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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Eine Comic-Metapher bei Aischylos? (1008 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 26.05.2012 um 17:11 Uhr (Zitieren)
Ein Bote kommt ...
σπουδῇ διώκων πομπίμους χνόας ποδῶν

(Aischylos: Sieben gegen Theben, V. 371)

χνόη: Radnabe

So bewegt sich bekanntlich Donald Duck, wenn er sehr eilig läuft. Anatomisch ist das ja gar nicht möglich. Ein bemerkenswertes Bild bei Aischylos also.
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
διψαλέος schrieb am 26.05.2012 um 22:57 Uhr (Zitieren)
Kann man sagen, daß das Rad das einzigste Mittel zur Fortbewegung ist,
welches NICHT von Mutter Natur "erfunden" wurde?
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
filix schrieb am 26.05.2012 um 23:08 Uhr (Zitieren)
Kann man sagen, daß das Rad das einzigste Mittel zur Fortbewegung ist,
welches NICHT von Mutter Natur "erfunden" wurde?


Eher nicht; siehe: http://en.wikipedia.org/wiki/Rotating_locomotion_in_living_systems
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
διψαλέος schrieb am 26.05.2012 um 23:15 Uhr (Zitieren)
gut,
am besten gefällt mir natürlich der Escher...
;-)
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
Γραικίσκος schrieb am 27.05.2012 um 10:01 Uhr (Zitieren)
Das Rollen kommt in der Natur vor. Aber hier liegt das Problem:
The greatest anatomical impediment to wheeled multicellular organisms is the interface between the static and rotating components of the wheel.

Es gibt, soweit ich sehe, kein natürliches Vorbild für:
χνόη: Radnabe
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
filix schrieb am 27.05.2012 um 10:28 Uhr (Zitieren)
Diese Einschränkung gilt für mehrzellige Lebewesen -
das Flagellum erfüllt alle Kriterien: "... Auch die Natur beherrscht die dauerhafte Rotationsbewegung in einem (passgenauen) Lager. Die Flagellenmechanik stellt das bisher einzig bekannte echt rotierende Gelenk in der gesamten Biologie dar". Überdies stellt sie ein motorgetriebenes System dar. Die Pointe scheint mir eine
andere zu sein - das Rad als Epitom der von Natur sich emanzipierenden Entwicklung des Menschen (hat das eigentlich schon jemand kulturhistorisch untersucht, also nicht das Rad sondern die Sicht auf dasselbe?) ist der Natur zu primitiv (schon das Flagellum ist mehr als ein steifes Rad), weshalb es in der engl. Wikipedia m.E. völlig richtig heißt: "On the contrary, given the mechanical disadvantages and restricted usefulness of wheels compared with limbs, the central question can be reversed: not "Why doesn't nature produce wheels?", but rather, "Why don't human vehicles make more use of limbs?" Vielleicht erinnerst du dich an: http://www.albertmartin.de/altgriechisch/forum/?view=2621#13 Nun, hierbei handelt es sich nicht nur um ein Monstrum, sondern den Versuch, es der Natur zunächst gleichzutun als eine neue Stufe der Entwicklung der 'künstlichen' Fortbewegung.
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
Γραικίσκος schrieb am 27.05.2012 um 11:01 Uhr (Zitieren)
Erstmal und vielleicht um dieses Thema abzuschließen (obwohl es gar nicht besprochen worden ist): Es ging mir um die kreative Metapher des Aischylos, der das Rad als Symbol rascher Fortbewegung nimmt und auf Füße überträgt, die dazu anatomisch gar nicht passen.
(Daß spätere Comic-Zeichner diese Aischylos-Stelle kannten, möchte ich bezweifeln.)
Aischylos hatte vermutlich im Sinn, daß Wagen sich schneller bewegen können als Menschen auf Füßen. Nun, sie konnten es zu seiner Zeit, weil/wenn Pferde davorgespannt waren, und Pferde bewegen sich klarerweise nicht auf Rädern, sondern eher wie BIGDOG. Heute freilich sind Radfahrzeuge unvergleichlich schneller als alles, was sich auf Füßen bewegt.
Dies geahnt zu haben (d.h. die Potentialität der Radbewegung), möchte ich Aischylos nicht unterstellen.

