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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
ὁ ολυμπιονίκης Ἡρόδοτος (700 Aufrufe)
ανδρέας schrieb am 02.08.2012 um 18:21 Uhr (Zitieren)
Auf Anregung Pierre de Coubertins wurden von 1912 bis 1948 Kunstwettbewerbe bei den Olympischen Spielen ausgetragen In den fünf Bereichen Architektur, Literatur, Musik, Malerei und Bildhauerei wurden Medaillen verliehen. Sie mussten natürlich einen Bezug zum Sport haben.
In der Antike (455 v.Chr.) erhielt Herodot im olympischen Literaturwettbewerb einen Preis.

Meine Frage: sind Schriften, die für den Literaturwettbewerb bei Olympia verwendet wurden, überliefert?
Re: ὁ ολυμπιονίκης Ἡρόδοτος
Φιλομαθής schrieb am 02.08.2012 um 21:09 Uhr (Zitieren)
Anscheinend war es kein literarischer Wettbewerb, sondern die Aussicht, ein aus allen griechischen Städten angereistes Publikum vorzufinden und dadurch weiträumige Bekanntheit zu erlangen, die Herodot und nach ihm andere Redner und Künstler nach Olympia gehen ließ, um ihre Werke vorzustellen (sofern die Geschichte, die Lukian erzählt, stimmt):
Lukian von Samosata
Herodot oder Aetion

Möchte es doch in meiner Macht stehen, dem Herodot, nicht in allen Stücken, worin er vortrefflich ist – dies wäre ein gar zu unbescheidener Wunsch! –, sondern nur in irgendeinem von allen, als in der Schönheit seiner Diktion oder im Wohlklang seiner Perioden oder in der ungekünstelten Anmut seines angebornen ionischen Dialekts oder in seinem Reichtum an Gedanken und Bildern, kurz, auch nur in einer einzigen von den unzähligen Schönheiten, die dieser Schriftsteller in sich vereinigt, gleichen zu können! Doch da dies unmöglich ist, so steht es bei mir und einem jeden andern, ihn wenigstens in dem Mittel nachzuahmen, wodurch er seine historischen Werke in kurzer Zeit beinahe allen Griechen bekannt machte.

Denn da er aus Karien, seinem Vaterlande, nach Griechenland zu reisen begriffen war, überlegte er bei sich selbst, wie er es anzufangen hätte, um sich selbst und seine Schriften mit dem wenigsten Aufwande von Zeit, Mühe und Unkosten so bekannt und berühmt zu machen, als nur immer möglich wäre. Von einer Stadt zur andern herumzureisen und seine Werke jetzt den Atheniensern, dann den Korinthern, Argivern und Lazedämoniern besonders vorzulesen, war zu mühsam und hätte viele Zeit gekostet. Er ließ also den Gedanken fahren, sich so stückweise und in kleinen Zirkeln bekannt zu machen, und dachte darauf, wie er die Griechen womöglich alle auf einmal habhaft werden könnte.

Glücklicherweise für ihn fiel damals eben die Zeit der großen Olympischen Spiele ein, und wie hätte er sich eine bequemere Gelegenheit zu seinem Vorhaben wünschen können? Er richtete also seinen Lauf gerade nach Olympia, und an einem Tage, wo die Versammlung sehr zahlreich und die vornehmsten und berühmtesten Männer aus allen Teilen Griechenlands beisammen waren, trat er auf der Terrasse hinter dem Tempel Jupiters nicht als Zuschauer, sondern als Mitkämpfer auf, sang seine Geschichte ab und bezauberte die Anwesenden in einem so hohen Grade, daß seine Bücher, deren just neun an der Zahl sind, jedes mit dem Namen einer Muse bezeichnet wurde. Eine natürliche Folge hievon war, daß der Name Herodot noch allgemeiner bekannt wurde als die olympischen Sieger selbst: denn es war niemand, der ihn nicht entweder zu Olympia mit eignen Ohren oder doch aus dem Munde derer, die von da zurückkamen, gehört hätte: so daß er sich nirgends sehen lassen konnte, ohne daß jedermann mit dem Finger auf ihn wies und sagte: das ist der Herodot, der die Persischen Kriege in ionischer Mundart geschrieben und unsre Siege so herrlich besungen hat! Und welche größere Belohnung hatte er für seine Geschichte erhalten können, als in dieser glänzenden Nationalversammlung auf einmal den allgemeinen Beifall des ganzen Griechenlandes davonzutragen und nicht (wie andre Sieger) von einem einzigen Ausrufer, sondern in allen Städten, aus welchen die Anwesenden gebürtig waren, öffentlich genannt und gepriesen zu werden!

