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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung (732 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 25.06.2012 um 14:16 Uhr (Zitieren)
Mein früherer Griechischlehrer
http://www.bilder-hochladen.net/files/big/id56-3d-5ef0.jpg
(Gott sei seiner Seele gnädig!)
hat immer wieder behauptet, Friedrich Hölderlin hätte im Ernstfall in jeder Griechischarbeit ein 'mangelhaft' geschrieben; dies habe ihn jedoch nicht daran gehindert, exzellente Nachdichtungen griechischer Literatur zu schreiben.

Was haltet Ihr von dieser These? Kann man ein schlechter Philologe und dennoch - in einem höheren? Sinne - ein sehr guter Nachdichter sein?

Das Umgekehrte erscheint mir unbedingt richtig: Man kann ein hervorragender Philologe und ein miserabler Nachdichter sein.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Γραικίσκος schrieb am 25.06.2012 um 14:45 Uhr (Zitieren)
... wie es nach meinem Eindruck auch bei Deutschlehrern der Fall ist: sie schreiben richtig, doch in aller Regel nicht gut - was einen großen Unterschied ausmacht.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
arbiter schrieb am 25.06.2012 um 17:08 Uhr (Zitieren)
allerdings ist wohl jedem gestandenen Deutschlehrer zuzutrauen, die Mängel eines Übersetzungsversuchs zu erkennen und zu benennen (ich beziehe mich auf den Deinen im anderen Forum)
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Γραικίσκος schrieb am 25.06.2012 um 17:20 Uhr (Zitieren)
Das ist natürlich das Spezialgebiet von Philologen und Lehrern: Fehler finden!
Aber es selber besser, gar gut machen - das meine ich hier & jetzt.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
ανδρέας schrieb am 25.06.2012 um 18:34 Uhr (Zitieren)
Das Umgekehrte erscheint mir unbedingt richtig: Man kann ein hervorragender Philologe und ein miserabler Nachdichter sein.


Ist das Gegenteil der obigen Aussage nicht " man kann ein schlechter Philologe und ein miserabler Nachdichter sein"? Wenn man beide Werte verändert, wird die Aussage doch ganz unbestimmt.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Γραικίσκος schrieb am 25.06.2012 um 18:38 Uhr (Zitieren)
Hm.
- schlechter Philologe - guter Nachdichter (Hölderlin)
- guter Philologe - schlechter Nachdichter (Lehrer)
Ist das nicht die exakte Umkehrung?
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
ανδρέας schrieb am 25.06.2012 um 18:51 Uhr (Zitieren)
hm, müsste da nicht ein Fixpunkt gleich bleiben, wenn man das Gegenteil aussagen will.

- guter Philologe - guter Nachdichter
- guter Philologe - schlechter Nachdichter

- schlechter Philologe - guter Nachdichter
- schlechter Philologe - schlechter Nachdichter

Kehrt man beides um, wechselt man doch logisch die Kategorie, denke ich. ?
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Γραικίσκος schrieb am 25.06.2012 um 18:57 Uhr (Zitieren)
Sagen wir: es gibt vier Möglichkeiten bzw. Kategorien, 1 bis 4 in Deiner Liste.
2, 3 und 4 kennt man. 1 ist gesucht.

Unscharf habe ich in Erinnerung, daß Wolfgang Schadewaldt einmal einen antiken Text nachgedichtet hat; weil unscharf, weiß ich allerdings nicht, wie gut das war.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
ανδρέας schrieb am 25.06.2012 um 19:24 Uhr (Zitieren)

Wenn man 2 Kategorien unterscheidet (gute/schlechte Philologen) muss man sich aber für eine entscheiden, wenn man die gegenteilige Aussage treffen will. Andernfalls bleiben bei Wechsel der Kategorie wieder 2 Möglichkeiten und die Aussage ist nicht eindeutig. Damit könnte man m.E. nicht logisch argumentieren, oder?
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Γραικίσκος schrieb am 25.06.2012 um 19:41 Uhr (Zitieren)
Was meinst Du mit 'logisch argumentieren' in diesem Falle? Ich habe doch nur gefragt, ob es die Umkehrung eines bestimmten Typus gibt. Für den Fall, daß Du 'meine' Umkehrung für keine Umkehrung hältst, habe ich ja angegeben, welchen Fall ich meine.

