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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Drachmen und Phönixe (729 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 16.06.2012 um 10:20 Uhr (Zitieren)
In der Zeitung lese ich eine amüsante Geschichte der griechischen Währung mit folgenden Details:
- δραχμή bedeutet ursprünglich: so viel man mit der Hand (den Fingern) fassen kann, nämlich sechs Obolen; die Deutung "mit voller Hand ausgeben" ist eine böswillige Unterstellung.
- Aufgekommen ist die Drachme zuerst im siebten Jahrhundert auf der Insel Ägina; die bekannteste Drachme ist die attische mit der Darstellung von Eule und Athene.
- Der Dollar der Antike war aber nicht die Drachme, sondern die persische Dareike.
- Nach der Befreiung von der Osmanischen Herrschaft 1821 wurde natürlich wiederum eine griechische Währung eingeführt, die aber nicht die Drachme, sondern der Phönix war.
- Der erste Ministerpräsident der provisorischen griechischen Regierung, Ioannis Kapodistrias, ließ die Münze in seinem eigenen Haus prägen. Mit seiner Ermordung endete die Währung des Phönix.
- Mit der Krönung Ottos von Wittelsbach wurde die Drachme wieder eingeführt, nun auch in Form von Geldscheinen.
- Einen Staatsbankrott gab es in Griechenland schon 1893 (Schuldenstand: 850 Millionen Drachmen). Der Ministerpräsident Charilaos Trikoupis erklärte vor dem Parlament lapidar: "Leider sind wir pleite!"
- Nach der Niederlage Griechenlands im Krieg gegen die neuentstandene Türkei 1922 wurden wegen finanzieller Schwierigkeiten des Staates alle Noten halbiert: nur noch die linke Seite wurde in Höhe des halben Nennwertes als Zahlungsmittel anerkannt, die rechte Hälfte wurde zu einer Zwangsanleihe an den griechischen Staat deklariert.
- Die PASOK hat ihre Parteizentrale in der Charilaos-Trikoupis-Straße.
Re: Drachmen und Phönixe
Φιλομαθής schrieb am 16.06.2012 um 12:01 Uhr (Zitieren)
Nicht immer auf die Griechen!

Auf lange Sicht ist es für die politische Kultur wohl erstrebenswert, dass Gemeinwesen als vollkommen unzuverlässige Kreditnehmer eingestuft werden. Nur so werden Parteien gehindert, ihren Wählern Versprechungen zu machen, die die Möglichkeiten des Haushaltsbudgets übersteigen.

Kann man den Griechen vorwerfen, dass sie die Parteien gewählt haben, die ihnen mehr Wohlstand versprochen haben und dieses Versprechen (zumindest zeitweilig) einlösten?

Kann man den Parteien vorwerfen, dass sie den Kauf der Wählergunst mit derselben unsoliden Haushaltsführung finanziert haben, von der sie wussten, dass die Gegenseite sie nicht anders praktizieren würde?

Kann man den Banken vorwerfen, griechische Staatsanleihen erworben zu haben, da sie damit rechnen konnten, die Euro-Gruppe würde für deren Sicherheit bürgen?

Sie alle haben sich völlig natürlich und vorhersehbar verhalten. Nicht natürlich verhalten haben sich jene EU-Kommissare, die die von den Griechen gemeldeten Daten vor ihrem Beitritt ungenügend geprüft haben.
Re: Drachmen und Phönixe
Γραικίσκος schrieb am 16.06.2012 um 12:07 Uhr (Zitieren)
Ich stimme Dir zu.
Es ist sogar ein grundsätzliches Problem der Demokratie, daß ganz natürliches Wähler- und ebenso natürliches Kandidatenverhalten dazu führen, übertriebene Versprechungen zu machen und diejenigen zu wählen, die solche Versprechungen machen. (Mit Blut, Schweiß & Tränen rückt man allenfalls nach der Wahl heraus.)
Ein aufrichtiger Kandidat wird - ganz natürlicherweise - nicht gewählt.
Eine strukturelle Schwäche der Demokratie, wie gesagt.
Daß sie in diesem Falle von aufmerksameren EU-Kommissaren hätte neutralisiert werden können, ändert ja an dem grundlegenden Problem nichts.
Gibt es dafür eine Lösung?
Re: Drachmen und Phönixe
ανδρέας schrieb am 16.06.2012 um 13:17 Uhr (Zitieren)
Gibt es dafür eine Lösung?


Ja.
1. Gebildete und informierte Wähler, die nicht jeden Quatsch glauben.
2. Wähler, die ihre Steuern (zumindest überwiegend) zahlen
3. Eine Verwaltung, die nicht nur um der eigenen Versorgung willen arbeitet
4. Kontrolle und Transparenz (Haushaltskontrollausschuss, Bund der Steuerzahler,
Herstellung der Öffentlichkeit durch die Presse etc.)
5. Verantwortlichkeit der Regierung

Kurzum: Institutionen, die ihre Arbeit machen. Und dies nicht auf andere - die EU - abwälzen. Die EU mag leichtgläubig gewesen sein (oder es geahnt haben), aber so viel Unverstand muss man auch nicht unbedingt erwarten.