***

Das Flagellum bewegt sich also mittels eines technischen Prinzips: Rotationsbewegung in einem paßgenauen Lager.
Bei der Erfindung des Rades durch Menschen dürfte es nicht Pate gestanden haben, denn die Menschen damals wußten davon nichts.
Warum hat die Natur dieses Prinzip nicht beibehalten bzw. weiterentwickelt bei größeren Tieren?
Du suggerierst, daß die Fortbewegung auf Füßen vorteilhafter ist, wenn ich Dich recht verstehe.
Das Rad bekommt in der Tat bei unebenem bzw. weichem Untergrund Probleme. Diese Probleme lassen sich freilich lösen: wie es der Panzer zeigt.
Um meinen Eindruck zusammenzufassen:
- Radfahrzeuge können nicht springen (wie es BIGDOG eindrucksvollerweise tut).
- Radfahrzeuge können - auf glattem Untergrund - eine wesentlich höhere Geschwindigkeit erreichen.
Daher haben m.E. beide Prinzipien ihre Berechtigung. Daß die Natur Füße bevorzugt, mag damit zusammenhängen, daß es in der Natur keine Straßen gibt. Insofern gehören sie technisch zusammen: das Rad und die Straße.
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
Γραικίσκος schrieb am 27.05.2012 um 11:14 Uhr (Zitieren)
Bei unebenem Gelände verliert der Panzer natürlich an Geschwindigkeit, doch er kann es bewältigen.
Es gibt auch Roboter, die sich mit dem Prinzip beweglich gelagerter und von Ketten umschlossener Räder sehr flott bewegen und Treppen steigen können.
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
filix schrieb am 27.05.2012 um 11:39 Uhr (Zitieren)
Berechtigung ist m.E. keine solchen Entwicklungen angemessene Kategorie, also bestreite ich sie auch nicht, was angesichts der normativen Kraft des Faktischen, also der den Planeten überziehenden Straßen- und Schienennetze, der darauf rollenden und rasenden Gefährte, der Mobilitätsindustrie usf. einigermaßen lächerlich wirkte.
Das pointierte "das Rad...ist der Natur zu primitiv" sollte - ganz wie in der engl. Wikipedia - das reframing der Fragestellung in Anschluss an Bibulus' Einwurf bewirken . Mit Erfolg, wie mir scheint. Schon seine auf das von Escher ersonnene Gebilde, das eine Fusion von "limbs" und "wheels" darstellt, fallende Wahl bezeugt, dass das ein neues Leitbild abgibt. Und du denkst den Panzer weiter: die Kettenrollen werden ein biomorphes Gebilde. BigDog springt über die Gräben, an denen Leopard 1 und 2 (die Namen!) hilflos halten. Die Bilder, die literarischen Träume gingen den technischen Entwicklungen doch stets voran, allein die qualitativen Effekte einer quantitativ bedeutsamen Durchsetzung derselben, in puncto psychischer, sozialer und gesamtkultureller Entwicklung wirken auf dieselben wieder zurück, und verlangen Neudeutung.
Auch Geschwindigkeit - ein Zentralphantasma der Moderne - ist als Kategorie der Beurteilung dieser Entwicklungen selbst wieder geschichtlich zu betrachten: Man stelle sich einen Maschinenpark für Flaneure vor...
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
Γραικίσκος schrieb am 27.05.2012 um 11:46 Uhr (Zitieren)
Geschwindigkeit ist wahrlich keine meiner Göttinnen! Daß viele Menschen sie verehren, hat aber auch eine Grundlage in der Natur: sie ist eine Überlebensstrategie, sowohl für Jäger als auch für Beute.

Das Springen, ja, das ist ein Vorzug von Beinen gegenüber Rädern.

Und der Maschinenpark für Flaneure ist ein Einfall, der es verdient, ihm nachzuhängen.
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
Γραικίσκος schrieb am 27.05.2012 um 11:50 Uhr (Zitieren)
Ist die Haltung des Flaneurs nicht das Gegenteil der Einstellung, aus der heraus man Maschinen erfindet & einsetzt?
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
filix schrieb am 27.05.2012 um 11:59 Uhr (Zitieren)
Zur Geschwindigkeit:
Ist es nicht das Menschliche unserer Tage, das wir uns nicht einmal mit dem kleinen c abfinden wollen, während die, jetzt kosmisch betrachtete Natur daran ihre Grenze zu haben scheint. Daher die Warp-Antriebe und das Rauschen im Blätterwald (welch todgeweihte Metapher), wenn aus dem CERN eine
minimale Übertretung entdeckt worden zu sein scheint.