Eine Konjunktion "(a & b)" kehrt man m.W. um durch "nicht (a & b)"; dies ist erfüllt, wenn
- nicht-a gilt,
- nicht-b gilt
- nicht-a & nicht-b gilt.
Soviel bekomme ich heute abend noch zusammen - ohne Gewähr.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Γραικίσκος schrieb am 25.06.2012 um 19:46 Uhr (Zitieren)
- nicht-a gilt,
- nicht-b gilt oder
- nicht-a & nicht-b gilt.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
ανδρέας schrieb am 25.06.2012 um 20:03 Uhr (Zitieren)
Das Gegenteil wäre:
Es ist nicht richtig, dass man ein hervorragender Philologe und ein miserabler Nachdichter sein kann.
oder
Man kann ein schlechter Philologe oder ein guter Nachdichter (oder beides)
also aussagenlogisch:
nicht A und nicht B ist logisch äquivalent zu nicht A oder nicht B.
Jedenfalls ist damit keine eindeutige Aussage zu treffen, welche (gute oder schlechte) Philologen gute oder schlechte Nachdichter sind, denke ich.
Aber was kommt dabei heraus, wenn man nur 2 Std,. geschlafen hat? Das werde ich gleich nachholen ...
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Γραικίσκος schrieb am 26.06.2012 um 05:49 Uhr (Zitieren)
Zum eigentlichen Thema fällt mir ein Satz von Balzac ein:
Die Kritik ist sein Opium, und sein Harem an Büchern hat ihn mit Ekel vor jedem zu schaffenden Werk erfüllt.

(Béatrix)
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Comitissa schrieb am 26.06.2012 um 09:43 Uhr (Zitieren)
Lieber Γραικίσκος,

bist Du nicht selbst Lehrer? Ich dachte immer. Oder war das Bibulus?

Gruß von Comitissa.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Γραικίσκος schrieb am 26.06.2012 um 19:05 Uhr (Zitieren)
Ja, ich bin der Lehrer (wenngleich kein Philologe) - nicht Bibulus. Aber was ändert das an dem Problem? Lehrer, Philologen wissen, was richtig ist bei Texten, aber sie können es darum noch lange nicht selber gut machen. Ich vermute, daß (Sprach-)Künstler eine andere Existenzform sind; Kreativität befähigt vermutlich auch dazu, sich über Regeln hinwegzusetzen, sobald das einen ästhetischen Sinn ergibt, während Philologen an den Regeln hängen.
Selbst "die Lektüre einer Ästhetik hat noch keinen Künstler hervorgebracht." (frei nach Schopenhauer)
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Comitissa schrieb am 26.06.2012 um 22:04 Uhr (Zitieren)
Kein Philologe... aber auch kein Nat.wiss.!
Historiker? Theologe? (eher nicht).
Aber bestimmt eine Gesellschaftswissenschaft, wenn schon keine Sprache.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Γραικίσκος schrieb am 26.06.2012 um 22:17 Uhr (Zitieren)
Philosophie, Geschichte.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 26.06.2012 um 22:33 Uhr (Zitieren)
GBS hat das mal so schön knapp formuliert:

Those who can, play, who can't, criticize.
:-)

Im übrigen halte ich die These des Griechischlehrers für etwas, na sagen wir, überspitzt. In welcher Griechischklausur wird/wurde denn e.g. Pindar vorgelegt?
Ein Berufnerer (Hellingrath, Pindarübersetzungen) hat das in wahrhaft klassische Worte gekleidet:
"ferner/ und das ist das einzige was Hölderlin abgeht zum idealen übersetzer/ seine philologischen kenntnisse und hilfsmittel reichten nicht aus zum verständnisse Pindars in bezug aufs inhaltliche. er verwechselt worte/ construirt falsch oder ungenau und missversteht daher sätze oder ganze abschnitte. hin und wider wahrt er auch deshalb die wörtlichkeit all zu ängstlich/ weil ihm die deutung nicht klar ist. es ist aber ein anderes eine sprache grammatisch beherrschen/ ein anderes ihrem wesen vertraut sein/ und durch langen innigen verkehr war ihm das griechische vertraut geworden wie wenigen andern. ingenium supplirte und so kam es denn dass einer/ dem jeder gymnasiast beliebig viel grammatikfehler nachweisen kann/ unserer sprache ihre bedeutsamsten denkmale des erfassens griechischen sprachgeistes geschenkt hat/ wahre wiedergeburt antiker dichtung/ denkmale [b]an denen meines erachtens sogar der classischen philologie beflissene manches lernen könnten/ was lebendig machen der alten sprache und verstehen des kunstcharakters anlangt.[7b]
(Hervorhebungen von mir)

Und wenn ein Griechischlehrer, dem ein solches Produkt zur Beurteilung vorläge, nur die philologischen Fehler sähe, träfe auf ihn zu - wie Jacob Grimm es einmal unübertroffen gesagt hat -, sich "wie ein schulmeister auf die gelehrte, wie ein schulknabe auf die gelernte regel alles einbilden und vor lauter bäumen den wald nicht [zu] sehen".
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Γραικίσκος schrieb am 26.06.2012 um 22:33 Uhr (Zitieren)
Du bist Romanistin, gelt? Ich erinnere mich noch an Deinen Bericht über eine Dissertation. Vor zwei Jahren, glaube ich.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Γραικίσκος schrieb am 26.06.2012 um 22:39 Uhr (Zitieren)
Das hat sich überschnitten. Aber ich stimme sowohl GBS (kannte ich in der Version "He who can, does, he who cannot, teaches") als auch Herrn Hellingrath zu.