Die Griechen sind von Anfang n in Opposition gegangen und haben - anders als z.B. die Iren - keinerlei wirksame Anstrengungen unternommen. Schuld waren nur andere. Allein das zeigt, dass kein Wille zur Änderung besteht. Da gibt es nichts zu beschönigen. Ein Wiederholungstäter muss irgendwann die Folgen spüren, also die Ursache angehen. nur dann kann man auch bei der Lösung des Problems helfen.
Re: Drachmen und Phönixe
Γραικίσκος schrieb am 16.06.2012 um 13:34 Uhr (Zitieren)
1. Gebildete und informierte Wähler, die nicht jeden Quatsch glauben.

Eine Aufgabe für die Lehrer also. Die/wir haben große Mühe, auch nur Interesse für Politik zu wecken. "Die machen ja doch, was sie wollen - da wird man ja doch nur belogen" usw. An welcher Stelle dieses Die-Katze-beißt-sich-in-den-Schwanz man den Kreislauf der Unmündigkeit aufbrechen und das Projekt der Aufklärung in die Wege leiten kann, das verrät uns auch Kant nicht - da bleibt ihm nur der Appell: Sapere aude.
Re: Drachmen und Phönixe
Γραικίσκος schrieb am 16.06.2012 um 13:36 Uhr (Zitieren)
Es hat etwas mit Bildung zu tun, natürlich - doch die Bildung muß gegen zwei natürliche Neigungen ankämpfen: die Trägheit und die Feigheit. Das immerhin war Kant klar.
Re: Drachmen und Phönixe
ανδρέας schrieb am 16.06.2012 um 13:48 Uhr (Zitieren)

Mir tun die Griechen (zumindest das einfache Volk) ja wirklich leid. Aber braucht man wirklich viel Bildung, um zu begreifen, dass nicht jedermann einfach ins Krankenhaus gehen sollte, um sich dort gegen Rechnung behandeln zu lassen, die dann keiner bezahlt? Welch Wunder, wenn nun die Krankenkasse illiquide ist. Das weiß auch die schwäbische Hausfrau ohne Doktortitel.

Gibt es eigentlich eine passende Stelle in der Literatur der Antike, die so etwas beschreibt?
Re: Drachmen und Phönixe
Γραικίσκος schrieb am 16.06.2012 um 14:14 Uhr (Zitieren)
Der Intellekt, die potentielle Einsicht ist schon da. Aber ist Dir nicht schonmal aufgefallen, wie weit die reicht, wenn a) Trägheit und b) Feigheit - kurz: der Eigennutz - entgegenstehen?
Ich glaube, davon kann man kein Volk der Welt und kaum einen Menschen ausnehmen.

Mir fällt bei uns auf, welche anscheinend unwiderstehliche Wirkung das Etikett "billig" (vornehmer: preiswert) hat. Wenn bei H&M ein Bikini 5,00 Euro, im Supermarkt 1 kg Trauben aus Chile (!) 2,00 Euro kosten, wieviele fragen dann, unter welchen Umständen und auf wessen Rücken dies erwirtschaftet wird?

Hier werden bedingungsloses Grundeinkommen, kostenloser Nahverkehr usw. gefordert; ich lese kaum etwas darüber, wer das bezahlen soll.

***

In der Antike fällt mir der erste Attische Seebund ein, in dem die Athener (!) ihre Demokratie mit dem Geld der Bundesgenossen finanziert haben.

Aber nein, das ist nicht nur ein Problem der Athener, der Griechen. Es ist unser aller Problem.
Geiz ist geil. Und der Mensch "ist aus krummem Holz geschnitzt" (Kant).
Re: Drachmen und Phönixe
Γραικίσκος schrieb am 16.06.2012 um 14:16 Uhr (Zitieren)
Pointiert formuliert: Zur Demokratie braucht man Menschen, die es nicht gibt.
Re: Drachmen und Phönixe
ανδρέας schrieb am 16.06.2012 um 15:22 Uhr (Zitieren)

Platon hat doch gesagt, dass Philosophen die Welt führen sollen. Also denn ...
Re: Drachmen und Phönixe
Γραικίσκος schrieb am 16.06.2012 um 15:32 Uhr (Zitieren)
Platon war politisch ein Illusionist Idealist.
Re: Drachmen und Phönixe
ανδρέας schrieb am 16.06.2012 um 15:51 Uhr (Zitieren)

Churchill war Realist und sagte: Demokratie ist von allen schlechten Regierungsformen die beste ...
Re: Drachmen und Phönixe
Γραικίσκος schrieb am 16.06.2012 um 15:59 Uhr (Zitieren)
So ähnlich.
"Democracy is the worst form of government except for all those others that have been tried."
 
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