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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Wie änlich sind die "katharevousa" und "altgriechische" (attisch-koine) Sprache? (1184 Aufrufe)
Hellenizw schrieb am 08.09.2012 um 09:54 Uhr (Zitieren)
Ich interessiere mich sehr für dieses Thema.
Re: Wie änlich sind die "katharevousa" und "altgriechische" (attisch-koine) Sprache?
διψαλέος schrieb am 08.09.2012 um 18:05 Uhr (Zitieren)
Die "katharevousa" ("die Reine") beruht auf der
Sprache der byzantinischen Hochzeit,
also so um 1.000 n.Chr. und ist nicht mit der
Sprache Platons, Homers und den anderen
griechischen Klassikern (50 v.Chr.) zu vergleichen.

So können wir ja auch nicht unser heutiges
Deutsch mit dem "Deutsch" des Nibelungenliedes
oder den Dichtungen eines Walthers von der
Vogelweide vergleichen.

Selbst das "Deutsch" von Martin Luther,
nicht mal 500 Jahre alt, ist für
die allermeisten heute unverständig,
vom Schriftbild und Aussprache her.

Die "katharevousa"ist eine Kunstsprache,
die von einer kleinen Elite im neuentstandenen
griechischen Staat um 1850 geschaffen wurde,
im Volk ist sie nie angekommen.

Es wäre so, als wenn heute im deutschen
Sprachraum versucht werden würde, die
deutsche Sprache von allen Anglizismen
und Gallizismen zu befreien und Begriffe
durch entsprechend "deutsche" zu ersetzen.

Den Versuch gab es schon mal, so um 1700,
dabei kamen so schöne Dinge wie "Gesichtserker"
für "Nase" raus.
Einen weiteren Versuch gab es im 19.Jahrhundert.
Dabei entstanden dann Begriffe wie "Zerknallgastreibling".

Durchgestzt haben sich mehr oder weniger dann aber doch
Ausdrücke wie "Fernsprecher", "Fernseher", "Kraftwagen".
Und auch "Rechner" wird verwendet.
(In fast allen anderen Sprachen werden "telephon",
"television", "automobile", "computer" benutzt)
Re: Wie änlich sind die "katharevousa" und "altgriechische" (attisch-koine) Sprache?
διψαλέος schrieb am 08.09.2012 um 18:06 Uhr (Zitieren)
ähem...
und ist nicht mit der
Sprache Platons, Homers und den anderen
griechischen Klassikern (500 v.Chr.) zu vergleichen.
Re: Wie änlich sind die "katharevousa" und "altgriechische" (attisch-koine) Sprache?
διψαλέος schrieb am 08.09.2012 um 20:03 Uhr (Zitieren)
in der wikipedia gibt es sogar einen Artikel darüber
http://de.wikipedia.org/wiki/Katharevousa

(ja, ja, ich weiß, es gibt hier gewisse Vorbehalte gegenüber der wikipedia,
aber als Ansatz und Einstieg ist sie doch recht gut geeignet.)
Re: Wie änlich sind die "katharevousa" und "altgriechische" (attisch-koine) Sprache?
Φιλομαθής schrieb am 09.09.2012 um 19:18 Uhr (Zitieren)
Wenn man die wesentlichen Erscheinungen des Sprachwandels kennt, kann man sich mit Altgriechischkenntnissen vieles auch in neugriechischen Texten erschließen. Die wichtigsten sind:

Phonetik

1. keine (phonemische) Unterscheidung zwischen langen und kurzen Vokalen; verbunden damit Wegfall des Zirkumflex

2. lautlicher Zusammenfall von ι, ει, η, οι, υ zu einem i-Laut

3. Spirantisierung der Aspiratae (behauchte Verschlusslaute φ, θ, χ) und der Mediae (stimmhafte Verschlusslaute β, δ, γ)

4. häufig Wegfall von Vokalen im Anlaut (so bei den Vorsilben ἐν- > ν-, εἰσ- > σ-, ἐξ- > ξ-, ἀπ- > π- | z. B. ngr. πέθανε – altgr. ἀπέθανε ‚er ist gestorben‘

