Körperlichen behaftet. Daher kommt es, daß es nicht völlig unberührt von Veränderung bleiben kann; aber seine Bewegung ist doch nach Möglichkeit die denkbar gleichförmigste: sie ist nur eine und vollzieht sich in demselben Raum. Das ist die Bedeutung der immer in sich zurückkehrenden Kreisbewegung, die ihr zuteil geworden ist als diejenige, welche den denkbar geringsten Wechsel der eigenen Bewegung zeigt. Eine immerwährende Umdrehung sich selbst zu geben[,] ist wohl keinem möglich; nur der Leiter aller bewegten Dinge vermag dies zu bewirken. Aber ihm steht es nicht an[,] die Bewegung bald so bald wieder in der entgegengesetzten Richtung vor sich gehen zu lassen. Dem allen zufolge darf man also weder sagen, daß die Welt sich von selbst immer in Umdrehung erhalte, noch auch daß sie immer als Ganzes von der Gottheit in zwiefachen und entgegengesetzten Umläufen gedreht werde, noch auch, daß zwei miteinander in Gegensatz stehende Götter (abwechselnd) sie drehen, sondern es bleibt bei dem oben Gesagten als dem allein noch Möglichen, nämlich: sie wird zuzeiten mitgeleitet von einer außer ihr liegenden göttlichen Kraft, wodurch sie wieder zu frischem Leben gelangt und die vom Weltbildner wiederhergestellte Unsterblichkeit erhält, zuzeiten aber wieder, nämlich nach Einstellung der göttlichen Leitung, bewegt sie sich durch eigene Kraft; und zwar ist der Zeitpunkt, wo sie sich selbst überlassen wird, so günstig gewählt, daß sie Myriaden über Myriaden von Umläufen rückwärts machen kann, weil sie als Größtes und an Gleichgewicht Unübertreffliches ihre Bewegung auf der kleinsten Basis vollzieht .

Sokrates: In der Tat scheint diese deine Schilderung in allen Punkten die größte Wahrscheinlichkeit für sich zu haben.

[269c-270a]
III.
Aristoteles (384-322 v.u.Z.)
Problemata Physica

Wie muß man (die Begriffe) „früher“ und „später“ verstehen? Vielleicht in dem Sinne, daß die Menschen zur Zeit von Troja „früher“ als wir lebten und ihre Vorfahren „früher“ als jene und jeweils die Älteren „früher“. Oder: wenn es einen Anfang, Mitte und Ende des Alls gibt, und wenn einer, der altert, zum Ende kommt und sich wieder umwendet zum Anfang, wenn ferner das, was näher am Anfang ist, „früher“ ist, was hindert uns anzunehmen, daß wir näher am Anfang sind? Wenn das aber der Fall ist, dann dürften wir auch „früher“ sein. Wie nun beim Umlauf des Himmels und eines jeden der Gestirne die Form eines Kreises gegeben ist, was hindert uns anzunehmen, daß auch die Entstehung und die Zerstörung der vergänglichen Dinge derart ist, so daß diese erneut entstehen und vergehen? So sagt man ja auch, das Menschenleben ist ein Kreis. Die Annahme freilich, daß diejenigen, die jeweils wieder entstehen, numerisch identisch seien, wäre einfältig, daß sie aber der Art nach identisch sind, könnte man wohl eher annehmen. In diesem Sinne dürften auch wir „früher“ sein, und man könnte der Auffassung sein, die Anordnung der Reihe sei so, daß sie kreisförmig zum Anfangspunkt zurückbiegt und ein Kontinuum erzeugt und sich immer in der gleichen Weise verhält. Denn die Menschen, sagt Alkmaion , gehen deshalb zugrunde, weil sie nicht in der Lage sind, den Anfang mit dem Ende zu verknüpfen, - fein gesagt, wenn man annimmt, daß er das nur im Groben so gesagt hat und das Gesagte nicht ganz wörtlich genommen werden soll. Wenn also (das menschliche Leben) ein Kreis ist, es von einem Kreis aber weder Anfang noch Ende gibt, dann wären auch nicht die Menschen „früher“, die näher am Anfang wären, noch wären wir „früher“ als jene und jene „früher“ als wir.

