Γραικίσκος schrieb am 27.07.2009 um 18:29 Uhr (Zitieren)
Ein schönes Rätsel - leider anscheinend ohne Bezug zur griechischen Kultur, falls es im Abendland sowas gibt - ist das folgende:
Eines der drei folgenden Gedichte hat ein Mensch geschrieben (ein ziemlich bekannter Lyriker), die anderen beiden wurden von einem Computer-Programm ("Sara" - Satz Random Generator) erstellt:
Jetzt fragt sich natürlich, welches der Gedichte von einem Menschen stammt?
Den Autor darf man dann noch obendrein eruieren.
Re: Computer-Rätsel
andreas schrieb am 27.07.2009 um 18:38 Uhr (Zitieren)
Vermutlich Stefan George "Das neue Reich"
Nr. 2 ist "menschlich"
Re: Computer-Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 27.07.2009 um 18:42 Uhr (Zitieren)
Ja, Stefan George.
Woran hast Du es erkannt? Ich meine, daß es einige Details gibt, die bei "Zuchtlos" und "Bange" gegen einen menschlichen Ursprung sprechen.
Re: Computer-Rätsel
andreas schrieb am 27.07.2009 um 19:07 Uhr (Zitieren)
Mir schien bei 1. letzte Zeile: Worte können nicht schauen und bei 3. : Herzen können nicht schallen -
zu abwegig.
1. und 3 waren in der Wortwahl ähnlich. (Klag mir...)
aber eigentlich eher intuitiv, nunja (hörte sich alles etwas nach George an)
Re: Computer-Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 27.07.2009 um 19:15 Uhr (Zitieren)
Genau das denke auch ich. Hier schreibt jemand, der keine Ahnung von Semantik hat. Und das ist ja das Problem bei Computersprache: korrekt in Grammatik und Wortwahl - alles, was man in Regeln fassen kann, aber die Semantik ...
Vgl. John Searle:
[Quelle: John R. Searle: Geist, Hirn und Wissenschaft. Frankfurt/Main 1986, S. 30-32]
Re: Computer-Rätsel
andreas schrieb am 27.07.2009 um 19:38 Uhr (Zitieren)
Man könnte es auch anders sagen:
Auf die (von Cicero aufgestellten) Fragen, die einen Sachverhalt vollständig erklären, nämlich
wer ,was ,wie ,wo ,wann ,wozu ?
könnte ein Computer weder das Wer, noch das wozu beantworten, weil er kein Bewußtsein für Identität und Sinn hat.
Vielleicht sind Schachcomputer auch nur deshalb besser, weil sie keine Angst haben zu verlieren - es ist ihnen egal. (vergeben wir ihnen, sie wissen eigentlich nicht, was sie tun).
Aber wenn sie es irgendwann doch haben, das Bewusstsein, dann Gnade uns Gott.
Re: Computer-Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 27.07.2009 um 20:35 Uhr (Zitieren)
Das hat er aber von den Kategorien des Aristoteles, oder?
Falls Searle recht hat, könnte ein Computer alle Fragen beantworten (wenn man ihm nur Regeln dazu an die "Hand" gibt), aber er hätte keine Ahnung, wovon er da redet. Es ist in etwa so, wie wenn ich im Schlaf spreche - ohne Bewußtsein, wie Du sagst.
Re: Computer-Rätsel
andreas schrieb am 27.07.2009 um 21:07 Uhr (Zitieren)
Natürlich ist Aristoteles Ciceros Vorlage.
Es gibt da die schöne Geschichte vom Lem "Die Waschmaschinentragödie"
Wir Menschen ersetzen uns selbst, wenn die Roboter Bewußtsein hätten ...
Re: Computer-Rätsel
Ὑληβάτης schrieb am 28.07.2009 um 11:24 Uhr (Zitieren)
Ich war mir nicht sicher, welches Gedicht menschlich ist. Es ist offensichtlich, dass das eine die Vorlage gebildet hat, denn die Verteilung der Satzglieder ist ja immer die gleiche.
Die semantische Kohärenz ist beim zweiten noch am besten nachzuvollziehen, aber für große Teile der modernen Lyrik mit ihren Chiffren gilt das nicht unbedingt.
Ich wollte mal eine Hausarbeit über dieses Gedicht schreiben:
Seine Semantik ist mir ein Rätsel.
Re: Computer-Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 28.07.2009 um 13:45 Uhr (Zitieren)
Ja, da ist die Semantik rätselhaft.
So weit haben es die Lyriker gebracht, daß ihre Texte von computergenerierten nicht mehr zu unterscheiden sind.
Ich erinnere mich an die Warnung von Philip K. Dick, die Gefahr liege nicht in erster Linie darin, daß die Maschinen immer menschlicher werden, sondern darin, daß die Menschen immer maschinenhafter werden. ("Androiden und Menschen", Rede auf dem SF-Con in Vancouver, 1972)
Re: Computer-Rätsel
andreas schrieb am 28.07.2009 um 17:21 Uhr (Zitieren)
Auch Menschen haben mit der Semantik manchmal Probleme - sogar Akademiker!
Das Wort "wirkmächtig" wird seit Jahren in vielen geisteswissenschaftlichen Diskussionen verwendet.
Ich frage mich , wo der Sinn dieser Konstruktion liegen soll.
Was nicht wirksam ist, kann auch nicht mächtig sein. Denn Macht zielt immer auf Wirkung ab - egal in welchem Zusammenhang (ohnmächtig >>> wirkungslos).
Aber vielleicht ist ja ein Germanist in der Nähe, der meine Bedenken zerstreuen kann.