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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der Schleier des Nichtwissens (525 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 05.06.2012 um 18:01 Uhr (Zitieren)
Der Philosoph John Rawls hat (bekanntlich?) geglaubt, einen Weg zur Gestaltung einer gerechten Gesellschaft gefunden zu haben, indem die Kandidaten für diese Gesellschaft deren Regeln frei festlegen dürfen, allerdings ohne zu wissen, welche Stellung sie selbst in dieser Gesellschaft einnehmen werden.
Rawls vertraut darauf, daß niemand eine Unterdrückung von Frauen etablieren wird, wenn er nicht weiß, ob er in dieser Gesellschaft eine Frau sein wird. Ähnlich für den Fall der Sklaverei usw.

Ich habe mich schon oft gefragt, ob Rawls mit dieser Annahme nicht eine schlechte Menschenkenntnis offenbart. Ich könnte mir durchaus vorstellen, für eine milde/gemäßigte Form von Sklaverei zu optieren ... und dann auf mein Glück zu hoffen.
Viele Menschen zocken.
Re: Der Schleier des Nichtwissens
ανδρέας schrieb am 05.06.2012 um 18:27 Uhr (Zitieren)
Weg zur Gestaltung einer gerechten Gesellschaft


Gelegenheit macht Diebe und die Chance, sich einen Vorteil zu verschaffen, bringt ungerechte Handlungen erst hervor. Je anonymer und größer die Gesellschaft, dest stärker diese Tendenz. In kleinen Gruppen mit starker sozialer Kontrolle, wird ein Angehöriger der Gesellschaft deutlich uneigennütziger handeln, da er stärker auf das Wohlwollen der anderen angewiesen ist. Die Menschen auf einer Hallig in der Nordsee verhalten sich anderes als Großstadtmenschen.
Re: Der Schleier des Nichtwissens
Γραικίσκος schrieb am 05.06.2012 um 18:32 Uhr (Zitieren)
Das wird so sein. Aber was bewirkt in diesem Gedankenexperiment der 'Schleier des Nichtwissens'? Entscheiden wir unter dieser Bedingung anders hinsichtlich der Grunsätze einer Gesellschaft?
Natürlich wird niemand - vielleicht Masochisten ausgeschlossen - für die Etablierung von Sklaverei sein, wenn man weiß, daß man in dieser Gesellschaft ein Sklave sein würde.
Re: Der Schleier des Nichtwissens
ανδρέας schrieb am 05.06.2012 um 18:47 Uhr (Zitieren)

Man lebt und handelt in der Gesellschaft, in die man hineingeboren wird. Erst dann kann man entscheiden. Rawls Gedanken finde ich daher dürftig. Er ist rein theoretisch und undurchführbar, da man nicht die Reset-taste drücken kann. Alles auf Anfang. Wer im Vorteil ist, wird sich nicht darauf einlassen. Daher gibt es auch so viele Revolutionen in der Geschichte. Die Ungerechtigkeit pendelt sich nach einem solchen "Innehalten" in irgendeiner Form immer wieder ein. Bis der Zustand so unhaltbar geworden ist, das man es in der Gesellschaft nicht mehr ausbalancieren kann. In einer Welt mit 7 Mrd. Menschen wird es Rawls Experiment nicht geben. Zu viele Akteure mit unterschiedlichen Ansichten und Interessen. Man sollte auch lieber keinen "Idealzustand" erzwingen wollen. Jede Revolution schaffte zunächst schlimmste Ungerechtigkeit. Der Prozess wird noch lange andauern und man muss wissen, das Ideale eben nur Theorien sind. Die "Gerechtigkeit" kann man leicht finden. Man muss sie nur bei den Gräbern derjenigen suchen, die wegen oder für die Gerechtigkeit gestorben ("worden") sind - irgendwo da muss sie ja sein.
Re: Der Schleier des Nichtwissens
ανδρέας schrieb am 05.06.2012 um 18:49 Uhr (Zitieren)

... dasS ... an einigen Stellen bitte ergänzen.
Re: Der Schleier des Nichtwissens
Γραικίσκος schrieb am 05.06.2012 um 19:57 Uhr (Zitieren)
Du meinst, daß die Wahlsituation von Rawls zu realitätsfern konstruiert worden ist. Je nun ... wie sollen sonst Verfassungen entworfen werden? Durch Machtbalance der beteiligten Kräfte und Menschen?

Die Überlegung ist ja sehr aktuell, wenn man an Ägypten, Tunesien, Libyen und vielleicht auch bald Syrien denkt. Statt eines Ideals von Gerechtigkeit und Vernunft bestimmen Machtverhältnisse das neue System.
Re: Der Schleier des Nichtwissens
Γραικίσκος schrieb am 05.06.2012 um 19:59 Uhr (Zitieren)
Die Hoffnung der Vernunft besteht wohl darin, daß in solchen Entscheidungsprozessen auch Argumente eine Rolle spielen.
Das ist möglicherweise unrealistisch bzw. idealistisch.
Die Philosophie, da sie nicht anders kann, als auf die Karte der Vernunft zu setzen, sollte vielleicht abdanken. Doch was bewahrt mich dann vor dem Pessimismus?
Re: Der Schleier des Nichtwissens
ανδρέας schrieb am 05.06.2012 um 20:32 Uhr (Zitieren)

Rawls Versuchsanordnung ist m.E. realitätsfern, weil er einen neutralen Zustand voraussetzt, wo sich die Beteiligten vorher alles überlegen können. Das ist aber unrealistisch. Auch Revolutionen verlaufen nicht so. Man handelt aus den Gegebenheiten und denkt sich etwas aus. Aber steuerbar bleibt es nicht. Zwar versucht man es, aber dazu benötigt man immer eine gehörige Portion Gewalt. (Frankreich, Rußland). Der Prozess der Verbesserung endet nie und entwickelt sich aus den Gegebneheiten. So funktioniert Demokratie ja auch. Einen Idealzustand wird man dabei nicht erreichen. Man kann ihn nur anstreben. Das meinte ich.
 
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