Überzeugt durch dieses Beispiel, daß dies der kürzeste Weg sei, bekannt zu werden, haben in folgenden Zeiten auch die Sophisten, Hippias aus Elis selbst, Prodikus von Keos, Anaximenes von Chios, Polus von Agrigent und viele andre, sich in der Versammlung zu Olympia öffentlich hören lassen und sich in kurzem dadurch einen Namen gemacht.

Doch wozu führe ich diese Beispiele von Geschichtschreibern, Sophisten und Rednern aus dem Altertum an, da auch in unsern Zeiten von dem Maler Aetion erzählt wird, er habe sein Gemälde, das die Vermählung Alexanders mit der schönen Roxane vorstellt, zu Olympia öffentlich und mit so gutem Erfolge sehen lassen, daß Proxenidas, einer von den damaligen Hellanodiken, aus Wohlgefallen an dem seltnen Talente des Künstlers ihn zu seinem Schwiegersohn erwählt habe.

Und was war denn, wird mich vielleicht jemand fragen, so Wundervolles an diesem Gemälde, um einen Mann von solchem Range zu bewegen, den Maler, der überdies noch ein Fremdling war, mit seiner Tochter zu belohnen? Das Bild befindet sich dermalen in Italien, und ich bin imstande, als ein Augenzeuge davon zu sprechen. Es stellt ein äußerst prächtiges Schlafgemach mit einem Brautbette vor. An diesem sitzt Roxane, das schönste Mädchen, das man sich denken kann. Ihre Augen sind aus Scham vor dem neben ihr stehenden Alexander auf den Boden geheftet. Sie ist von verschiedenen lachenden Liebesgöttern umgeben. Der eine, der hinter ihr steht, zieht ihr den Brautschleier von der Stirne und zeigt sie dem Bräutigam. Ein andrer ist in der Stellung einer Sklavin beschäftigt, ihr die Schuhe abzuziehen, damit sie sich nicht länger säumen könne, sich niederzulegen. Ein dritter hat Alexandern beim Rocke gefaßt und zieht ihn aus allen Kräften zu Roxanen hin. Der König selbst reicht dem Mädchen eine Krone dar, und neben ihm steht Hephästion als Brautführer mit einer brennenden Fackel in der Hand, auf einen wunderschönen Knaben gestützt, der vermutlich den Gott der Ehen vorstellt; denn der Name steht nicht dabei. Auf einer andern Seite des Gemäldes sieht man noch einige Liebesgötter, die mit Alexanders Waffen spielen; ihrer zwei schleppen seinen Spieß und scheinen unter der Last desselben beinahe zu erliegen. Ein paar andere bringen einen dritten, der den König selbst vorstellt, auf seinem Schilde getragen, den sie an den beiden Handhaben gefaßt halten. Noch ein anderer ist in den rückwärts liegenden Panzer hineingekrochen, wo er zu lauern scheint, um jene Träger, wenn sie vorbeikommen werden, zu erschrecken.

Diese Nebensachen sind nichts weniger als müßig und bloßes Spiel der Phantasie des Künstlers: denn sie bezeichnen die kriegerischen Neigungen des Bräutigams, und daß er über der Liebe zu Roxanen die Waffen nicht vergessen habe. Übrigens hat der Erfolg bewiesen, daß in diesem Gemälde wirklich ein gewisser hochzeitlicher Genius webe, da es dem Künstler die Tochter des Proxenides erwarb. Seine eigene Hochzeit war, sozusagen, das Gegenstück zu dieser Hochzeit Alexanders, wobei dieser König der Brautführer war und den Aetion für seine gemalte mit einer wirklichen bezahlte.

