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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ideen des Aristoteles zur Politik (802 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 27.09.2012 um 17:24 Uhr (Zitieren)
Der Analyse, der Aristoteles in Politik VII 16 das spartanische System unterwirft, kann man vier politische Grundsätze entnehmen, die ich einmal zur Diskussion stellen möchte:

1. Damit ein Staat erfolgreich ist, muß ein möglichst großer Teil seiner Bürger ihn bejahen; dazu verhilft am besten eine Mischverfassung (monarchische, aristokratische und demokratische Elemente), weil dadurch alle politischen Kräfte optimal eingebunden werden. (Aristokratie deute ich als Eliteherrschaft.)

2. Kein politisches Amt sollte auf Eigeninitiative des Kandidaten vergeben werden, weil man dadurch ehrgeizige und machthungrige Individuen begünstigt.

3. Alle wichtigen Ämter sollten doppelt besetzt werden, damit die Amtsinhaber einander kontrollieren und zügeln können.

4. Eine Demokratie ermöglicht den ärmeren Menschen das Erreichen von politischen Ämtern; wegen ihrer Armut werden sie aber für Bestechlichkeit empfänglicher sein, also zur Korruption neigen. (Wie ein Bauer einmal zur Verteidigung der Monarchie sagte: "Es ist leichter, eine fette Sau zu füttern als 100 magere Säue.")
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
διψαλέος schrieb am 27.09.2012 um 17:56 Uhr (Zitieren)
zu 1.
Ich interpretiere z.B. die Weimarer Verfassung
(nein, nicht die Weimerer Verfassung...)1
in diesem Sinne:
a) monarchisch: sehr starke Stellung des Reichspräsidenten
b) aristokratisch: die höhere Verwaltungsbeamtenschaft rekrutierte sich aus der alten, kaiserlichen Elite und hatte
sehr große Macht.
Dann: der Einfluß des ostlbischen Junkertums
und der Industriellen, die vom Kaiser teilweise geadelt wurden (Baron Thyssen, Krupp von Bohlen und Hallbach, von Opel), darf nicht unter unterschätzt werden,
c) demokratisch: der Reichstag hatte die Regierung, bzw. den Reichskanzler völlig in der Hand.



1
Man möge mir das kleine Wortspiel verzeihen.
Aber es bot sich einfach an...:-)

Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
Γραικίσκος schrieb am 27.09.2012 um 18:11 Uhr (Zitieren)
c) demokratisch: der Reichstag hatte die Regierung, bzw. den Reichskanzler völlig in der Hand.

Nein, denn Reichskanzler und Reichsregierung wurden vom Reichspräsidenten ernannt und entlassen; der Reichstag konnte ihnen allenfalls das Mißtrauen aussprechen. Deshalb gab es ja die Präsidialkabinette der Weimarer Republik.
Ansonsten ist da etwas dran, und das demokratische Element wurde am stärksten in der Volksabstimmung gesichert. Selbst in der Gesetzgebung war der Reichstag auf den Reichsrat angewiesen.
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
διψαλέος schrieb am 27.09.2012 um 18:23 Uhr (Zitieren)
Ja, ich habe das falsch formuliert.

Ergänzung:
Der Reichstag wurde aber demokratisch gewählt:
Jede Stimme zählte, es gab ja keine prozentuale Sperrklausel
wie heute, mit der 5-%-Hürde.
Selbst kleinsten Parteien reichten relativ wenige Stimmen,
um einen Sitz zu erlangen.
(Was natürlich einerseits demokratisch ist,
anderseits sich aber fatal auswirkte.)
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
Anastasia schrieb am 27.09.2012 um 21:55 Uhr (Zitieren)
Eine Mischverfassung im aristotelischen Sinn kann ich nicht befürworten.

Monarchische Elemente streben nach Alleinherrschaft, also danach, die anderen auszuschalten.
Die aristokratischen Elemente rekrutieren die monarchischen Elemente.
Damit sind die demokratischen Elemente von vornherein im Hintertreffen.