Und: Wann hast du dir zuletzt einen neuen Rechner gekauft, weil dir der alte zu langsam war? ;)
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
filix schrieb am 27.05.2012 um 12:00 Uhr (Zitieren)
am CERN
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
filix schrieb am 27.05.2012 um 12:02 Uhr (Zitieren)
Zum Flaneuer: ja, entsteht er doch u.a. als frühe Antwort auf die Industrialisierung und die damit einhergehende Beschleunigung der Welt...aber warum sollte, wenigstens als literarisches Spiel,
man aus der Defensive nicht von einer Enteignung träumen statt
sich auf die asketische Meidung zu verlegen?
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
filix schrieb am 27.05.2012 um 12:06 Uhr (Zitieren)
Noch etwas: kann man die Langsamkeit beispielsweise nicht erst in der Art und Weise sehen und empfinden, ja als Leitideal entdecken, wenn die Welt 'schneller' geworden ist?
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
Γραικίσκος schrieb am 27.05.2012 um 12:08 Uhr (Zitieren)
Und: Wann hast du dir zuletzt einen neuen Rechner gekauft, weil dir der alte zu langsam war? ;)

Da tust Du mir Unrecht. Zumal ich weder am PC spiele noch große Datenmengen herunterlade.
Ansonsten ist das natürlich weit verbreitet, gewiß.

c ist für mich ein altes Problem, schon seit meiner Jugend, weil ich gerne andere Welten kennenlernen möchte:
Nein, ich will lieber glauben, daß das organische Leben eine spezielle Krankheit unseres unschönen Planeten ist. Es wäre unerträglich zu glauben, daß man auch im unendlichen All immer nur fräße oder gefressen würde.

(Anatole France, Die Probierpuppe)
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
Γραικίσκος schrieb am 27.05.2012 um 12:20 Uhr (Zitieren)
Noch etwas: kann man die Langsamkeit beispielsweise nicht erst in der Art und Weise sehen und empfinden, ja als Leitideal entdecken, wenn die Welt 'schneller' geworden ist?

Das ist naheliegend. Auch Langsamkeit wird man, wie alles andere, nur durch den Kontrast bewußt erleben. Dazu braucht es aber nicht gleich eine industrialisierte Gesellschaft. Eine Katze, die nach der Jagd in der Sonne liegt und sich putzt, tut es auch. Natürlich potenziert die moderne Gesellschaft dieses Problem.

***

Am Freitag habe ich mir mit Schülern die HAL-Sequenz aus "2001: Odyssee im Weltraum" angeschaut. Eine Handlung von 60 Minuten, für die sich kein Film heute mehr Zeit ließe als 10 Minuten. Für die Schüler war der Film in einer kaum mehr erträglichen Weise langsam.
Hinterher habe ich mir gedacht (in der Muße während der S-Bahn-Fahrt), daß die Werbespots, die alle Informationen in 20 oder 40 Sekunden vermitteln und zudem das Nachdenken verhindern müssen, die Filmästhetik versaut haben.

Ist die Anfangssequenz von "Spiel mir das Lied vom Tod" heute überhaupt noch möglich?
Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
filix schrieb am 27.05.2012 um 12:53 Uhr (Zitieren)
Keineswegs wollte ich dir Unrecht tun - es war nur eine beiläufige Frage, um die den Privatkonsum steuernde Beschleunigung anzusprechen. Wenn mich an dir, du gestattest diese persönliche Beobachtung, etwas im Zusammenhang mit dem aufgebrachten Thema der Geschwindigkeit frappiert, dann dieses Rastlose, mit der du einen Thread nach dem anderen erstellst...

Was den Flaneur angeht, der keine Katze an der Sonne und auch kein Wanderer mehr ist, denke ich allerdings, dass er nur aus einer industrialisierten, d.h. einer urbanen Produktions- und vor allem Konsumptionssphäre, die eben im 19.Jahrhundert in die Geschichte tritt,
hervorgehen, oder besser: nur durch diese in einem anderen Tempo hindurchgehen kann. Der Flaneur huldigt nicht der zyklischen Langmut des Gestirns, sein Blick gilt nicht stehenden Gewässer, seine Meditation nicht dem sanft schwankenden Schilf, auch spricht er nicht von antikem otium als Gegenwelt - seine Empfindungswelt speist sich ja vollends aus dem in der Betrachtung und der verlangsamten Bewegung distanzierten Furor dieser neuen Welt.

Re: Eine Comic-Metapher bei Aischylos?
filix schrieb am 27.05.2012 um 12:55 Uhr (Zitieren)
mit dem....
 
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