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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ein Identifizierungsproblem (561 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 05.06.2012 um 17:24 Uhr (Zitieren)
Gehen wir davon aus, daß eine Schlacht im antiken Griechenland - sagen wir: zwischen Athen und Sparta oder Theben und Sparta oder Theben und Athen - mit einem formierten Aufmarsch begann. Dann aber wird es irgendwann zum Nahkampf gekommen sein ... und ab dann müßte man doch das Problem gehabt haben, Freund von Feind zu unterscheiden. Farbige Uniformen, Fahnen usw. kannte man in Griechenland nicht. Auch an Aussehen und Sprache konnte man innergriechische Gegner kaum unterscheiden.
Wie hat man diese Schwierigkeit gelöst und verhindert, daß manche ihre eigenen Leute getötet haben?
Re: Ein Identifizierungsproblem
ανδρέας schrieb am 05.06.2012 um 17:52 Uhr (Zitieren)

Garnicht! Es wird immer einige Mißverständnisse gegeben haben ("friendly fire" heißt das heute) . Allerdings wandten sich nach Durchbruch der Linie (oder der Phalanx) die Unterlegeneren i.d.R. zur Flucht. Da konnte man schon an der Bewegungsrichtung erkennen, wer Freund und Feind war. Die Soldaten der eigenen Reihen dürften sich auch gekannt haben, so dass meist schnell klar war, wer zu wem gehört. Allerdings klappte das sicher nicht immer, wie gesagt.

In der Schlacht von Waterloo kämpften auf britischer Seite unter Wellington 50 % Deutsche (Personalunion mit Hannover, Braunschweiger, Nassauer). Als die ersten Truppen Blüchers aus der Flanke in die Schlacht eingriffen wurden sie kurzfristig von Wellingtons Soldaten beschossen, weil man nicht wusste, dass es nicht die Franzosen waren ( Napoleon hatte fataler Weise 1/3 seiner Truppen zur Verfolgung Blüchers, der sich am Vortage aus einem verlorenen Scharmützel mit den Franzosen hatte lösen können, fortgeschickt; Marschall Grouchy konnte den Beginn der Schlacht zwar hören, blieb aber beharrlich bei seiner Order, Blücher zu finden, was ihm aber nicht gelang. So fehlten N. im entscheidenden Augenblick wichtige Teile seiner Streitmacht und Blücher löste unter der Hauptmacht eine Panik aus. Sogar die Garde floh.)

Auch farbenfrohe Truppen sind in Qualm, Rauch und Gefechtseifer nicht immer zu unterscheiden.
Re: Ein Identifizierungsproblem
Γραικίσκος schrieb am 05.06.2012 um 18:07 Uhr (Zitieren)
Das habe ich mir noch nicht bewußt gemacht, daß so mancher Athener versehentlich von einem Athener getötet worden sein muß.

Wenn das Problem so häufig auftrat, warum hat man sich dann nicht frühzeitiger mit einer Lösung beschäftigt? Farbige Uniformen sind ja doch ein recht guter Weg, jedenfalls vor der Erfindung von rauchblasender Artillerie. Freilich setzt man sich damit auch wieder der Möglichkeit einer diabolisch-hannibalischen List aus.
Re: Ein Identifizierungsproblem
Φιλομαθής schrieb am 06.06.2012 um 14:47 Uhr (Zitieren)
Thukydides berichtet (VII 44) von einem solchen Fall: Beim nächtlichen Angriff auf den syrakusischen Stadtteil Epipolai werden die athenischen Truppen geschlagen und erleiden auf dem ungeordneten Rückzug schwere Verluste, da man eigene und feindliche Kämpfer nicht mehr auseinanderhalten konnte.

Wir sehen hier, woran man die eigenen Leute normalerweise von den fremden unterschied: Solange man im Verband kämpfte, kannte man aufgrund der Organisation des Heers nach Phylen seine Mitkämpfer persönlich: es waren Verwandte und Nachbarn. Ansonsten dienten Parolen und Schlachtgesänge der Identifizierung.

