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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Christentum und Menschenrechte (366 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 02.10.2012 um 18:44 Uhr (Zitieren)
Repräsentanten des Christentums nehmen für sich gerne in Anspruch, daß die Menschenrechte auf christlichen Werten beruhten, und nach meinem Eindruck glaubt man ihnen das auch gerne.
Ich kann dem aber nicht zustimmen. Das heutige Verständnis von Menschenrechten geht auf die Aufklärung, speziell auf Jean-Jacques Rousseau zurück; die Aufklärung hat sich bei ihren Überlegungen nicht explizit auf christliche Werte berufen, tendenziell sich eher als bessere Alternative zum Christentum verstanden. Die christlichen Kirchen standen – und stehen zum Teil noch heute – der Aufklärung ablehnend gegenüber.
Schaut man sich die Quellen des Christentums an, dann ergibt sich folgendes Bild:
Im Dekalog regeln die ersten drei Gebote die Beziehung des Menschen zu Gott und kommen damit für Menschenrechte allenfalls auf dem üblichen krummen Theologenwege in Frage, der alles, was gut ist, für sich reklamiert und dabei keine Gewaltanwendung gegenüber dem Text scheut (Sabbatheiligung = Recht auf Erholung von der Arbeit); mit den übrigen Geboten verhält es sich so, daß sie Pflichten von Menschen untereinander beinhalten – Pflichten, von denen allenfalls das „Du sollst nicht morden!“ als Recht auf Leben (übrigens in Verbindung mit Todesstrafen!) und „Du sollst nicht stehlen!“ als Recht auf Eigentum zwanglos interpretiert werden können. Die Pflicht, die Eltern zu ehren, sowie das Verbot des Ehebruchs und der Lüge haben mit neuzeitlichen Vorstellungen von Menschenrechten nichts zu tun.
Im Neuen Testament sind die Liebe zu Gott und die Nächstenliebe die grundlegenden Gebote. Ersteres hat wiederum nichts mit Menschenrechten zu tun, und das Gebot der Nächstenliebe scheint betont die Nächstenliebe zu meinen – und zwar in einem etwas anderen Sinne, als es in der Thora der Fall ist, d.h. der Nächste gleich welcher Volkszugehörigkeit; von daher bis zu Rechten jedes Menschen als Mensch ist ein weiter Weg. Mein Nächster ist der Mensch, der mir begegnet, mit dem ich es konkret zu tun habe. Das kann allenfalls im heutigen Medienzeitalter der Tibeter sein, dessen Rechte von der VR China mißachtet werden; aber so war es nicht nur nicht gemeint, so funktioniert auch die menschliche Emotionalität nicht, die sich in konkreten Beziehungen entfaltet und keine inflationäre Ausweitung verträgt.
Es bleibt die etwas vage Vorstellung, daß der Mensch als ebenbildliches Geschöpf Gottes in jüdisch-christlicher Vorstellung einen besonderen Wert erhält, der ihn von anderen Lebewesen unterscheidet und der auch unabhängig von seiner sozialen Stellung ist. An diesem Punkt mag ich der eingangs genannten Behauptung fast zustimmen. Allerdings scheint mir diese Interpretation nur dann aus dem Schöpfungsbericht hervorzugehen, wenn man ihn mit den Augen des antiken, also heidnischen Humanismus liest. D.h. wer Sophokles, Terenz, Seneca usw. gelesen hat, wird geneigt sein, den Schöpfungsbericht so aufzufassen; erst recht derjenige, der heute den Wert der Menschenrechte empfindet und darüber seine Konfession wieder ins Gespräch bringen will.
Re: Christentum und Menschenrechte
Γραικίσκος schrieb am 02.10.2012 um 18:49 Uhr (Zitieren)
Was das außerdem für einen Unterschied macht: Kann man die Menschenrechte auf die jüdisch-christliche Überlieferung zurückführen, dann haben wir mit dem Islam einen gemeinsamen Bezugspunkt für Menschenrechte; gehen diese auf die Aufklärung zurück, dann nicht.
 
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