Punkt 2 könnte man zur Diskussion stellen.

Ob wir uns die Doppelbesetzung von Ämtern leisten könnten? Außerdem: Zu viele Köche verderben den Brei!

Dass Demokratie arme Schichten hervorbringt, sehe ich nicht als Notwendigkeit. Die Gleichsetzung von Armut und Korruption halte ich für unzulässig.

Zum Bonmot: Ob eine fette Kuh mit großem Magen weniger braucht als eine magere Kuh mit magerem Magen sei dahingestellt. Außerdem: Wenn es nur ums Gras ginge!
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
Γραικίσκος schrieb am 27.09.2012 um 22:00 Uhr (Zitieren)
Nicht eine (fette) Kuh - eine (magere) Kuh. 1 König vs. 600 Abgeordnete.

Mit der Monarchie steht es nicht zwangsläufig so. Aristoteles hatte, wenn er Sparta beschreibt, das dortige DoppelKönigtum im Sinn. Das kennt man heute nicht mehr so. Aber noch die Consuln in Rom waren zwei.
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
διψαλέος schrieb am 27.09.2012 um 22:18 Uhr (Zitieren)
Aristoteles kannte bestimmte Zusamenhänge noch nicht,
konnte sie nicht kennen.
Zudem, das muß man immer bedenken,
wenn man sich mit antiken Philosophien und Theorien auseinandersetzt:
Es war eine Sklavenhaltergesellschaft, durch und durch.
Nahezu die gesamte Wirtschaftsleistung wurde durch Sklavenarbeit erbracht.
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
Anastasia schrieb am 27.09.2012 um 22:27 Uhr (Zitieren)
@Graeculum

L'état c'est moi. Ah, das muss aufgrund des neulichen Einwandes neu reflektiert werden.
Wenn aber dem König alles gehört, dann sind doch die 600 Abgeordneten locker drin. ??

Doppelkönigtum = doppelt teuer. Das ist jetzt ein Scherz!

@Bibulum

Ich frage mich, wie in der Antike überhaupt von Demokratie die Rede sein konnte, wenn die Gesellschaft sich auf Sklavenhalterei aufbaute.
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
διψαλέος schrieb am 27.09.2012 um 22:33 Uhr (Zitieren)
Ganz einfach:
Als Mitglieder des "Demos" galten nur die männlichen attischen Vollbürger, ca. 30.000 von 300.000.

Daneben gab es noch "ethnos" und "laos"
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
διψαλέος schrieb am 27.09.2012 um 22:35 Uhr (Zitieren)
Mal nebenbei:
Unsere beiden Altkanzler sitzen beide im Rollstuhl.

Und der H.Schmidt raucht doch tatsächlich bei der Maibritt
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
διψαλέος schrieb am 27.09.2012 um 22:36 Uhr (Zitieren)
Und der Schmidtsche Zigarettenrauch umweht den Bundespräsidenten...
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
Anastasia schrieb am 28.09.2012 um 09:05 Uhr (Zitieren)
Neue Definition der Demokratie: 10 % der Bevölkerung, das könnten wir schaffen!

"Maibritt" ist ein erklärungsbedürftiges Wort für Süddeutsche!

Der Schmidtsche Zigarettenrauch: Neu-Delphi?
Hat Phythia abgegeben?
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
Γραικίσκος schrieb am 28.09.2012 um 13:24 Uhr (Zitieren)
Maybrit Illner leitet doch eine Talkshow im ZDF. Warum Bibulus "Maibritt" geschrieben hat, weiß ich nicht.
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
διψαλέος schrieb am 28.09.2012 um 16:33 Uhr (Zitieren)
Ich verbuxle den Namen immer.
In meiner Jugend kannte ich mal eine Mai-Britta
(tatsächlich so!)
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
ανδρέας schrieb am 28.09.2012 um 18:16 Uhr (Zitieren)
2. Kein politisches Amt sollte auf Eigeninitiative des Kandidaten vergeben werden, weil man dadurch ehrgeizige und machthungrige Individuen begünstigt.

