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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Computer-Rätsel (932 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 27.07.2009 um 18:29 Uhr (Zitieren)
Ein schönes Rätsel - leider anscheinend ohne Bezug zur griechischen Kultur, falls es im Abendland sowas gibt - ist das folgende:
Eines der drei folgenden Gedichte hat ein Mensch geschrieben (ein ziemlich bekannter Lyriker), die anderen beiden wurden von einem Computer-Programm ("Sara" - Satz Random Generator) erstellt:

Zuchtlos

Zuchtlos als faun drehn wir im gleichen klingen
Die hoffnung tilgt nicht sehnsucht noch die braut..
Für dich Vertrauter hör ich nur dein singen:
Klag mit mir öd bis drin das wort uns schaut.


Nächtlich

Nächtlich am tor gehn wir im gleichen tritte
Den einlass bringt nicht sehnsucht noch gewalt..
Für dich Geliebter hab ich nur die bitte:
Bleib mit mir wach bis drin der ruf erschallt.


Bange

Bange im spiel fliehn wir im zarten pochen
Die freude ruft nicht donner noch gewalt..
Für dich Gebieter seh ich nur die wochen:
Klag mit mir zart bis fern das herz erschallt.


Jetzt fragt sich natürlich, welches der Gedichte von einem Menschen stammt?
Den Autor darf man dann noch obendrein eruieren.
Re: Computer-Rätsel
andreas schrieb am 27.07.2009 um 18:38 Uhr (Zitieren)
Vermutlich Stefan George "Das neue Reich"

Nr. 2 ist "menschlich"
Re: Computer-Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 27.07.2009 um 18:42 Uhr (Zitieren)
Ja, Stefan George.
Woran hast Du es erkannt? Ich meine, daß es einige Details gibt, die bei "Zuchtlos" und "Bange" gegen einen menschlichen Ursprung sprechen.
Re: Computer-Rätsel
andreas schrieb am 27.07.2009 um 19:07 Uhr (Zitieren)

Mir schien bei 1. letzte Zeile: Worte können nicht schauen und bei 3. : Herzen können nicht schallen -
zu abwegig.

1. und 3 waren in der Wortwahl ähnlich. (Klag mir...)

aber eigentlich eher intuitiv, nunja (hörte sich alles etwas nach George an)
Re: Computer-Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 27.07.2009 um 19:15 Uhr (Zitieren)
Mir schien bei 1. letzte Zeile: Worte können nicht schauen und bei 3. : Herzen können nicht schallen -
zu abwegig.

Genau das denke auch ich. Hier schreibt jemand, der keine Ahnung von Semantik hat. Und das ist ja das Problem bei Computersprache: korrekt in Grammatik und Wortwahl - alles, was man in Regeln fassen kann, aber die Semantik ...

Vgl. John Searle:
John R. Searle

KÖNNEN COMPUTER DENKEN?
(1984)


[Können Computer Sprache verstehen?]

[...] Man stelle sich vor, ein paar Computerprogrammierer hätten ein Programm geschrieben, das einen Computer in die Lage versetzt, das Verständnis des Chinesischen zu simulieren. Wenn dem Computer also beispielsweise eine Frage auf Chinesisch vorgelegt wird, wird er die Frage mit seinem Gedächtnis (seiner Datenbasis) konfrontieren und passende Antworten produzieren. Nehmen wir der Argumentation halber einmal an, daß die Antworten des Computers genau so gut sind wie die eines chinesischen Muttersprachlers. Versteht der Computer dann allein deshalb schon Chinesisch? Versteht er wirklich Chinesisch - in dem wörtlichen Sinne, in dem Chinesen Chinesisch verstehen?
Nun, stellen Sie sich vor, Sie wären in ein Zimmer eingesperrt, in dem mehrere Körbe mit chinesischen Symbolen stehen. Und stellen Sie sich vor, daß Sie (wie ich) kein Wort Chinesisch verstehen, daß Ihnen allerdings ein auf Deutsch abgefaßtes Regelwerk für die Handhabung dieser chinesischen Symbole gegeben worden wäre. Die Regeln geben rein formal - nur mit Rückgriff auf die Syntax und nicht auf die Semantik der Symbole - an, was mit den Symbolen gemacht werden soll. Eine solche Regel mag lauten: „Nimm ein Kritzel-Kratzel-Zeichen aus Korb 1 und lege es neben ein Schnörkel-Schnarkel-Zeichen aus Korb 2.“ Nehmen wir nun an, daß irgendwelche anderen chinesischen Symbole in das Zimmer gereicht werden und daß Ihnen noch zusätzliche Regeln dafür gegeben werden, welche chinesischen Symbole jeweils aus dem Zimmer herauszureichen sind. Die hereingereichten Symbole werden von den Leuten draußen „Fragen“ genannt, und die Symbole, die Sie dann aus dem Zimmer herausreichen, „Antworten“ - aber dies geschieht ohne Ihr Wissen. Nehmen wir außerdem an, daß die Programme so trefflich und Ihre Ausführungen so brav sind, daß Ihre Antworten sich schon bald nicht mehr von denen eines chinesischen Muttersprachlers unterscheiden lassen. Da sind Sie also nun in Ihrem Zimmer eingesperrt und stellen Ihre chinesischen Symbole zusammen; Ihnen werden chinesische Symbole hereingereicht, und daraufhin reichen Sie chinesische Symbole heraus. In so einer Lage, wie ich sie gerade beschrieben habe, könnten Sie einfach dadurch, was Sie mit den formalen Symbolen anstellen, kein bißchen Chinesisch lernen.
Der Witz der Geschichte ist nun folgender: weil Sie ein formales Computerprogramm ausführen, verhalten Sie sich aus der Sicht eines Außenstehenden genauso, als verstünden Sie Chinesisch - und dennoch verstehen Sie nicht ein Wort Chinesisch. Wenn aber die Ausführungen eines passenden Computerprogramms in Ihrem Fall nicht ausreicht, um Chinesisch zu verstehen, dann reicht das auch bei keinem anderen digitalen Computer aus. Auch hierfür läßt sich der Grund ganz einfach angeben. Wenn Sie kein Chinesisch verstehen, dann könnte auch kein anderer Computer Chinesisch verstehen; denn kraft seiner Ausführung eines Programms hat kein digitaler Computer etwas, das Sie nicht haben. Der Computer hat - genau wie Sie - nichts außer einem formalen Programm für die Handhabung uninterpretierter chinesischer Symbole. [...] Ein Computer hat eine Syntax, aber keine Semantik. [...]


