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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Nasreddin Hoca (714 Aufrufe)
Anastasia schrieb am 04.11.2012 um 00:20 Uhr (Zitieren)
N. H. hört sich die Geschichte/Klage von jemandem an und sagt danach: "Da hast du Recht!"
Dann hört er sich die Geschichte des Andern an und sagt danach ebenfalls: "Da hast du Recht!"
Mit Recht erhält er den Vorwurf, dass nicht beide Recht haben können.
Seine Antwort: "Da habt ihr Recht!"

So oder so ähnlich. - Hat Griechenland ähnliche Figuren?

Re: Nasreddin Hoca
διψαλέος schrieb am 04.11.2012 um 07:43 Uhr (Zitieren)
ja und nein,
Nasreddin Hoca gilt als der "Till Eugenspiegel" der islamischen, bzw. osmanischen Welt.
Aus unserer (abendländischen) Sicht gesehen.
Re: Nasreddin Hoca
Γραικίσκος schrieb am 04.11.2012 um 12:10 Uhr (Zitieren)
Wenn man Parallelen zu Nasreddin Hodscha sucht, denke ich zuerst an Zen-Meister, im Bereich der Antike an die Skeptiker (Pyrrhon u.a.). Das Motiv dürfte in allen Fällen sein, sich von dem meist fruchtlosen Streit um Ansichten fernzuhalten.
Man könnte dies kommentieren à la Nietzsche, daß nämlich aus dieser negativen Einstellung zum Streit eine Müdigkeit und Kraftlosigkeit spreche; oder man könnte sagen, daß auch dieser sich des Streitens enthaltende Standpunkt ein Standpunkt ist, der besser sein soll als andere Standpunkte und dadurch zum Streiten herausfordert.
Re: Nasreddin Hoca
Anastasia schrieb am 04.11.2012 um 16:12 Uhr (Zitieren)
Graeculus?

An die Zen-Meister hätte ich zuletzt gedacht, aber auch die Skeptiker wären mir im Zusammenhang mit Nasreddin Hoca nicht in den Sinn gekommen. (Meine Kommentare sind zugegebenermaßen laienhaft.)

Die Zenmeister mit ihren Koans und oft drakonischen Methoden - ich denke an Schläge - kommen mir sehr ernst vor, keine Spur von Augenzwinkern. Auch den Skeptikern scheint mir das Humoristische abzugehen, oder gibt es da andere Beispiele?

Ich sehe es wie Nietzsche, nämlich dass aus Streit, der von vornherein als fruchtlos angesehen wird, nichts Fruchtiges hervorgehen kann.

Re: Nasreddin Hoca
Γραικίσκος schrieb am 04.11.2012 um 16:21 Uhr (Zitieren)
Ein Beispiel für den Humor von Zen-Meistern:
Doko (Taokwang), ein buddhistischer Philosoph und Schüler der Vijnaptimatra, kam zu einem Zen-Meister und fragte: „Mit welcher geistigen Haltung sollte einer sich in der Wahrheit üben?“
Der Zen-Meister antwortete:
„Es gibt keinen Geist, der in Haltung zu bringen wäre, noch irgendeine Wahrheit, in der man sich üben könnte.“
„Wenn es keinen Geist gibt, der zu erziehen, noch eine Wahrheit, die zu üben wäre, warum hast du dann täglich eine Versammlung von Mönchen um dich, die Zen studieren und sich in der Wahrheit üben?“
Der Meister antwortete:
„Ich habe nicht einen Zoll Raum zu vergeben, wo sollte ich eine Versammlung von Mönchen unterbringen? Ich habe keine Zunge, wie wäre es mir möglich, andere zu veranlassen, zu mir zu kommen?“
Der Philosoph rief aus: „Wie kannst du mir eine solche Lüge ins Gesicht sagen?“
„Wenn ich keine Zunge habe, um andere zu unterweisen, wie wäre es mir möglich, eine Lüge auszusprechen?“
Worauf Doko verzweifelt ausrief: „Ich kann Eurer Rede nicht folgen.“
„Ich verstehe mich selbst ebensowenig“, schloß der Zen-Meister.