[XVII, 3]
Re: Der Gedanke der Ewigen Wiederkehr des Gleichen in der Antike
ανδρέας schrieb am 23.05.2012 um 19:03 Uhr (Zitieren)
Haschen nach Wind – alles ist vergänglich

Als ich aber ansah alle meine Werke, die meine Hand getan hatte, und die Mühe, die ich gehabt hatte, siehe, da war es alles eitel und Haschen nach Wind und kein Gewinn unter der Sonne. (Koh 2,11 )

Wenn im Unendlichen dasselbe
Sich wiederholend ewig fließt,
Das tausendfältige Gewölbe
Sich kräftig ineinander schließt,
Strömt Lebenslust aus allen Dingen,
Dem kleinsten wie dem größten Stern,
Und alles Drängen, alles Ringen
Ist ewige Ruh in Gott dem Herrn.
(Goethe)

Re: Der Gedanke der Ewigen Wiederkehr des Gleichen in der Antike
Γραικίσκος schrieb am 23.05.2012 um 21:03 Uhr (Zitieren)
Nicht: alles ist vergänglich, sondern:
Was war, wird wieder sein; was geschah, wird wieder geschehen, und nichts Neues gibt es unter der Sonne.

Aber Goethe trifft es schon.
Re: Der Gedanke der Ewigen Wiederkehr des Gleichen in der Antike
Φιλομαθής schrieb am 23.05.2012 um 22:14 Uhr (Zitieren)
Ich weiß nicht, ob ich Nietzsche hierin recht verstanden hatte, aber sein Gedanke entstand wohl aus der cartesisch-mechanistischen Vorstellung von einer Welt, die zwar eine sehr große, aber endliche Zahl von Teilchen und Zuständen beherberge, so dass sich irgendwann (in einer unendlich angenommenen Zeit) alle Teile in einer Lage zueinander befinden müssten, in der sie sich schon einmal befunden haben, und als Folge davon sich alle daraus ergebenden Zustände wiederholen müssten.

(Wir hätten heute dagegen zunächst den Einwand vorzubringen, weshalb man zwar von einer unendlichen Zeit und nicht auch von einem unendlichen Raum ausgehen sollte, woraus sich auch eine unendliche Zahl von Zuständen der in ihm enthaltenen Gegenstände ergäbe. Weiterhin hat die moderne Physik erwiesen, dass man aus dem Zustand eines Teilchens nicht seinen künftigen Zustand vorhersagen kann, selbst wenn nur zwei Möglichkeiten vorliegen.)

Mir scheint, Nietzsche hat diese Vorstellung von der ewigen Wiederkehr als eben jenen "metaphysischen Rucksack" getragen, den er bei anderen Denkern kritisierte, und dank dessen er seinen Materialismus so schonungslos betreiben konnte.

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Bei den antiken Beispielen erkennen wir noch einen Nachhall des zyklischen Zeitbegriffs wie er in vielen Naturreligionen vorherrschend war.

Merkwürdig ist es zu sehen, wie Aristoteles die lineare Zeitachse (die ja eine Errungenschaft erst einer Kultur ist, die über ein Gedächtnis verfügt, das über zwei oder drei Generationen hinausreicht), wieder zu einem Kreis umbiegt.

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Beides - Linearität und Periodizität - ist in der unmittelbaren Lebenserfahrung des Menschen angelegt: erstere erfährt er im unumkehrbaren Alterungsprozess, letztere in den wiederkehrenden astronomischen Erscheinungen (Tag und Nacht, Jahreszeiten).
Re: Der Gedanke der Ewigen Wiederkehr des Gleichen in der Antike
ανδρέας schrieb am 23.05.2012 um 22:24 Uhr (Zitieren)
Ja Φιλομαθής,

es ist wie mit Krawatten. Lasse sie 20 Jahre im Schrank hängen - und sie sind (leicht aufgebügelt) gänzlich modern und nur der Halsumfang des Trägers gibt dem Bild die aktuelle Note.

Ich widme mich nun im täglichen Zyklus den Verrichtungen der Nacht.
Re: Der Gedanke der Ewigen Wiederkehr des Gleichen in der Antike
Γραικίσκος schrieb am 24.05.2012 um 20:31 Uhr (Zitieren)
Laut Hegel übersehen sowohl die Auffassung von der Linearität als auch die von der zyklischen Struktur der Geschichte die Natur des Geistes: er lernt dazu.
Re: Der Gedanke der Ewigen Wiederkehr des Gleichen in der Antike
ανδρέας schrieb am 24.05.2012 um 21:53 Uhr (Zitieren)

Ξυνὸν γὰρ ἀρχὴ καὶ πέρας ἐπὶ κύκλου περιφερείας.

Πάντα ῥεῖ καὶ οὐδὲν μένει.
 
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