[Quelle: John R. Searle: Geist, Hirn und Wissenschaft. Frankfurt/Main 1986, S. 30-32]
Re: Computer-Rätsel
andreas schrieb am 27.07.2009 um 19:38 Uhr (Zitieren)

Man könnte es auch anders sagen:
Auf die (von Cicero aufgestellten) Fragen, die einen Sachverhalt vollständig erklären, nämlich
wer ,was ,wie ,wo ,wann ,wozu ?
könnte ein Computer weder das Wer, noch das wozu beantworten, weil er kein Bewußtsein für Identität und Sinn hat.
Vielleicht sind Schachcomputer auch nur deshalb besser, weil sie keine Angst haben zu verlieren - es ist ihnen egal. (vergeben wir ihnen, sie wissen eigentlich nicht, was sie tun).

Aber wenn sie es irgendwann doch haben, das Bewusstsein, dann Gnade uns Gott.
Re: Computer-Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 27.07.2009 um 20:35 Uhr (Zitieren)
Auf die (von Cicero aufgestellten) Fragen, die einen Sachverhalt vollständig erklären, nämlich
wer, was, wie, wo, wann, wozu? ...

Das hat er aber von den Kategorien des Aristoteles, oder?

Falls Searle recht hat, könnte ein Computer alle Fragen beantworten (wenn man ihm nur Regeln dazu an die "Hand" gibt), aber er hätte keine Ahnung, wovon er da redet. Es ist in etwa so, wie wenn ich im Schlaf spreche - ohne Bewußtsein, wie Du sagst.
Re: Computer-Rätsel
andreas schrieb am 27.07.2009 um 21:07 Uhr (Zitieren)

Natürlich ist Aristoteles Ciceros Vorlage.

Es gibt da die schöne Geschichte vom Lem "Die Waschmaschinentragödie"

Wir Menschen ersetzen uns selbst, wenn die Roboter Bewußtsein hätten ...
Re: Computer-Rätsel
Ὑληβάτης schrieb am 28.07.2009 um 11:24 Uhr (Zitieren)
Ich war mir nicht sicher, welches Gedicht menschlich ist. Es ist offensichtlich, dass das eine die Vorlage gebildet hat, denn die Verteilung der Satzglieder ist ja immer die gleiche.
Die semantische Kohärenz ist beim zweiten noch am besten nachzuvollziehen, aber für große Teile der modernen Lyrik mit ihren Chiffren gilt das nicht unbedingt.
Ich wollte mal eine Hausarbeit über dieses Gedicht schreiben:
Du darfst mich getrost
mit Schnee bewirten:
sooft ich Schulter an Schulter
mit dem Maulbeerbaum schritt durch den Sommer,
schrie sein jüngstes
Blatt.

Seine Semantik ist mir ein Rätsel.
Re: Computer-Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 28.07.2009 um 13:45 Uhr (Zitieren)
Ja, da ist die Semantik rätselhaft.
So weit haben es die Lyriker gebracht, daß ihre Texte von computergenerierten nicht mehr zu unterscheiden sind.

Ich erinnere mich an die Warnung von Philip K. Dick, die Gefahr liege nicht in erster Linie darin, daß die Maschinen immer menschlicher werden, sondern darin, daß die Menschen immer maschinenhafter werden. ("Androiden und Menschen", Rede auf dem SF-Con in Vancouver, 1972)
Re: Computer-Rätsel
andreas schrieb am 28.07.2009 um 17:21 Uhr (Zitieren)

Auch Menschen haben mit der Semantik manchmal Probleme - sogar Akademiker!

Das Wort "wirkmächtig" wird seit Jahren in vielen geisteswissenschaftlichen Diskussionen verwendet.
Ich frage mich , wo der Sinn dieser Konstruktion liegen soll.

Was nicht wirksam ist, kann auch nicht mächtig sein. Denn Macht zielt immer auf Wirkung ab - egal in welchem Zusammenhang (ohnmächtig >>> wirkungslos).

Aber vielleicht ist ja ein Germanist in der Nähe, der meine Bedenken zerstreuen kann.
 
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