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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Eine verstümmelte Dissertation und die Optimierung des Atomkrieges (393 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 28.07.2012 um 13:20 Uhr (Zitieren)
Es ist eine neue Biographie des Erfinders (Entdeckers?) der Vielweltendeutung der Quantenmechanik erschienen:
Peter Byrne
Viele Welten
Hugh Everett III
Ein Familiendrama zwischen Kaltem Krieg und Quantenphysik
Berlin 2012
Springer Verlag

Der Rezension entnehme ich:
Hugh Everett ist [...] gleichermaßen ein genialer Forscher und eine tragische Gestalt gewesen. Mit seiner eigenwilligen Interpretation der Quantenmechanik, die bei seinem Doktorvater John Archibald Wheeler an der Princeton University zunächst auf großes Wohlwollen stieß und dann trotzdem als Dissertation fast bis zur Unkenntlichkeit gekürzt wurde, bewegte sich Everett eigentlich an der vordersten Forschungsfront. Gleichwohl gab er die Beschäftigung mit der Quantenmeachnik rasch wieder auf und wurde Militärberater. Er entwickelte Verfahren zur Optimierung von Atomkriegen - soll heißen, er berechnete mit raffinierten Programmen, wie man mit möglichst geringem Aufwand zu möglichst vielen Toten kommt. [...] Der Autor schildert, in welche Nöte Wheeler als Doktorvater von Everett geriet. Einerseits leuchteten ihm die Herleitungen ein, und außerdem zeichnete sich damals schon ab, dass die Quantenphysik immer wichtiger für das Verständnis des frühen Universums würde. Everetts Interpretation schien auf diesem Wege zu liegen. Doch wollte sich Wheeler nicht gegen den von ihm abgöttisch verehrten Bohr [und dessen Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik] stellen. Deshalb zwang er Everett zu einer Kurzversion, die nun allerdings keine Überzeugungskraft mehr hatte. Als sie 1957 erschien, wurde sie nur von wenigen Physikern ernst genommen. Weshalb sich Everett dann - mit klinischer Kälte, wie Byrne zu Recht festhält - den Simulationen von Atomkriegen zuwandte. Es war die Zeit des Kalten Krieges, als in den Vereinigten Staaten schon für verdächtig gehalten wurde, wer sich nur mit einem Kommunisten unterhielt. Der Biograph versteht es, diesen Hintergrund präsent zu halten.
Auch auf die spätere Entwicklung der "Viele Welten"-Theorie geht er ausführlich ein. 1967 stieß Bryce DeWitt auf Everetts Arbeit, 1973 fädelte er den Druck der Langfassung ein. Und nun wurde das Multiversum doch noch salonfähig.

(FAZ vom 28.7.2012)

Everetts persönliche Tragik liegt in exzessivem Rauchen und Trinken, in Depressionen und dem Suizid seiner Tochter. Sie schrieb in ihrem Abschiedsbrief: "Bitte verstreut mich über ein schönes Fleckchen Wasser ... oder in den Müll, vielleicht ende ich dann in der richtigen parallelen Welt und begegne dort Daddy."
Re: Eine verstümmelte Dissertation und die Optimierung des Atomkrieges
Γραικίσκος schrieb am 29.07.2012 um 14:12 Uhr (Zitieren)
Die meisten Kosmologen (d.h. die, die sich mit der Entstehung des Universums befassen) sind Anhänger der Vielweltendeutung der Quantenmechanik, weil diese - anders als die Kopenhagener Deutung - keinen Beobachter benötigt, der über den Ereignisablauf (den "Kollaps der Wellenfunktion") entscheidet.
Wer sollte das auch zu Anbeginn des Universums gewesen sein?
Der 'Preis', den man für diesen Vorzug zahlt: alles, was möglich ist, ist auch wirklich - jeweils in einem eigenen Universum.
Re: Eine verstümmelte Dissertation und die Optimierung des Atomkrieges
Γραικίσκος schrieb am 29.07.2012 um 14:16 Uhr (Zitieren)
Ich frage mich oft, was das für eine Entscheidungstheorie bedeutet: Gleich, für welche Möglichkeit ich mich entscheide, ich entscheide mich für alle Möglichkeiten, wodurch dann verschiedene Varianten von mir mitsamt den entsprechenden Varianten des Universums entstehen. Universum? Wir leben in einem Multiversum!
 
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