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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Eine Frage an die Greise unter uns (395 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 20.07.2012 um 11:40 Uhr (Zitieren)
Kürzlich gab es wieder eine dieser "Die 68er sind an allem schuld!"-Diskussionen in der Zeitung. Im vorliegenden Falle ging es um den damals den Älteren gemachten Vorwurf, sie hätten sich niemals mit dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt. Dem wurde widersprochen unter Hinweis darauf, Nationalsozialismus sei in den 50er und frühen 60er Jahren bei dem und dem Leserbriefschreiber Thema im Geschichtsunterricht gewesen. Da zumindest meine Klasse niemals über die Bismarck-Ära hinausgekommen ist [und in der Musik nicht über Beethoven], habe ich diese Äußerung mit Skepsis aufgenommen.

Gestern habe ich mir den Film "Des Teufels General" (nach dem Drama von Carl Zuckmayer) angeschaut, und ich habe mir gedacht: Was für ein hervorragender, entlarvender und doch nicht aus der Perspektive eines Gutmenschen gemachter Film über den Nationalsozialismus! und zwar aus dem Jahre 1954!
Dann erinnerte ich mich noch an "Der Verlorene" von & mit Peter Lorre.
"Draußen vor der Tür", ja, aber das ist nicht eigentlich eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, sondern mit dem Krieg.

Gibt es hier noch andere Erinnerungen und Eindrücke davon, wie vor 1968 in der BRD mit der nationalsozialistischen Vergangenheit verfahren wurde? Speziell auf Schule und Kultur bezogen, nicht auf die später bekannt gewordene und in den 50ern natürlich verschwiegene personelle Kontinuität in der Justiz etc.

Was es sicher auch gab, waren verniedlichende Filme wie "Mein Schulfreund" [Hermann Göring] mit Heinz Rühmann.
Re: Eine Frage an die Greise unter uns
arbiter schrieb am 20.07.2012 um 13:02 Uhr (Zitieren)
in Schule und Elternhaus/Familie herrschte eisernes Schweigen - nur der Krieg war gelegentlich Thema (kein Wunder in einer "Vertriebenen"-Familie); ein Lehrer beauftragte uns einmal mit maliziösem Lächeln, wir sollten unsere Eltern fragen, was "Pg" bedeute. Im Geschichtsunterricht wurde kursorisch der Krieg und die Judenverfolgung behandelt - genaugenommen unpolitisch.
Re: Eine Frage an die Greise unter uns
Γραικίσκος schrieb am 20.07.2012 um 15:45 Uhr (Zitieren)
Bei mir zuhause war nur vom Bombenkrieg die Rede, welcher die Menschen im Rheinland besonders belastet hat. Verbrechen? Davon wußten wir nichts!
In der Schule, wie gesagt, kein Wort. Dabei hatten wir Geschichtsunterricht bei einem Lehrer, der später Bundesvorsitzender des Philologenverbandes geworden ist. Der war zu sehr mit seiner Karriere beschäftigt, um ordentlichen Unterricht zu geben.

Ernst Udet, dem der Harras in "Des Teufels General" nachempfunden ist und der sich im Nov. 1941 erschossen hat, war offiziell bei einem Testflug verunglückt. Im Film sagt er sehr eindrucksvoll über sich selbst: "Hundert Gesichter - kein Gesicht."
Re: Eine Frage an die Greise unter uns
διψαλέος schrieb am 20.07.2012 um 16:25 Uhr (Zitieren)
Ich habe die, die die NS-Zeit und Krieg bewusst erlebt haben,
sich immer als "Opfer" darstellend erlebt.
Opfer von Bomben und Vertreibung.
Meine Eltern waren 1933 noch Kinder,
mein Vater aber dennoch alt genug,
um noch Soldat bei der Marine zu werden.
Er hat wenig davon erzählt.

Meine Großväter habe ich nicht mehr bewusst kennengelernt,
sie waren als Bergleute keine Soldaten,
meine Großmütter waren einfache Frauen,
die sich vor allem nur an die "schlechte" Zeit
mit ihrem Mangel erinnerten.
Na ja, als Mütter und Hausfrauen,
die Kinder zu versorgen hatten,
vielleicht noch verständlich.

Ich erinnere mich an einen Englisch- und Deutschlehrer,
der immer bestimmte Sprüche drauf hatte wie:
"Die letzten Freiwilligen sind im Ruhrkessel gefallen"
und
"im Krieg erweist sich wahre Kameradschaft" und ähnliche.
Ansonsten hat mal der eine oder andere Lehrer
eine Andekdote zum Besten gegeben.
Einzig mein ältester Lateinlehrer,
der als Offizier an der Ostfront gewesen ist,
hat ein paarmal über die Verhältnisse von "damals" erzählt,
wenn es mal wieder geschneit hatte und er die Zustände von
"heute" mit "damals 42/43" verglich...

So wie bei Γραικίσκος endete auch bei
mir der Geschichtsunterricht bei Wilhelm zwo und Bismarck.
Der Musikunterricht aber immerhin bei Debussy
(also Beginn 20.Jahrhundert).

Zu Zuckmayers "Teufels General" ist anzumerken,
daß er dieses Stück weit weg im Asyl schrieb und dennoch
fast punktgenau die Verhältnisse beschrieben hat,
wenn auch mit dichterischen Freiheiten.
Man muß aber zwischen Film und Theaterstück unterscheiden.
Re: Eine Frage an die Greise unter uns
Γραικίσκος schrieb am 20.07.2012 um 16:48 Uhr (Zitieren)
Das mit den Greisen ist natürlich römisch gemeint: senex ab 50 usw.
Aber um die 50er Jahre, die Adenauer-Ära, noch aus eigenem Erleben zu kennen, muß man schon ein paar Tage älter sein.
Wir sterben aus, Leute!
Re: Eine Frage an die Greise unter uns
διψαλέος schrieb am 20.07.2012 um 16:49 Uhr (Zitieren)
Wir sterben aus, Leute!

In der Tat, die Einschläge kommen näher...
 
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