Herodot also (um wieder auf ihn zu kommen) hielt die Versammlung zu Olympia für die beste Gelegenheit, sich als Geschichtschreiber der großen Taten der Griechen ihre Bewunderung zu erwerben. Nun beschwöre ich euch, eh ich weiterrede, bei den Göttern der Freundschaft, denket nicht, daß ich so aberwitzig sei, meine Kleinigkeiten mit den Werken eines solchen Mannes in Vergleichung zu stellen. Das wolle der Genius Herodots verhüten! Indessen muß ich doch gestehen, daß ich mich bei meiner Ankunft in Mazedonien in einer ähnlichen Lage befand und ebendieselbe Überlegung bei mir anstellte wie Herodot, da er Griechenland besuchen wollte. Wie er wünschte ich überall bekannt zu werden und meinen Versuchen so viele Zuhörer als möglich zu verschaffen. Alle Städte einer so großen Provinz in gegenwärtiger Jahreszeit besonders zu besuchen war nicht leicht zu bewerkstelligen. Der kürzeste Weg, meines Wunsches teilhaftig zu werden, war also, diese euere Zusammenkunft abzuwarten, wo ich den Vorteil hoffen konnte, mich vor der ganzen Nation hören zu lassen.

Ihr seid nun zusammengekommen, und ich sehe die angesehensten und auserlesensten Männer der ganzen mazedonischen Nation vor mir. Hier ist kein enges Pisa, kein von Buden und Hütten ausgefüllter Raum, kein erstickendes Gedräng eines zusammengelaufenen Pöbels, wovon die meisten den Herodot nur im Vorbeigehen hörten und viel lieber Athleten zugesehen hätten. Der Schauplatz, wo ich auftrete, ist eine der ersten und schönsten Städte dieses Landes und diejenigen, vor denen ich reden soll, der Ausschuß seiner gelehrtesten und beredtesten Männer. Übrigens müßtet ihr, wenn ihr mich gegen jene großen Meister – die Polydamas, Glaukus und Milon der Literatur – vergleichen wolltet, mein Unterfangen freilich sehr verwegen und unbesonnen finden: wenn ihr aber so gefällig sein wollt, ohne an diese unerreichbaren Muster zu denken, mich bloß nach mir selbst zu beurteilen: so kann ich vielleicht hoffen, wenigstens nicht strafwürdig erfunden zu werden, daß ich mich in eine solche Laufbahn gewagt habe; und mehr kann ich billigerweise nicht erwarten.

Übersetzung Chr. M. Wieland
Re: ὁ ολυμπιονίκης Ἡρόδοτος
Φιλομαθής schrieb am 19.08.2012 um 11:02 Uhr (Zitieren)
Noch ein Hinweis darauf, dass Olympia kein Klagenfurt gewesen ist:
Warum haben die Menschen am Anfang für körperliche Wettkämpfe einen Kampfpreis ausgesetzt, während sie für Weisheit keinen Preis gesetzt haben?

(a) Doch wohl, weil man billigerweise für die Dinge, die im Bereich des Geistes liegen, Richter braucht, die nicht schlechter als die Wettkämpfer sein müssen oder sogar besser, man aber, wenn um die Weisheit die Ersten einen Wettkampf durchführen müßten und man dafür einen Kampfpreis ausgesetzt hätte, hinsichtlich der Richter für sie in Verlegenheit wäre, während bei den gymnastischen Wettkämpfen jeder richten kann, wenn er nur mit seinen Augen hinsieht.

(b) Ferner aber: der, der am Anfang (diese Spiele) einrichtete, wollte den Griechen nicht einen Wettkampf einsetzen, aus dem heftige Streitereien und Feindschaften entstehen könnten. So nehmen es die Menschen z. B., wenn jemand entweder ausgeschieden oder zugelassen wird zu einem der körperlichen Wettkämpfe, nicht gänzlich übel und verfeinden sich nicht mit den Richtern, doch denen, die darüber richten, ob sie verständiger oder schlechter sind, grollen sie sehr und beklagen sich über sie. So etwas aber führt zu Streitereien und Ärger.

(c) Ferner aber: Es muß ja der Kampfpreis mehr wert sein als der Wettkampf. Bei den gymnastischen Wettspielen ist nämlich der Kampfpreis erstrebenswerter und mehr wert als der Wettkampf. Wie aber könnte es einen Kampfpreis geben, der mehr wert wäre als die Weisheit (selbst)?

Ps.-Aristoteles: Problemata physica XXX, 11, 956b 16-32. Übers. Hellmuth Flashar

Coubertin dürfte an Pindar und seine Epinikien gedacht haben (aber deren Entstehung verdankt sich ja keinem Literaturwettbewerb).
 
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