Pindar haben wir in der Schule meiner Erinnerung nach nicht übersetzt; der Lehrer hat die Äußerung (welche Hellingrath ja eher bestätigt als widerspricht) im Zusammenhang mit Sophokles getan.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 26.06.2012 um 23:01 Uhr (Zitieren)
Es mag sein, daß Dein Lehrer etwas ähnliches gemeint hat, aber dann sagt sein Urteil, Hölderlin "hätte im Ernstfall* in jeder Griechischarbeit ein 'mangelhaft' geschrieben", mehr über Schulmeister im allgemeinen aus, als ihm lieb sein könnte, denn ich halte die Hölderlinschen Übertragungen für mehr als nur 'exzellente Nachdichtungen'.

* was heißt das? Etwa, wenn er die Arbeiten zu korrigieren gehabt hätte? (Ich weiß, das war jetzt boshaft ...)
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
arbiter schrieb am 26.06.2012 um 23:05 Uhr (Zitieren)
ist die Attitude des Kritik-Verächters bzw. Kritiker-Verleumders bei anerkannten Genies schon befremdlich, ist sie bei jemandem, der kaum den Rang eines Dilettanten erreicht, vollends skurril
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
ανδρέας schrieb am 27.06.2012 um 17:19 Uhr (Zitieren)
"He who can, does, he who cannot, teaches"


Der Satz wird in Deutschland durch die Praxis der dualen Ausbildung widerlegt. Auszubildende werden jedes Jahr von den Kammern (IHK, HwK) hinsichtlich ihrer beruflichen Fähigkeiten und Fertigkeiten geprüft. Ausgebildet wurden sie vornehmlich im Betrieb, nämlich durch Praktiker (verantwortlich ist immer ein Mitarbeiter mit Ausbildereignungsprüfung), die selbst arbeiten und ihre Kenntnisse weitergeben. Sollte die Berufschule abbrennen hat übrigens der Lehrbetrieb weiterhin die volle Ausbildungsverantwortung!
Und unsere Fachkräfte, die so ausgebildet wurden, schneiden international ja keineswegs schlecht ab.
Theorie und Praxis existieren nicht unabhängig voneinander. Hochschullehrer haben häufig auch parallel Jobs in der Wirtschaft. Juristen haben durchaus Lehraufträge und eine eigene Kanzlei. Bei Philosophen fällt mir allerdings kein Beispiel dazu ein. Kurzum: die Aussage ist Blödsinn und soll nur polemisieren.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
filix schrieb am 27.06.2012 um 18:25 Uhr (Zitieren)
Zwischendurch sei daran erinnert, dass die vernichtenden Urteile über Hölderlins Übersetzungskunst zunächst von Schelling, Hegel und Voß junior stammten und eher in Pathologisierung denn schulmeisterliches Vorhalten der Fehler mündeten. Es war im 20.Jahrhundert im deutschsprachigen Raum Heidegger, selbst aus dem Griechischen oft nur einzelne Begriffe mit immenser Aufladung übertragend (wofür er auch entsprechend Kritik einstecken musste), der in gewisser Weise an Hellingrath anschloss und, weit über Würdigung des ästhetischen Mehrwerts oder hinausgehend und dessen Dichtung mit dem Anfang des abendländischen Denkens verknüpfend, Hölderlins Übersetzungen "[...]Ungeheuerliches und [...] innere dichterische Notwendigkeit" zubilligte.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
filix schrieb am 27.06.2012 um 18:25 Uhr (Zitieren)
oder
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Γραικίσκος schrieb am 27.06.2012 um 19:13 Uhr (Zitieren)
Teurer arbiter,
Deine Artillerie zielt auf den Fragesteller statt auf die Frage; auf diese Art wirst Du weder ihn noch sie treffen.
Re: Philologische Sprachkenntnis und literarische Übersetzung
Βοηθός Ἑλληνικός schrieb am 27.06.2012 um 19:58 Uhr (Zitieren)
Das hätte ich nicht gemacht, Γραικίσκος: Du hast das Bild deines Lehrers online gestellt. Auch wenn er tot ist....da hätte ich Respekt davor. Auch wenn ich sein Statement sehr salopp finde.
 
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