Γραικίσκος schrieb am 07.06.2012 um 15:21 Uhr (Zitieren)
Ein jüdischer Chronist des 12. Jhdts. schildert die Pogrome während des 1. Kreuzzuges:
(zitiert nach: Haim Hillel Ben-Sasson, Das Martyrium der rheinländischen Juden; in: Rainer Beck (Hrsg.), Das Mittelalter. Ein Lesebuch zur deutschen Geschichte 800- 1500. München ²1997, S. 123)
Den "Sohn der Unzucht", das mußte ich im Unterricht erklären!
Dieser Aufruf, die Juden "auszurotten unter den Völkern" ... im Jahre 1096!
Re: Der Sohn der Unzucht
ανδρέας schrieb am 07.06.2012 um 16:51 Uhr (Zitieren)
Als erstes Pogrom auf europäischem Boden gilt das Massaker von Granada im Jahre 1066 durch die muslimische Bevölkerung. 1096 begann der erste Kreuzzug, der 1099 mit der Eroberung Jerusalems endete. Dabei wurden durch die Kreuzritter unterschiedslos alle umgebracht, die sich nicht schnell genug retten konnten, auch Christen. Beute und Blutrausch überlagerten alle hehren Ziele dieser Eroberung. Besonders während der Pest im 14. Jhdt. wurden dann die Juden beschuldigt, Verursacher der Katastrophe zu sein. Ein Grund findet sich immer, wenn man einen braucht.
Re: Der Sohn der Unzucht
Γραικίσκος schrieb am 07.06.2012 um 17:03 Uhr (Zitieren)
Das ist interessant, weil die Moslems unter meinen Schülern nämlich bei diesem Thema gerne die Haltung einnehmen: ts, ts ... diese Christen!
Re: Der Sohn der Unzucht
ανδρέας schrieb am 07.06.2012 um 18:10 Uhr (Zitieren)
Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein ...
Ich erinnere mal an Luthers Schriften gegen die Juden. Sein 7- Punkte -Plan zum Umgang mit den Juden liest sich wie eine Anleitung aus dem Dritten Reich:
Martin Luther: Von den Juden und ihren Lügen (1543); in Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe, Band 53; Verlag H. Böhlau, 1920; S. 522–523
Re: Der Sohn der Unzucht
Γραικίσκος schrieb am 07.06.2012 um 18:30 Uhr (Zitieren)
Luther scheut in diesem Text vor nichts zurück:
Re: Der Sohn der Unzucht
Γραικίσκος schrieb am 07.06.2012 um 18:31 Uhr (Zitieren)
Wenn ein jüdischer Chronist Jesus den "Sohn der Unzucht" nennt, ist das natürlich ebenfalls nicht frei von Polemik.
Re: Der Sohn der Unzucht
ανδρέας schrieb am 07.06.2012 um 19:08 Uhr (Zitieren)
Wenn man alle unterdrückten Minderheiten, ob Indianer, Juden oder Afrikaner usw. aus der Geschichte hervorkramt und untersucht, wer, wann, wem mal etwas angetan hat, und dann nach der Maxime "Auge um Auge" verfährt, wird man nicht übersehen, dass nicht Argumente, sondern Interessen die Menschheit leiten. Generationsübergreifende Hassparolen werden so nie enden. Das gilt für die Bezeichnung "Kreuzritter" (die bösen Christen) ebenso, wie für die pauschale Zuordnung als Terroristen (die bösen Muslime).
Man müsste just zur Fussballeuropameisterschaft mal 5 Tage den Strom ausschalten. Es wäre interessant, welche Volksgruppen dann dem Verdacht der Sabotage ausgesetzt wären. Dann bricht vielleicht unter der dünnen Firnis der Zivilisation das hervor, das man nur in Notzeiten bei Menschen erleben wird. Not macht erfinderisch. Und wer frustriert nichts erfindet reagiert brutal.
Aber vielleicht ist die Menschheit ja weiter und die unterschiedlichsten Leute versammeln sich friedlich vereint vor den Fernsehern derjenigen, die ein Notstromaggregat haben ...
Re: Der Sohn der Unzucht
Γραικίσκος schrieb am 07.06.2012 um 19:14 Uhr (Zitieren)
Dazu habe ich kürzlich eine interessante Diskussion im Unterricht geführt:
S: Menschen brauchen immer Sündenböcke.
L: Welche Sündenböcke haben wir denn heute?
S: Ausländer.
L: Das sind die Sündenböcke für Rechtsradikale. Seid ihr etwa rechstradikal?
S: Wir? Nein!
L: Und welche Sündenböcke habt ihr denn?
(langes Zögern)
S: Lehrer ... Eltern?
L: Das paßt! Bei Lehrern sind es die Schüler.
Re: Der Sohn der Unzucht
ανδρέας schrieb am 07.06.2012 um 20:22 Uhr (Zitieren)
Die Christen waren auch mal Sündenbock:
Tertullian, Apologie, XL,2
Vielleicht wäre eine Sündenbock-Agentur ja eine gute Geschäftsidee. Früher gab es für Fürstenkinder sogar Prügelknaben.
Re: Der Sohn der Unzucht
filix schrieb am 07.06.2012 um 21:41 Uhr (Zitieren)
Ist der jüdische Chronist bzw. sein "Sohn der Unzucht" (Mamser; ממזר) nicht ein spätes Echo auf die Panthera-Legenden?