Für Nietzsche ist Streit - wie bei Heraklit - das Element des Lebens; wer Streit scheut, ist "des Lebens müde". Insofern ist Streit nicht fruchtlos, sondern ausgesprochen "fruchtig".
Re: Nasreddin Hoca
Γραικίσκος schrieb am 04.11.2012 um 16:23 Uhr (Zitieren)
Ein Beispiel für die Skepsis bei Zen-Meistern:
„Was ist es?“ fragt Yün-chü.
So gefragt, ist man wie betäubt:
Auch wenn du augenblicklich nickst und sagst: „Das ist es“, bewahrt nichts dich davor, lebendig begraben zu werden.
Re: Nasreddin Hoca
Γραικίσκος schrieb am 04.11.2012 um 16:24 Uhr (Zitieren)
Ob auch dies humorvoll ist?
Ein Mönch fragte: „Wer ist Buddha?“ Reikan von Usekisan streckte die Zunge heraus und zeigte sie ihm. Der Mönch verbeugte sich. Der Meister sprach: „Laß das. Was hast du gesehen, vor dem du dich verbeugst?“ Der Mönch antwortete: „Ich verdanke es Eurer Güte, daß Ihr mich den Buddha mit Hilfe Eurer Zungenspitze sehen ließet.“ Der Meister sagte: „Seit kurzem habe ich eine Wunde auf der Zungenspitze.“
Re: Nasreddin Hoca
Anastasia schrieb am 04.11.2012 um 16:52 Uhr (Zitieren)
Die Zenanekdoten zaubern mir kein Schmunzeln aufs Gesicht, dir scheint es da anders zu gehen. Keine Idee, woran es liegt. Der asiatische Humor, falls beabsichtigt, scheint sich vom europäischen zu unterscheiden.

Mir kommen diese Zenbeispiele sehr intellektuell vor und ich neige eher dazu, bei solchen "Duellen", die natürlich nicht als solche beabsichtigt sind, da Meister-Schüler-Verhältnis, frustriert zu sein.

Ob ein Streit "fruchtig" (Anm.: meine gelegentliche Sponti-Neigung) ist oder nicht, hängt, wenn dies die Aussage Nietzsches ist, von der Einstellung und Erwartung an den Ausgang eines Streits ab.

Re: Nasreddin Hoca
Γραικίσκος schrieb am 04.11.2012 um 16:58 Uhr (Zitieren)
Aus der Perspektive des Schülers sind diese Zen-Belehrungen wohl nicht lustig, da er ja an der Nase herumgeführt wird. Daß es keine Antwort gibt, ist die Antwort. Das Katz-und-Maus-Spiel ist für die Maus nicht komisch.
Aber ist das bei Nasreddin Hodscha anders?

Zu Nietzsche: Wenn Dir jemand zustimmt, ist alles in Ordnung, Du brauchst nichts weiter zu tun; wenn Dir jemand widerspricht, mußt Du Dich anstrengen - Du entwickelst Deine (argumentativen) Fähigkeiten. Das ist der positive Sinn von Streit, weswegen Heraklit sagt, Krieg (Streit) sei der Vater aller Dinge.
Bestätigt dies nicht die Evolutionstheorie mit ihrem "struggle for life"?
Re: Nasreddin Hoca
Anastasia schrieb am 04.11.2012 um 17:10 Uhr (Zitieren)
Beim Zen geht es um Belehrungen, wie du sagst, und deswegen sind sie wohl nicht so lustig.

Im Ausgangsbeispiel von Nasreddin Hoca (türkische Schreibweise) neigt man unwillkürlich zum Schmunzeln, da man die Einsicht hat, dass oft jeder aus seiner Warte irgendwie Recht hat. Gleichzeitig beginnt man nachzudenken.

Wenn ich bei einem Streitgespräch nur Zustimmung will, ist es nutzlos. Es geht ja eigentlich um Erkenntnis, um Entwicklung und eben nicht um Recht bekommen oder um Macht.