Ein Staat, der keine ehrgeizigen Politiker hat, wird im Wettbewerb mit anderen Staaten ins Hintertreffen geraten. Wer im Haifischbecken schwimmt, darf kein Hering sein. Für die Kontrolle des Machthungrigen hat die Demokratie die Opposition erfunden und Institutionen, die die gegenseitige Kontrolle ermöglichen. Das nennt man Gewaltenteilung. Auch behilft sich die Demokratie der Ggenwart mit der zeitlichen Begrenzung der Macht. Kann denn ein Regierungschef, der nicht auch Macht will, überhaubt Entscheidungen treffen, und zwar auch dann, wenn es wirklich schwierig wird und hart wird? Wer nicht gelernt hat, seine eigenen Interessen durchzusetzen, wird dies für seine Wähler oder einen ganzen Staat auch nicht können, denke ich.
Da ist die obige Anforderung an einen Politiker aber denn doch ein wenig zu "philosophisch".
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
Anastasia schrieb am 28.09.2012 um 20:59 Uhr (Zitieren)
Stößt Steinbrück Merkel vom Thron? habe ich heute gelesen. Nicht in der Bildzeitung, wohlgemerkt!
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
Γραικίσκος schrieb am 28.09.2012 um 21:30 Uhr (Zitieren)
Da muß man dann wohl abwarten. Ich wage da keine Prognose. Du?
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
Anastasia schrieb am 28.09.2012 um 21:47 Uhr (Zitieren)
Ich werde mich hüten, Prognosen zu stellen.

Eigentlich zielte ich auf die Wortwahl, weil doch über monarchische Elemente diskutiert wurde.

"Vom Thron stoßen" finde ich außerdem recht gewalttätig. Man könnte meinen, man sei im Alten Rom und es gehe nur um Macht und nicht um Politik. Es sei denn Macht und Politik ist ein- und dasselbe.
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
Γραικίσκος schrieb am 28.09.2012 um 21:48 Uhr (Zitieren)
Politik ist schon in erster Linie Machtkampf. Insofern ist die Wortwahl nicht zufällig.
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
Anastasia schrieb am 28.09.2012 um 21:57 Uhr (Zitieren)
Wenn sich Politik in Machtkämpfen erschöpft, ist sie auf dem Niveau von Olympischen Spielen, Stierkämpfen, Gladiatorenkämpfen usw. Es geht dann also nur um persönlichen Gewinn und Unterhaltung bei den Zuschauern. Ich diesem Fall zöge ich es vor, apolitisch zu sein.
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
διψαλέος schrieb am 28.09.2012 um 22:13 Uhr (Zitieren)
apolitisch geht nicht,
in Athen war jeder verpflichtet, sich politisch zu betätigen
(natürlich nur die männlichen attischen Vollbürger, die 30.000).

Politische Betätigung muß dem Allgemeinwohl dienen:
Geht es der Polis gut, geht es auch mir gut.

In unserem kapitalistischem System ist es umgekehrt:
Es wird gepredigt:
wenn es dem Kapitalisten gut geht,
geht es der Polis gut,
was man wunderbar am Zustand der öffentlichen Haushalte sehen kann.
(ironie-modus off)
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
Anastasia schrieb am 28.09.2012 um 22:21 Uhr (Zitieren)
Wenn es dem Kapitalisten gut geht,
geht es dem Staat/Volk gut.

Du hast es falsch verstanden, Bibule:
(Ironiemodus on)
Dem Kapitalisten geht es nicht gut genug!
Re: Ideen des Aristoteles zur Politik
arbiter schrieb am 29.09.2012 um 18:13 Uhr (Zitieren)
aus gegebenem Anlass:
Jedermann beklagt sich über einen Mangel an Geld,
niemand beklagt sich über einen Mangel an Verstand
 
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