5. Schwund von γ zwischen Vokalen | z. B. λέω < λέγω ‚ich sage‘


Morphologie und Syntax

6. Dativ ist verschwunden

7. athemat. Konjug. ist verschwunden

8. Futur wird durch Partikel θα + Präsens/Aor. (je nach Aspekt) ausgedrückt | altgr. durch Futurstamm

9. Konjunktiv wird durch Partikel να (= altgr. ἵνα – vgl. 4.) + Präs./Aor. ausgedrückt

10. Perfekt zusammengesetzt mit έχω ‚ich habe‘ + Aor.-Stamm mit Endg. -ει | altgr. durch eigenem Stamm, aber auch umschreibend durch ἔχω + Part. Aor.

11. Infinitiv ist verschwunden (stattdessen wird der να-Konjunktiv verwendet)

Trotz einiger Vereinfachungen ist das Neugriechische immer noch eine stark flektierende Sprache und gerade das Verbalsystem sehr komplex.

Es kommen natürlich noch zahlreiche lexikalische Veränderungen wie Lehnwörter (z. B. σπίτι ‚Haus‘ < hospitium, σίγουρος < securus) und Bedeutungsverschiebungen (z. B. κράσις ‚Wein‘, altgr. ‚Gemisch‘) hinzu.

Einen Eindruck mag die Gegenüberstellung von altgr. Original A (Xenophon, Anabasis I, 5, 1–2) und einer Übertragung in die Katharevousa N (durch Δημήτριος Αναστασόπουλος) bieten. (Gewisse Periphrasierungen in der Übertragung sind natürlich auch der inhaltlichen Interpretation des Urtexts geschuldet.)

A Ἐν τούτῳ δὲ τῷ τόπῳ ἦν μὲν ἡ γῆ πεδίον ἅπαν ὁμαλὲς ὥσπερ θάλαττα, ἀψινθίου δὲ πλῆρες·
N Εις την χώραν δ᾽ αυτήν όλη μεν η γη ήτο πεδιάς ομαλή ως θάλασσα, πλήρης δε αψίνθου.
D In dieser Gegend bestand der Boden in einer Ebene, vollkommen glatt wie das Meer, und voll von Wermut.
(Εις την χώραν vgl. 6; ήτο vgl. 7)

A εἰ δέ τι καὶ ἄλλο ἐνῆν ὕλης ἢ καλάμου, ἅπαντα ἦσαν εὐώδη ὥσπερ ἀρώματα·
N Εάν δε εις αυτήν εφύετο και κανέν άλλο είδος θαμνώδους φυτού ή καλάμου, ευωδίαζαν όλα ως αρώματα.
D Wenn aber sonst noch etwas darin wuchs an Gebüsch und Halmen, war es durchaus wohlriechend wie Gewürz.

A δένδρον δ᾽ οὐδὲν ἐνῆν, θηρία δὲ παντοῖα, πλεῖστοι ὄνοι ἄγριοι, πολλαὶ δὲ στρουθοὶ αἱ μεγάλαι·
N Ουδέν υπήρχε δένδρον, αλλά θηρία παντός είδους, πλείστοι άγριοι όνοι και πολλαί στρουθοκάμηλοι.
D Bäume gab es nicht, aber vielerlei Wild: am meisten Wildesel und viele Strauße (die große Sorte).

A ἐνῆσαν δὲ καὶ ὠτίδες καὶ δορκάδες·
N Υπήρχον ακόμη και αγριόγαλλοι και δορκάδες.
D Es gab auch Trappen und Gazellen.

A ταῦτα δὲ τὰ θηρία οἱ ἱππεῖς ἐνίοτε ἐδίωκον.
N Όλα δε αυτά τα θηρία κάποτε οι ιππείς τα κατεδίωκον.
D Auf diese Tiere machten die Reiter zuweilen Jagd.

