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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Julian-Projekt #2 (610 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 13.07.2009 um 09:16 Uhr (Zitieren)
Von Julian sind auch mehrere Texte zur Auseinandersetzung mit dem Christentum überliefert - derjenigen Religion, in der er selbst aufgewachsen war und die er dann wieder ablegte ("Apostata"), um das Heidentum wiederzubeleben.
Hier ein Auszug:
GEGEN DIE GALILÄER

[Kritik am Dogma des Sündenfalls]

[...]
Es scheint mir angebracht, jedermann die Gründe darzulegen, die mich überzeugt haben, daß die trügliche Lehre der Galiläer eine aus Bosheit angestiftete Erfindung von Menschen ist. Trotzdem nichts in ihr von Gott ist, hat sie es durch Ausnutzung der fabelsüchtigen, kindischen und unverständigen Seite der Seele zuwege gebracht, daß ihre Wundererzählung als Wahrheit geglaubt wird.
[...]
Ist es nicht auch im höchsten Grade widersinnig, wenn Gott dem Menschen, den er selbst geschaffen hat, die Kenntnis des Unterschiedes von gut und böse vorenthält? Kann es denn etwas Einfältigeres geben als einen, der zwischen gut und schlecht nicht zu unterscheiden vermag? Ein solcher Mensch wird offenbar einmal das Übel nicht meiden und andererseits auch nicht dem Guten nachstreben. Was aber die Hauptsache ist, Gott hat nicht gewollt, daß der Mensch an vernünftiger Einsicht Teil habe, und dabei gibt es nichts, was für denselben größeren Wert hätte. Denn daß die Unterscheidung von gut und böse recht eigentlich ein Ausfluß vernünftiger Einsicht ist, das sieht wohl auch der Stumpfsinnigste deutlich ein. Demgemäß war der Einfluß der Schlange auf die menschliche Entwicklung vielmehr ein wohltätiger und keineswegs ein verderblicher. Wenn es so steht, muß man Gott als mißgünstig bezeichnen. Denn wie er den Menschen zu vernünftiger Einsicht gelangt sah, vertrieb er ihn aus dem Paradiese, damit derselbe nicht, wie er sich ausdrückt, vom Baume des Lebens koste. Folgendes sind seine eigenen Worte: „Siehe, Adam ist geworden als unser Einer und weiß, was gut und böse ist. Daß er nun nicht auch seine Hand ausstrecke und breche vom Baume des Lebens und esse und lebe ewiglich.“ Wenn alle diese Geschichten nicht etwa Mythen sind, deren Kern eine mysteriöse Spekulation bildet, dann strotzen die Erzählungen von Gott wenigstens meinem Dafürhalten nach von Lästerung. Denn dies vorgebliche Nichtwissen, daß die zur Gehilfin erschaffene Frau bestimmt ist, die Ursache des Falles zu werden, dies Verbot der Erkenntnis des Guten und Schlechten, wie es wohl für sich allein imstande wäre, den menschlichen Geist in engen Schranken zu halten, und dazu noch die eifersüchtige Sorge, daß der Mensch nicht vom Baume des Lebens koste und so, dem Tode entrückt, zur Unsterblichkeit eingehe: Dies alles zeugt von argem Neid und übergroßer Mißgunst.
[...]


[Quelle: K. J. Neumann (Hrsg.), Kaiser Julians Bücher gegen die Christen. 1880; zitiert nach: Karlheinz Deschner (Hrsg.), Das Christentum im Urteil seiner Gegner. Ismaning bei München 1986, S. 44 f.]
Re: Julian-Projekt #2
Ὑληβάτης schrieb am 13.07.2009 um 09:43 Uhr (Zitieren)
Da ist wohl jemand sehr wütend, was?
Demgemäß war der Einfluß der Schlange auf die menschliche Entwicklung vielmehr ein wohltätiger und keineswegs ein verderblicher.
Dieser Gedanke taucht, soweit ich weiß, zumindest in Crowleys Thelema wieder auf, unterstützt von der gematrischen Berechnung, dass "Schlange" (ich glaube, das hebräische Wort) und "Messias" den gleichen Zahlenwert haben - was ja eine Identität mindestens nahelegt, evtl. sogar "beweist".

Der jetzt altbewährte Gedanke, dass Gott dem Menschen ja Wissen vorenthalten hat, das zu einer Verurteilung eigentlich nötig ist - hat der seinen Ursprung bei Julian?
Re: Julian-Projekt #2
Γραικίσκος schrieb am 13.07.2009 um 10:17 Uhr (Zitieren)
Das weiß ich nicht. Aber ich bin sogar der Ansicht, daß bereits die Befolgung des Gebots eine Unterscheidung zwischen Gut und Böse erfordert (gut ist es, Gott zu gehorchen ...) und damit einen Bruch des Gebots.
Das ist eine veritable Zwickmühle, die Gott da aufgebaut hat! Er gibt ein Verbot, das man nur erfüllen kann, indem man es bricht. Genauso gut hätte er befehlen können: "Gehorcht mir nicht! Und wehe, ihr tut es!"

Da ist mir ein Zen-Koan doch lieber, weil es zwar auch Unmögliches verlangt, aber nicht strafbewehrt ist.
Re: Julian-Projekt #2
Ὑληβάτης schrieb am 13.07.2009 um 10:46 Uhr (Zitieren)
Uiuiui. Eine Theodizee-Diskussion, bei der jeder Pietist, Charismat und Evangelikale entzückt aufspringen und sich zum Märtyrer machen lassen würde! ;-)
Wie aber würde er uns antworten? "Die Sünde der Menschen bestand doch nur darin, dass sie nicht gehorcht haben - dafür muss man doch nicht wissen, was gut, was böse ist. Was kannst du darauf antworten?"
Hast Du gemerkt, dass die Pietisten "Du" niemals groß sprechen? Das stimmt natürlich nicht, es ist nur argumetationis causa
Re: Julian-Projekt #2
Γραικίσκος schrieb am 13.07.2009 um 15:32 Uhr (Zitieren)
Das verstehe ich nicht. Um einem Gebot zu folgen, muß ich doch wissen, daß es sich gehört (= gut ist), diesem Gebot zu folgen. Schließlich handelt es sich dabei doch nicht um eine Instinkthandlung!
Die Voraussetzung von Gut und Böse erkennt man ja schon an der Einordnung des Verhaltens von A & E als Sünde. Denn wie könnte etwas Sünde sein, das zu tun nicht böse war?
Re: Julian-Projekt #2
Ὑληβάτης schrieb am 14.07.2009 um 09:25 Uhr (Zitieren)
Wir müssen mal einen Fundamentalisten fragen, um die Besonderheit der Lösung zu erfahren.
 
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