Da nun geriethen die Athener in große Verwirrung und Noth, und wie hiebei sich das Einzelne zugetragen, war selbst von beiden Theilen nicht leicht zu erfahren. Denn wenn schon das was am Tage geschieht die dabei Gewesenen zwar genauer, aber doch selbst dies nicht vollständig wissen, sondern nur Jeder das bei ihm Vorgefallene nothdürftig kennt: wie sollte da Jemand bei einem Nachtkampfe, welcher übrigens in diesem Kriege der einzige war zwischen großen Heeren, etwas genau wissen? Es war nämlich zwar heller Mondschein, aber man sah einander so, wie es bei Mondschein naturgemäß ist, daß man zwar den Umriß des Körpers in der Ferne sah, die Erkennung des Befreundeten aber ungewiß blieb. Nun aber tummelten sich nicht wenige Hopliten beider Theile auf dem engen Raume herum. Und von den Athenern waren die Einen schon am Unterliegen, die Andern rückten noch im ersten Angriff unbesiegt vor. Auch viele von den übrigen Truppen waren ihnen theils so eben heraufgezogen, theils zogen sie noch herauf, sodaß sie nicht wußten welcher Abtheilung sie sich anschließen sollten. Denn schon waren die vorderen Heerestheile nach begonnener Flucht sämmtlich in Verwirrung gerathen und vor dem Geschrei war es schwer etwas zu unterscheiden. Denn einerseits riefen die Syrakosier und ihre Verbündeten sich Ermutigungen zu, wobei sie ein nicht kleines Geschrei machten, da es in der Nacht unmöglich war durch etwas Anderes sich zu verständigen, und empfiengen zugleich die Angreifenden; die Athener andrerseits suchten sich selbst und hielten alles ihnen Entgegenkommende, auch wenn es zu den Ihrigen gehörte, nämlich zu den schon rückwärts Fliehenden, für feindlich, und indem sie häufig nach der Parole fragten, weil sie sich durch nichts Anderes erkennen konnten, verursachten sie theils sich selbst viel Verwirrung indem Alle zugleich fragten, theils verriethen sie so den Feinden die Parole; die der Feinde aber erfuhren sie nicht auf gleiche Weise, weil dieselben, obsiegend und nicht zersprengt, weniger verkannt wurden. So kam es daß, wenn sie mit überlegenen Kräften auf eine Abtheilung des Feindes trafen, diese ihnen entkamen, weil sie ihre Parole wußten, wogegen sie, wenn sie nicht antworteten, niedergehauen wurden. Am meisten aber und ganz besonders schadete der Schlachtgesang; denn da er von beiden Seiten sich sehr ähnlich war, verursachte er peinliche Verlegenheit. Denn die Argeier, Kerkyräer und was von Dorischem Stamme mit den Athenern gieng, erregten, wenn sie den Schlachtgescmg anstimmten, den Athenern Furcht, und die Feinde eben so. Sodaß sie zuletzt an vielen Punkten des Lagers, nachdem sie einmal verwirrt waren, unter sich selbst, Freunde mit Freunden, und Bürger mit Bürgern, zusammengeriethen und nicht bloß von Schrecken ergriffen wurden, sondern auch, miteinander handgemein geworden, mit Mühe auseinander kamen. Und Viele stürzten sich verfolgt von den Abhängen herab und kamen um, da der Weg von Epipolä herab eng war, und von denen welche glücklich von oben in die Ebene hinabgelangten, entkamen zwar die meisten und die welche zu den alten Truppen gehörten durch ihre bessere Kenntniß des Landes ins Lager, die später Angekommenen aber verfehlten zum Theil die Wege und irrten im Lande umher; diese wurden dann, als der Tag anbrach von den Syrakusischen Reitern umringt und niedergehauen.

Thukydides. Geschichte des peloponnesischen Krieges. Griechisch und deutsch. Bd. 7. Lpz. 1853. Übersetzer nicht genannt.

Weiterhin dienten einheitliche Abzeichen auf den Schilden dem Erkennen der Mitkämpfer. Bekanntlich hatten die Spartaner ein Λ (= Λακεδαιμόνιοι) auf dem Schild, die Messenier entsprechend ein Μ, die Thebaner ein Θ, die Sykonier ein Σ. Ein nicht immer untrügliches Kennzeichen, wie Xenophon (Hellenika IV, 4, 8) berichtet.
Re: Ein Identifizierungsproblem
Γραικίσκος schrieb am 06.06.2012 um 14:50 Uhr (Zitieren)
Das habe ich gesucht: antike Quellen dazu!
Re: Ein Identifizierungsproblem
διψαλέος schrieb am 06.06.2012 um 16:18 Uhr (Zitieren)
kannte man aufgrund der Organisation des Heers nach Phylen seine Mitkämpfer persönlich: es waren Verwandte und Nachbarn. Ansonsten dienten Parolen und Schlachtgesänge der Identifizierung.


genau so!

Man kannte seine Nebenmänner in der Phalanx.
Daher war ein Durchbruch der Phalanx verhängnisvoll,
dieser bedeutete in der Regel immer die Niederlage.
Daher auch das ausgiebige Manöver und Üben der Phalanx.
Sie musste unter allen Umständen standhalten.
Die Spartaner haben das bis zur Perfektion entwickelt,
bis, ja bis ein thebanischer General auf eine geniale Taktik kam:
der "schiefen" Schlachtreihe...
(Friedrich II. von Preussen hat sie sogar noch erfolgreich
im Siebenjährigen Krieg angewendet.)
 
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