A καὶ οἱ μὲν ὄνοι, ἐπεί τις διώκοι, προδραμόντες ἕστασαν·
N Και οι μεν όνοι, καταδιωκόμενοι, εις τας αρχάς μεν προέτρεχον, κατόπιν όμως εσταμάτων.
D Die Esel nun stürmten, wenn sie jemand verfolgte, davon und standen dann still.

A πολὺ γὰρ τῶν ἵππων ἔτρεχον θᾶττον·
N Διότι έτρεχαν πολύ ταχύτερον των ίππων.
D Denn sie liefen viel schneller als Pferde.
(ταχύς mit regelmäßiger Komparation)

A καὶ πάλιν, ἐπεὶ πλησιάζοιεν οἱ ἵπποι, ταὐτὸν ἐποίουν,
N Μόλις δε ούτοι τους επλησίαζαν, πάλιν ήρχιζαν να τρέχουν.
D Und, sooft die Pferde sich näherten, machten sie wieder dasselbe.

A καὶ οὐκ ἦν λαβεῖν, εἰ μὴ διαστάντες οἱ ἱππεῖς θηρῷεν διαδεχόμενοι.
N Και δεν θα ήτο δυνατόν να τους συλλάβουν, εάν δεν τους κατεδίωκον ο είς μετά τον άλλον οι ιππείς, κατ᾽ αποστάσεις.
D Und es gäbe kein Herankommen, wenn sich die Reiter nicht in Abständen aufgestellt hätten und einander ablösend jagen würden.

A τὰ δὲ κρέα τῶν ἁλισκομένων ἦν παραπλήσια τοῖς ἐλαφείοις, ἁπαλώτερα δέ.
N Τα δε κρέατά των ωμοίαζαν με το της ελάφου, ήσαν όμως τρυφερώτερα.
D Das Fleisch der erlegten Tiere war ähnlich dem Fleisch vom Hirsch, aber noch zarter.

A στρουθὸν δὲ οὐδεὶς ἔλαβεν.
N Στρουθοκάμηλον δε κανείς δεν κατώρθωσε να συλλάβη.
D Einen Strauß hat keiner erwischt.
Re: Wie änlich sind die "katharevousa" und "altgriechische" (attisch-koine) Sprache?
Hellenizw schrieb am 11.09.2012 um 20:13 Uhr (Zitieren)
Viele Danke für eure sehr nützigen und ausführlichen Antworten, am liebsten
für den Kommentar Philomathou.

Philomathes, ich bekam jetzt eine sehr ausführliche Zusammenfassung von dier, für die ich sehr dankbar bin. Lass mich aber noch etwas fragen. Ist dieser Text auch in Katharevousa geschrieben?

http://195.134.75.14/hellinomnimon/0709011144360000/main.htm

Vielen Dank im Voraus für die Antwort.
Re: Wie änlich sind die "katharevousa" und "altgriechische" (attisch-koine) Sprache?
Βοηθός Ἑλληνικός schrieb am 13.09.2012 um 08:55 Uhr (Zitieren)
Das ist nicht Katharevousa. Man hat lange, auch wissenschaftliche Abhandlungen in attisch, griechischer Hochsprache geschrieben, genauso wie bei uns lange in Latein.
Re: Wie änlich sind die "katharevousa" und "altgriechische" (attisch-koine) Sprache?
Βοηθός Ἑλληνικός schrieb am 13.09.2012 um 09:01 Uhr (Zitieren)
Φιλομαθής hat die Unterschiede schon aufgelistet. Das heutige Neugriechisch benutzt auch nur noch den Akut. Es gibt erhebliche Unterschiede zum attischen Griechisch, aber trotzdem sind viele Worte und Verben aus der antiken Zeit übernommen, so dass man z.B. einen Zeitungsartikel gut lesen kann. Das gesprochene, heutige Griechisch ist aufgrund der vielen Lautänderungen viel schwieriger zu verstehen, wenn man altgriechische Kenntnisse hat.
 
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