Beim der Evolutionstheorie ist das strittig. Die offene Frage ist doch noch immer: Überleben oder Entwicklung?
Re: Nasreddin Hoca
Anastasia schrieb am 04.11.2012 um 17:11 Uhr (Zitieren)
Fehlerteufel: Bei der Evolutionstheorie ...
Re: Nasreddin Hoca
Γραικίσκος schrieb am 04.11.2012 um 17:15 Uhr (Zitieren)
Ich denke, daß sowohl Nietzsche als auch die Evolutionstheorie auf die gleiche Ansicht hinauslaufen: Entwicklung durch Kampf um Macht. Das mag nun für den menschlichen Bereich stimmen oder nicht.
Wenn jemand ein besseres Argument hat, wäre ich dumm, es für spätere Diskussionen nicht zu übernehmen.
Re: Nasreddin Hoca
Anastasia schrieb am 04.11.2012 um 17:35 Uhr (Zitieren)
Entwicklung durch Kampf und Macht mag stimmen.

Entscheidend scheint mir zu sein, worum gekämpft wird und ob Macht Selbstzweck oder Mittel zum Zweck ist.

Hat Nietzsche nicht den umstrittenen Begriff des Übermenschen geprägt? Hat er mit dem Übermenschen nicht den besseren Menschen gemeint?
Re: Nasreddin Hoca
Γραικίσκος schrieb am 04.11.2012 um 17:41 Uhr (Zitieren)
Man kann natürlich für ein hohes Ziel kämpfen: die Verbesserung der Welt oder des eigenen Landes. Aber siegen, so fürchte !*) ich, wird in diesem Kampf nicht der mit dem besseren Ziel, sondern der mit den besseren Waffen (worin auch immer diese Waffen bestehen mögen).

Nietzsches Übermensch ist ein stärkerer Mensch, einer, der dem Leben besser gewachsen ist.

---

*) Ich schreibe das nicht, weil ich begeistert davon wäre.
Re: Nasreddin Hoca
Anastasia schrieb am 04.11.2012 um 17:54 Uhr (Zitieren)
Wir scheinen an einem entscheidenden Punkt angelangt zu sein, nämlich wer die besseren Gewinnchancen hat. Ob das eine Sache des Glaubens, des Glücks oder des Zufalls ist? Ich fürchte, wir können das nicht wissen (Kant?)

Ist Nietzsches Übermensch nur stärker oder auch besser? Das wäre noch eine ziemlich interessante Frage.
Re: Nasreddin Hoca
Γραικίσκος schrieb am 04.11.2012 um 18:09 Uhr (Zitieren)
Gibt es zwischen "stärker" und "besser" bei Nietzsche einen Unterschied? Ich bin mir nicht sicher. Manche Stellen bei ihm sprechen dafür. Aber es handelt sich dann nicht um eine moralische Überlegenheit.

Wer hat die besseren Gewinnchancen? Was sagt die Erfahrung darüber? Nicht einmal Kant hatte da sehr viele Illusionen. Für ihn ist es dennoch eine Aufgabe, die Klugheit der Schlangen mit der Aufrichtigkeit ("ohne Falsch") der Tauben zu verbinden.
Re: Nasreddin Hoca
Anastasia schrieb am 04.11.2012 um 18:21 Uhr (Zitieren)
Stärker = besser ohne moralische Überlegenheit? Gibst du mir bitte einen Tipp, wo sich diese Stellen finden, oder muss man sich Nietzsche zur Lebensaufgabe machen? In meinem Fall wär's zu spät!

Mein vorsichtiger Hinweis auf Kant bezog sich auf seine Einteilung, was wir wissen können und was nicht. Vieles scheint einfach nicht beantwortbar zu sein und somit eher eine Haltungsfrage oder Glaubenssache.
Re: Nasreddin Hoca
Γραικίσκος schrieb am 04.11.2012 um 18:34 Uhr (Zitieren)
Mit der Angabe von Nietzsche-Stellen bin ich für heute überfordert. Ich muß jetzt dringend etwas anderes erledigen.
Es lohnt sich, in Nietzsche-Registern s.v. Goethe nachzuschauen; der galt ihm als großer Mensch, ohne eine Stärke à la Napoleon zu haben.
Re: Nasreddin Hoca
Anastasia schrieb am 04.11.2012 um 18:38 Uhr (Zitieren)
Goethe könnte ein Beispiel sein für einen Menschen, der Ruhm und Ehre erlangte, ohne als Machtmensch zu gelten.

Danke für die Anregungen!
 
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