Γραικίσκος schrieb am 18.06.2012 um 18:37 Uhr (Zitieren)
[Quelle: Ludwig Wittgenstein, Über Gewißheit. Frankfurt/Main 1.-12. Tausend 1977]
Re: Fälschung #2
ανδρέας schrieb am 18.06.2012 um 19:36 Uhr (Zitieren)
"Ich bin nicht Stiller." ... wirklich!
Re: Fälschung #2
Γραικίσκος schrieb am 18.06.2012 um 19:44 Uhr (Zitieren)
Ich schätze, daß "Ich bin L.W." (oder wer auch immer) eine empirische Aussage ist, keine logisch (analytisch) wahre; das aber heißt: sie kann im Prinzip falsch sein. Eine noch unentdeckte Kindsvertauschung o.ä.
Re: Fälschung #2
ανδρέας schrieb am 18.06.2012 um 19:55 Uhr (Zitieren)
Landet man da nicht irgendwann beim Solipsismus?
Jedenfalls scheint mir Wittgenstein Sprache hier als "persönliche" Angelegenheit zu behandeln, die nur dann aussagefähig ist, wenn sie ein anderer identisch auffassen muss. Ansonsten wäre die Aussage sprachlich falsch, oder? Für den Solipsisten ist natürlich alles möglich und hängt vom eigenen Willen ab.
Re: Fälschung #2
Γραικίσκος schrieb am 18.06.2012 um 20:08 Uhr (Zitieren)
In "Über Gewißheit" zeigt Wittgenstein m.E., daß es zwei Arten von Gewißheit gibt:
1. die Gewißheit als Resultat akzeptierter Prüfungsverfahren in konkreten Fragen (natürlich auf der Grundlage dieser Verfahren, d.h. eine relative Gewißheit),
2. die Gewißheit als Voraussetzung allen Prüfens, z.B. die Sprache (ohne eine solche Voraussetzung kämen wir nichteinmal zum Zweifeln, weil Zweifeln Sprache voraussetzt).
Fazit: Man kann nicht an allem zweifeln. Der Zweifel funktioniert nur im Rahmen von (1) bestimmten Prüfverfahren und (2) zugrundegelegten Annahmen.
Will man also an etwas zweifeln - und sei es, daß man L.W. ist -, dann müssen dafür (1) und (2) angegeben werden.
Die Möglichkeit einer Kindsvertauschung erfordert dann ein Krankenhausarchiv, Zeugenaussagen usw. ... und natürlich ein Verständnis der Sprache, d.h. der Bedeutung von "Kind", "Vertauschung" usw.
Re: Fälschung #2
Γραικίσκος schrieb am 18.06.2012 um 20:15 Uhr (Zitieren)
Zweifel --> Gewißheit ist also ein Spiel nach bestimmten Regeln - andernfalls ist es, wie wenn man einer Schachfigur ein Hütchen aufsetzt und sagt: "Für mich hat das eine Bedeutung." Der andere zuckt die Achseln und erwidert: "Das ist nicht das, was ich 'Bedeutung' nenne."
Re: Fälschung #2
Γραικίσκος schrieb am 18.06.2012 um 20:16 Uhr (Zitieren)
'Richtiges Latein' (oder Griechisch) ist auch solch ein Spiel. Was setzt man dabei über Sprache voraus? Welches sind die Regeln, um 'richtiges Latein' zu identifizieren?
Re: Fälschung #2
ανδρέας schrieb am 18.06.2012 um 20:18 Uhr (Zitieren)
Man braucht also einen gesicherten Referenzwert. Das ist ja nicht neu.
Re: Fälschung #2
Γραικίσκος schrieb am 18.06.2012 um 20:42 Uhr (Zitieren)
(Das Buch stammt ja auch aus dem Jahre 1952. Es waren Wittgensteins letzte Aufzeichnungen. Außerdem habe ich das sicher etwas vereinfacht.)
(P.S.: Was mich immer erstaunt: Er hatte Prostatakrebs ... und widmet seinem Sterben während des Schreibens kein einziges Wort.)